Das Geschenk des Osiris
Herrscher des Schwarzen Landes tatsächlich so überheblich war, mit nur einer Division den Libyern entgegenzutreten.
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Sechs Tage nach dem Aufbruch der Re-Division standen sich in den Strahlen des anbrechenden Tages die beiden feindlichen Heere gegenüber.
Der Aufmarsch der libyschen Horden hatte sich etwas verzögert, da es Zwistigkeiten unter den Stammesfürsten gegeben hatte. Einige hatten sofort die Marschrichtung ändern und den verhassten Feind in der Wüste stellen wollen, andere hingegen hatten die Falle erkannt und lieber nach Siwa marschieren wollen, um die schutzlose Oase einzunehmen. Nachdem ein ganzer Tag mit sinnlosem Palaver verstrichen war, hatte man sich schließlich auf den Kampf mit dem Pharao geeinigt, da die libyschen Kundschafter einmütig berichteten, Ramses warte mit nur einer Division auf sie.
Im Morgengrauen nahmen die Libyer Aufstellung, um die ägyptische Division, denn von einer Armee konnte man unmöglich sprechen, zu vernichten. Wie entsetzt waren sie aber, als sie Ramses ’ Heeres ansichtig wurden. Weit und breit sahen sie sich den feindlichen Kriegern des Pharaos gegenüber. Insgesamt zählte es drei Divisionen mit zusammen fünfzehntausend Fußsoldaten, dreitausend Söldnern und eintausendfünfhundert Streitwagen, an deren Spitze der Herr der Beiden Länder mit der Blauen Krone auf dem Haupt stand und wie ein Gott in den Strahlen des anbrechenden Tages aussah. Die sich von der Flanke her nähernden Soldaten des Ptah-Regimentes waren von den überraschten Stammesfürsten noch gar nicht bemerkt worden. Es begann ein blutiger Kampf, der sich den gesamten Vormittag hinzog und mit einer totalen Niederlage der Libyer und ihrer Verbündeten endete.
Die Verluste auf Seiten der Kemiter hielten sich in Grenzen. Die völlig verstörten Libyer hatte beim Anblick der gewaltigen Streitmacht die blanke Angst ergriffen, und sie hatten ihren Offizieren nicht mehr gehorcht. Für Ramses’ Soldaten war es ein Leichtes gewesen, den verhassten Feind in die Flucht zu schlagen. Viele von ihnen waren getötet oder gefangen genommen worden. Man würde sie in die Beiden Länder bringen, wo sie ihre Zeit der Strafarbeit auf Ramses’ Baustellen, in seinen Steinbrüchen oder auf den Domänen der Götter ableisten mussten. Die besten Soldaten hingegen würden in des Pharaos Armee eingegliedert werden.
Ausgelassen, wenn auch müde, feierten die siegreichen Kemiter bis tief in die Nacht hinein. Einen Tag später bauten sie ihre Lagerplätze ab und kehrten mit ihrem König an der Spitze siegreich nach Per-Ramses zurück.
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Nach seiner Ankunft eilte Ramses als Erstes in den Palast, um seine Gemahlin Isis in die Arme zu schließen, die den Schmerz über den Verlust ihres Erstgeborenen einigermaßen gut überwunden hatte. Auch seine Mutter war wieder besser zu ertragen und freute sich, ihn zu sehen.
»Wie ich sehe, wirst du deinen Aufgaben als Herr der Beiden Länder gerecht«, lobte sie ihn, und Ramses nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Anschließend stattete er Tani einen Besuch ab, die in seiner Abwesenheit siebzehn Jahre alt geworden war, und traf sich am folgenden Tag mit den zwei höchsten Würdenträgern des Landes, dem Wesir und dem Vizekönig von Kusch. Er ließ sich von den beiden Männern über den Stand der Dinge unterrichten und stellte mit Genugtuung fest, dass alles während seiner Abwesenheit zu seiner vollen Zufriedenheit erledigt worden war.
Die Ernte war rechtzeitig eingebracht worden und so reichlich ausgefallen, dass niemand im kommenden Jahr Hunger leiden musste. Zudem konnte ein ziemlich großer Anteil dafür verwendet werden, um ihn gegen dringend benötigte Waren aus den Nachbarländern einzutauschen. Das diesjährige Hochwasser war rechtzeitig eingetroffen, sodass auch im nächsten Jahr die Ernte hervorragend ausfallen würde. Die Priester hatten nur gute Voraussagen getroffen, und das Volk liebte seinen jungen Pharao.
Nehi setzte Ramses über den Stand bei den Ermittlungen über die Herkunft des Giftes in Kenntnis und erwähnte lobend den Medjai Nachtanch. Ramses verfügte daraufhin, ihn zum Anführer einer kleinen Truppe von zehn Wachleuten zu ernennen.
»Gibt es irgendwelche Neuigkeiten über den Verbleib des Syrers Senbi und seiner Gefolgsleute?«, fragte Ramses, und Nehi verneinte resigniert.
»Es scheint, als hätte sie der Erdboden verschluckt. Ich fürchte, es ist ihnen gelungen, Kemi zu verlassen, ohne dabei erwischt zu
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