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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verheiratet?« fragte Schwabe. Die sechs gaben sich alle Mühe, ihn zu verstehen. Fritz Adam war der einzige, der ihn voll verstand. Er wiederholte für die anderen immer die Fragen und Antworten.
    »Ob wir verheiratet sind? Nein! Doch … Der Wastl-Pascha.«
    »Und wie!« Feininger lachte.
    »Soll ich meine Frau kommen lassen?«
    Die Frage, die große, schicksalsschwere Frage. Schwabe musterte seine Kameraden. Der Berliner mischte die Karten, zwei spielten Schach, Feininger hatte plötzlich etwas an seinen Hosenträgern auszusetzen und fluchte, Walter Hertz zählte die Skatkasse. Nur Fritz Adam, der Stubenälteste, ging auf Schwabe zu und setzte sich neben ihn.
    »Ich würde noch 'was warten, Erich. Noch ein paar Wochen. Nicht, daß du furchterregend aussiehst, aber du kennst doch die Frauen. Jede Schramme nehmen sie schlimm! Und wenn einer im Gesicht 'was hat, ist's besonders schlimm. Die Weiber gucken doch so auf Schönheit! In ein paar Wochen ist's auch bei dir anders, und deine – wie heißt sie denn?«
    »Ursula«, sagte Schwabe dumpf.
    »– deine Ursula wird nie wissen, wie du vorher ausgesehen hast, wie jetzt zum Beispiel. Braucht sie ja auch gar nicht zu wissen, was? Ist reine Männersache!«
    Erich Schwabe nickte.
    »Laß deine Mutter kommen.« Fritz Adam legte den Arm um Schwabes Schulter. »Wir alle haben das so gemacht. Mütter sind da anders, Erich, weißt du. Die sehen nur, daß du noch lebst, ob ganz oder halb, das ist egal. Ihr Kind lebt, sie können es anfassen, streicheln, liebkosen, sprechen, sehen, hören … da gibt es nichts anderes auf der Welt, was schöner wäre. Daß wir etwas anders aussehen … mein Gott, das ist ein Jammer, gewiß … aber wir leben … ihr Kind lebt. Mehr wollen die Mütter nicht vom Krieg.«
    »Glaubst du?« fragte Schwabe leise.
    »Bestimmt. Wir haben es doch alle erlebt. Sogar der Feininger hat seine Mutter kommen lassen und nicht seine Resi. Und was hat die alte Feiningerin gesagt: Der halbe Kopf ist weg? Ist nicht schade drum … war doch nie viel drin!«
    Erich Schwabe lächelte. Man sah es nur an den blanken Augen und dem Flattern der Lider.
    »Ich danke dir, Adam«, sagte er. »Bist ein prima Kerl …«
    Am Abend schrieb er an seine Mutter. Sie solle kommen, aber ohne Ursula. Zuerst allein. »Ich bin am Gesicht verletzt«, schrieb er. »Nicht schlimm, Muttchen, aber erst sollst Du es sehen und mir sagen, ob ich Ursel so empfangen kann. Ich möchte sie nicht erschrecken …«
    Bei der Visite sah Dr. Lisa Mainetti erstaunt in den Mund Schwabes. Neben der Klammer war ein Riß in dem Transplantat, aus dem frisches Blut gesickert war und sich an den Gaumenwänden verkrustet hatte.
    »Was ist hier passiert?« rief sie und sah die anderen, die an ihren Betten standen, streng an. »Was ist mit Schwabe geschehen!«
    »Die Folge eines Besuches von Herrn Oberarzt Dr. Urban, Frau Doktor.« Fritz Adam meldete es mit dienstlich knapper Sprache.
    »Danke!« Lisa Mainetti lächelte Schwabe zu. Es war ein mühsames, verkrampftes Lächeln.
    Zwanzig Minuten später rannte Professor Rusch über den Gang zum Zimmer Dr. Mainettis. Durch die Tür hörte er ihre Stimme. Sie schrie, daß man jedes Wort auf dem Flur verstand.
    »Tragen Sie die Verantwortung für meine Patienten? Sie, der Sie nicht einmal einen Blinddarm herausnehmen können! Wenn Sie sich noch einmal um meine Station kümmern, werde ich den Herrn Generalarzt darüber aufklären, welch ein Stümper Sie sind und daß sich Ihre ärztliche Tätigkeit darin erschöpft, den jungen Schwestern in die Blusenausschnitte zu greifen!«
    Bevor der Professor die Tür aufreißen konnte, wurde sie von innen aufgestoßen. Dr. Urban rannte mit verzerrtem Gesicht aus dem Zimmer.
    Dr. Lisa Mainetti stand bebend und hochrot neben dem kargen Feldbett, das außer Schrank, Tisch, zwei Stühlen, einem rohen Bücherregal und einem Schaukelstuhl – welch ein Luxus! – zur primitiven Einrichtung des Arztzimmers gehörte.
    »Bist du verrückt geworden?« fragte Professor Rusch laut, während er eintrat.
    »Er hat dich und mich Saboteure des Endsieges genannt. Da konnte ich einfach nicht mehr! So ein Schwein, so ein erbärmliches Schwein …«
    »Und wenn er uns tatsächlich hinhängt? Was haben wir davon? Lisa, denk an unsere Verwundeten. Sie brauchen uns als Ärzte, nicht als Gegner einer zusammenbrechenden Ideologie!«
    »Er wird uns nicht melden«, sagte Lisa Mainetti schwach.
    »Bist du dessen so sicher?«
    »Ganz sicher …«
    »Wieso

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