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Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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einen riesigen See verwandeln, aus dem die auf höher gelegenen Landstrichen errichteten Städte und Dörfer wie große und kleine Inseln herausragen würden.
    Für viele der Bauern begann dann die Zeit der Ruhe. Sie stiegen in ihre kleinen Papyrusboote und fuhren Nachbarn und Verwandte besuchen, wenn sie nicht von den Beamten des Pharaos für Bauarbeiten verpflichtet wurden. Jetzt standen sie noch mit gebeugtem Rücken auf den Domänen des Gottes Osiris und ernteten fleißig Emmer, Weizen und Gerste, doch ihre Vorfreude auf diese Zeit war förmlich zu spüren.
    Wenn die Männer und Frauen der Barke des Oberpriesters ansichtig wurden, hielten sie in ihrer Arbeit inne, machten den Rücken gerade und legten die Hand schützend über die Augen, um zu ihm herüberzusehen. Einige winkten dem Boot freundlich zu. Das vorbeifahrende Schiff eines Adligen oder einer hoch gestellten Persönlichkeit war eine der wenigen Abwechslungen, die sich ihnen bot. Amunhotep hingegen zog sich unter sein Sonnensegel zurück, um sich mit den anstehenden Problemen bei der Bauausführung am Heiligtum von Osiris Ramses zu befassen. Er winkte seinen Schreiber zu sich und ließ sich die Schriftrollen geben, auf denen die gelieferten und die ausgegebenen Mengen an Holz für die Gerüste verzeichnet waren.
    Irgendetwas konnte in den Aufzeichnungen nicht stimmen. Der Vorsteher der Zimmermänner hatte sich vorgestern bei ihm beklagt, dass nicht genügend Holz zur Verfügung stände, um das Gerüst bis in die gewünschte Höhe fertigzustellen, und dass ihm der Vorsteher der Steinmetze mit seinen Klagen in den Ohren läge, weil seine Männer nicht mit ihrer Arbeit an der Ostfassade des Heiligtums fortfahren könnten. Amunhotep hatte versprochen, sich umgehend des Problems anzunehmen und Abhilfe zu schaffen. Er konnte den Fehler allerdings nicht finden und ging davon aus, dass das kostbare Holz auf dem Landsitz von Djefahapi gelandet war.
    Er schaute von den Holzlisten hoch und strich sich nachdenklich über sein glatt rasiertes Kinn. Er musste den Tempel des Amun um Hilfe bitten, denn seitdem es keinen Wesir mehr für das Obere Königreich gab, wurden dessen Aufgaben vom Ersten Propheten des Amun-Re übernommen.
    Der Schiffsführer hatte das Segel aufziehen lassen, und die Fahrt verlief recht schnell. Die Ruderer konnten sich ausruhen und saßen leise schwatzend auf ihren Plätzen und ließen die Landschaft an sich vorübergleiten. Der Lotse am Bug der Barke hingegen hatte alle Hände voll zu tun. Der Wasserstand war sehr niedrig, und die Gefahr war groß, auf Sandbänke aufzulaufen oder sich den Rumpf an scharfkantigen Felsen aufzureißen.
    Der Wind trieb die Barke zügig voran, und da die Tage lang waren, erreichten sie schneller als gewöhnlich Theben, wo sich Amunhotep sofort in den Amun-Tempel begab.
    »Ich freue mich, dich zu sehen«, begrüßte Nesamun seinen Sohn, als sich die beiden endlich gegenüberstanden. »Deine Mutter ist natürlich auch entzückt, dass du schon wieder in Theben weilst.«
    »Wo ist sie?«, fragte Amunhotep und sah sich suchend um.
    »Es tut ihr leid, dass sie nicht hier sein kann. Sie wird dich morgen begrüßen.« Nesamun sah Amunhotep freundlich lächelnd in die Augen. »Gibt es einen besonderen Grund für deine schnelle Wiederkehr?«
    Der Osiris-Priester bejahte und gab seinem Vater ein Zeichen, die Diener vor die Tür zu schicken. Auf Nesamuns Wink zogen sie sich leise zurück.
    »Nun sprich!«
    Nesamun setzte sich auf einen mit Kissen gepolsterten Stuhl, und Amunhotep rückte ihm einen Schemel heran, damit sein Vater das verkrüppelte Bein darauflegen konnte. Dann nahm er sich einen zweiten Stuhl und ließ sich ihm gegenüber nieder.
    »Was weißt du über Menschen, die von den Göttern auserwählt wurden, um ihnen und dem Pharao zu dienen?«
    »Sind wir denn nicht alle dazu auserwählt, das zu tun?«, fragte Nesamun zurück und richtete seinen Blick forschend auf Amunhotep.
    »Ja, Vater, das weiß ich. Aber du kennst doch auch die Geschichten, die man abends den Kindern erzählt und die von Halbgöttern handeln, die in grauer Vorzeit von ihren göttlichen Vätern gesandt wurden, um dem König und den Menschen zu dienen.« Er sah seinem etwas ungläubig schauenden Vater eindringlich in die Augen. »Du selbst hast mir manchmal eine davon erzählt. Ist an diesen Geschichten etwas Wahres, und wenn ja, wurde auch schon mal ein nicht göttliches, ich meine ein sterbliches Wesen gesandt?«
    Schmunzelnd griff Nesamun nach

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