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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Tag später hatte er sich um Arbeit bemüht.
    »Worüber denkst du nach?«, riss Thotmose ihn aus seinen Überlegungen.
    Verlegen trat der Nubier von einem Bein auf das andere und wich dem Blick des Obersten Richters aus.
    »Nun, komm schon, Nachtanch, erzähle, was du weißt.«
    Was sollte Nachtanch bloß tun? Der Hauptmann der Medjai war sein Vorgesetzter und stand noch über dem Vorsteher des thebanischen Gefängnisses. Thotmose hingegen war Oberster Richter in Theben, auch ihm musste er gehorchen. Er durfte ihm seine Vermutung nicht einfach verschweigen.
    Er räusperte sich und beschloss zu reden, um Thotmose von diesem Vorfall zu erzählen.
    Die Stirn des Obersten Richters umwölkte sich bedrohlich, und Nachtanch entging nicht Thotmoses aufflammender Zorn.
    »Vergib mir, Herr«, schloss er, »aber er ist mein Vorgesetzter. Ich musste ihm gehorchen, auch wenn es mir nicht so recht gepasst hat aus Angst, wir könnten entdeckt werden, was anscheint auch geschehen ist.«
    »Du hast richtig gehandelt. Befehle sind dazu da, dass man sie befolgt«, erwiderte Thotmose, »obwohl du keine Probleme damit zu haben scheinst, auch mal einem erteilten zuwiderzuhandeln. Zugegeben, das war sehr klug und weitsichtig von dir.«
    Nachdenklich stützte er den Kopf in die Hände und dachte darüber nach, ob er den Verdächtigen festnehmen lassen sollte, um ihn zu verhören. Inzwischen war zwar bekannt, dass auch dieser Bote stumm war, wohingegen er aber des Lesens und Schreibens kundig war. Thotmose musste anerkennend zugeben, dass die Hintermänner dieses Gifthandels an alles gedacht hatten und ziemlich raffiniert waren.
    »Soll ich den Mann festnehmen lassen, Herr?«, wagte Nachtanch den Richter aus seiner Nachdenklichkeit zu reißen. »Er ist zwar stumm wie der andere Bote, aber bei diesem hier wissen wir genau, dass er lesen und schreiben kann.«
    »Nein, Nachtanch. Vom Prinzip her können wir ihm nichts anlasten, außer dass er sich an jenem Ort in den thebanischen Bergen aufgehalten hat, wo die Übergabe stattfinden sollte. Wir haben im Grunde genommen keinerlei Beweise, dass er mit dem Gifthandel zu tun hat. Trotzdem wirst du deine Männer anweisen, ihn auch weiterhin zu beobachten. Und sollte irgendjemand auf die Idee kommen, sich den Mann von dir oder einem deiner Männer zeigen lassen zu wollen, so holst du dir erst beim Wesir die Erlaubnis dafür ab. Hast du mich verstanden?«
    »Ja, Gebieter.«

EINUNDZWANZIG
     
     
     
     
     
     
     
    Ramses machte für zwei Tage in Memphis Halt, um den Soldaten noch etwas Ruhe vor dem anstrengenden Marsch durch die westliche Wüste zu gönnen.
    Er besichtigte die Truppen, um sich persönlich davon zu überzeugen, dass alles für den bevorstehenden Krieg gegen die libyschen Stämme und deren Verbündete bereit war. Zudem wollte er den Kriegern durch seine Anwesenheit zeigen, dass sie unter dem Schutz des Herrschers kämpfen würden. Er mischte sich unter die Soldaten, um mit ihnen zu sprechen, sie nach ihrem Befinden zu fragen und ihnen die Gewissheit zu geben, dass er alles tun würde, um die Götter für diesen Feldzug gnädig zu stimmen.
    Am Morgen des Aufbruchs betete er im Tempel der Sechmet und brachte der Mächtigen, wie diese Göttin auch genannt wurde, ein Opfer dar. Anschließend bestieg er seinen Streitwagen und fuhr, umringt von den Getreuen, an die Spitze des Heeres, um es gen Westen in die unendliche Weite der Wüste zu führen, wo der Feind ihnen bereits entgegenkam.
    Als sie die Oase Siwa erreichten, berichteten die Späher, dass die Libyer nur noch zwei Tagesmärsche weit entfernt waren.
    »Haben wir Informationen von den Divisionen des Amun und des Seth?«, fragte Ramses den Oberst der Spähtrupps.
    »Ja, Majestät. Gestern erreichte uns eine Nachricht, dass sie sich vier Tagesmärsche von hier entfernt befinden.«
    »Vier Tagesmärsche noch«, sinnierte Ramses, »und die Libyer sind nur noch zwei von hier entfernt.« Er strich sich mit der Hand übers Gesicht, so als wolle er die Müdigkeit vertreiben, die durch den kräfteraubenden Marsch durch die sengende Hitze nicht nur ihn, sondern auch die Truppen und vor allem die Fußsoldaten zu übermannen drohte. »Wir müssen Zeit gewinnen«, wandte er sich seinen Militärberatern zu.
    »Wie wäre es«, fragte der General der Division Re, »wenn wir die Truppen etwas weiter südwestlich in die Wüste verlegen, um uns mit den Regimentern des Amun und des Seth zu vereinigen? Wir würden dadurch etwas Zeit gewinnen, da wir in

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