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Das Gesamtwerk

Das Gesamtwerk

Titel: Das Gesamtwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Borchert
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von Schwestern
    schimmern. Und einzelne Worte fallen
    wie Regentropfen: … Gestern …
    und: … meine Frau …
    und seltsam hallen
    sie nach wie Gedichte
    und man denkt eine ganze Geschichte
    aus ihnen zusammen.

    Ein einsamer Schritt verweht noch im Norden,
    die Straßen sind still,
    und der Lärm ist müde geworden,
    weil die Stadt nun schlafen will.

Nachts
    Meine Seele ist wie eine Straßenlaterne.
    Wenn es Nacht wird und die Sterne
    aufgehn, beginnt sie zu sein.
    Mit zitterndem Schein
    tastet sie durchs Dunkel,
    verliebt wie die Katzen
    auf nächtlichen Dächern, mit grünem Gefunkel
    in den Augen. Menschen und Spatzen
    schlafen.
    Nur die Schiffe schwanken im Hafen.

    Hebt der Mond sich über den Rand
    von einem Kirchendache,
    ist in meinen Augen
    knisternd ein Streichholz aufgeflammt,
    und ich lache.

    Regen rinnt –
    bei mir sind
    nur mein Schatten und der Wind.
    Und meine Hände haben noch den Duft
    von irgendeinem schönen Kind.

Die Nacht
    Und wieder geht die dunkelblaue Frau,
    die blasse Schwester der Betrunkenen und Dichter,
    durch die verstummten, nebeligen Straßen.

    Es schwankt im Schlendrian das Nachtgelichter:
    Die Mädchen, die für Stunden heilig sind,
    glühn sündhaft aus dem Häuserschatten,

    bis sie der kühle Morgenwind verscheucht.
    Laternen fühlen sich von den Bezechten
    verzweifelt und berauscht umarmt –

    der Dichter aber flüstert seinen großen Monolog:
    Nimm, dunkelblaue Frau, die ohne Ruhe sind,
    in deinen gnadenreichen Schoß!

Liebeslied
    Weil nun die Nacht kommt,
    bleib ich bei dir.
    Was ich dir sein kann,
    gebe ich dir!

    Frage mich niemals:
    woher und wohin –
    nimm meine Liebe,
    nimm mich ganz hin!

    Sei eine Nacht lang
    zärtlich zu mir.
    Denn eine Nacht nur
    bleib ich bei dir.

Liebesgedicht
    Du warst die Blume Makellos
    und ich war wild und wach.
    Als deine Iris überfloß,
    da gabst du gebend nach.

    Ich war die Blume Schmerzenlos
    in deinem lichten Duft.
    Wir schenkten uns aus Grenzenlos,
    aus Erde, Leid und Gruft.

    Da wuchs die Blume Morgenrot
    an unserer Nächte Saum.
    Wir litten eine süße Not
    um einen süßen Traum.

Abschied
    Laß mir deinen Rosenmund
    noch für einen Kuß.
    Draußen weiß ein ferner Hund,
    daß ich weiter muß.

    Laß mir deinen hellen Schoß
    noch für ein Gebet.
    Mach mich aller Schmerzen los!
    – horch, der Seewind weht.

    Laß mir noch dein weiches Haar
    schnell für diesen Traum:
    Daß dein Lieben Liebe war –
    laß mir diesen Traum!

Südfrüchte
    Die Kokosnuß, einst affenkühn umklettert,
    die maskenstarre, borstenzöpfige,
    sehnt sich nach ihren meerumblauten Inseln,
    von hellem Vogelschrei umschmettert.

    Dem Sphinxenkopf der Ananas,
    von Dunkelhäutigen gepflückt,
    wächst ein Gebüsch wie grünes Gras –
    von fremden Rhythmen jäh entzückt.

    Die bernsteinfarbenen Bananen,
    die säbelbeinigen, sie träumen
    nun im Verein mit Feigen, deren Ahnen
    des Orients geheimnisreiche Wüsten säumen.

    Die kleinen Monde praller Apfelsinen,
    sie lauschen dem Geschwätze schlanker Datteln:
    Von Haremstänzerinnen mit Brokatpantinen
    auf weißen Dromedaren, die sie silbern satteln.

    In diese Heimwehträume der Exoten
    platzt plötzlich ganz gewöhnlich und frivol
    das plumpe Lachen über freche Zoten
    von einem simplen Wirsingkohl!

An Dich
    Ich gebe Dir mein dunkles Herz –
    Du gibst Dein helles mir zurück.
    Ich geb Dir Leid und geb Dir Schmerz –
    Du gibst mir Glück.

    Ich liebe Dich und tu Dir weh
    mit jedem Blick.
    Du aber gibst das Leid
    als Lust zurück.

    Ich gebe Dir nur Halbes hin
    von meinem flüchtigen Geschick.
    Du gibst wie eine Königin
    und schenkst Dich ganz zurück.

Abend
    Ein Pendel schwingt.
    Die Lampe blinkt.
    Im feuchten Meerwind singt
    verliebt ein Nachtinsekt.
    Von keinem Laut erschreckt
    singt auch mein Herz.

Das ist unser Manifest
    Essays, Rezensionen, Fragmente, Vermischtes

Helmuth Gmelins 50. Geburtstag
    Goethe hatte einmal den Auftrag, sich im Süden Deutschlands eine große Gesteinssammlung anzusehen: Die Gmelinsche Mineraliensammlung. Begreiflicherweise, geriet die Hausfrau darüber so in Aufregung, daß sie dem hohen Gast den ganzen Kaffee über die Hose goß. Von diesen Gmelins stammt Helmuth Gmelin vom Staatlichen Schauspielhaus in Hamburg, der Bruder des feinsinnigen, leider viel zu früh gestorbenen Dichters Otto Gmelin.
    Also eine weitverzweigte Gelehrtenfamilie von Wissenschaftlern, Forschern, Physikern, Chemikern und Ärzten bringt als letzten Sproß zwei Künstler hervor? Das ist weniger

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