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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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werfen.
    Ramses stieg von seinem Wagen und betrat, gefolgt von seinen Beamten, die von Öllampen erleuchtete Dunkelheit des Grabes.
    Was er im ersten absteigenden Gang erblickte, erfreute sein Auge.
    Die Reliefs waren kunstfertig aus dem Stein gemeißelt, und die heiligen Zeichen hatte man mit einem leuchtenden Blau auf weißem Untergrund überzogen.
    Zufriedenheit zeigte sich auf seinem Gesicht, als er stehen blieb und sich in die Texte aus dem
Buch der Pforten
vertiefte.
    Ja, dachte er, so habe ich es mir vorgestellt.
    Er schritt weiter und erreichte das Ende des zweiten Gangs. Auch wenn die beiden nachfolgenden Räume komplett aus dem Felsen herausgearbeitet worden waren, so hatte er sich den Fortgang der Arbeiten am dritten Gang erfreulicher vorgestellt. Sein eben noch lächelndes Gesicht verfinsterte sich, als er sich zu seinen Untertanen umwandte.
    »Hast du mir etwas zu sagen?«, fragte er den Obersten Schreiber an der Stätte der Wahrheit.
    Der Mann zuckte merklich zusammen und senkte verlegen den Blick. »Verzeih, Majestät, wir sind auf schier unüberwindbare Schwierigkeiten gestoßen. Der Fels ist mit einem Mal härter als Granit. Die Steinhauer haben Mühe, ihn zu bearbeiten.« Hilflos ließ er den Kopf hängen und wartete auf die vernichtende Reaktion des Pharaos.
    »Warum wurde ich darüber nicht informiert?« Ramses ’ Blick glitt drohend über seine Beamten.
    »Diese Schwierigkeiten stellten sich erst kurz vor dem Fest von Opet ein«, versuchte der Oberste Baumeister die Frage des Pharaos zu beantworten. »Ich habe mich über die Probleme mit dem Vorsteher der Steinhauer unterhalten. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Arbeiter noch einmal versuchen sollten, weiter in den Felsen vorzudringen, um zu sehen, ob hinter dieser Gesteinsschicht eine weichere liegt. Leider ist dem nicht so.«
    Ramsesnacht, der als Hohepriester des Amun neben dem Wesir für die Arbeiten im Königstal zuständig war und dem die Handwerker von der Stätte der Wahrheit direkt unterstellt waren, spürte den fragenden Blick des Pharaos auf sich ruhen.
    »Und warum bin ich nicht darüber informiert worden?«, hakte er, an den Oberbaumeister gerichtet, nach. »Du hast mir immer berichtet, dass die Arbeiten ihren gewohnten Lauf nehmen und es keine Schwierigkeiten gibt. Wozu bist du da, wenn man sich nicht auf dich verlassen kann?«
    Der Getadelte sah verlegen zu Boden, setzte aber zu keiner Erklärung an.
    »Beantworte die Frage des Hohepriesters!«, herrschte Ramses ihn an. Sein Blick durchbohrte den hohen Beamten.
    »Verzeih mir, Majestät, es war sicher ein Fehler, den Ersten Propheten nicht zu informieren. Ich hatte gehofft, dass der Felsen wieder weicher wird.« Wie ein im Netz gefangener Fisch wand er sich. »Ich wollte nicht Unruhe verbreiten, ohne zu wissen, ob nicht noch etwas zu retten ist.«
    »Schweig, ich habe genug gehört.« Ramses war sichtlich wütend. »Dass die Steinhauer versuchen sollten, die harten Schichten in der Hoffnung zu überwinden, dahinter kämen wieder weichere, ist vernünftig. Dennoch bist du deiner Pflicht nicht nachgekommen, Ramsesnacht jedes auftretende Problem zu melden, durch das der Ablauf der Arbeiten verzögert wird. Das ist eine grobe Pflichtverletzung, die ich bei keinem meiner Beamten dulde!« Er wandte sich dem Obersten Schreiber zu. »Wie ist die Meinung des Vorstehers der Steinhauer? Glaubt er, dass diese Gesteinsschichten bald überwunden sind, oder ist es aussichtslos, an diesem Grab weiterzuarbeiten?«
    »Majestät, ich selbst werde mich noch heute mit ihm besprechen und kann dir schon morgen meinen Bericht zukommen lassen.« Ergeben verneigte sich der Mann.
    »Das werde ich alleine tun und zwar sofort!«, schnaubte Ramses und drängte sich an ihm und Nehi vorbei zum Ausgang des Grabs.
    Wie ein rasender Stier kam er aus dem Eingang seines Ewigen Hauses gestürmt und blieb mit hochrotem Kopf vor den Handwerkern stehen, die seine aufgebrachte Stimme aus dem Inneren des Felsens vernommen hatten.
    »Du da«, Ramses wies auf einen kräftigen, von Kopf bis Fuß mit Staub bedeckten Mann Anfang dreißig, »bist du Steinhauer?«
    »Ja, Majestät.« Der Angesprochene trat mit demütig gesenktem Kopf einen Schritt vor.
    »Sage mir, ob es noch Sinn hat, an meinem Haus für die Ewigkeit weiterzuarbeiten!«
    Verstört riss der Mann die Augen auf und blickte zu Ramses auf.
    »Was ist, hat es dir die Sprache verschlagen? Ich will von dir wissen, ob du, aus deiner Erfahrung als Steinhauer, glaubst,

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