Das geschenkte Leben
schenken.«
»Ich nehme an! Aber – nun, es lohnt sich kaum, diese Pakete zu öffnen. Sie werden dich enttäuschen.«
»Möchtest du eine Tracht Prügel?«
»Ja.«
»Ich bin zu müde. Laß uns Pakete aufmachen.«
»Gut … wir könnten das kleinere Paket aufmachen. Dann kannst du sehen, wie Gigi aussieht. Sie ist ein lohnender Anblick.«
»Wir werden beide aufmachen.«
»Zuerst waschen?«
»Das sollten wir tun.«
Zehn Minuten später packte Joan Eunice das ›Bilitis singt‹ betitelte Gemälde aus, lehnte es gegen die Wand und trat zurück.
»Nun, Jake?«
Er pfiff leise. »Der Bursche ist gut.«
»Ja. Ich hatte es nicht gewußt.«
»Mir gefällt das Spiel von Licht und Schatten auf euren kontrastierenden Hautfarben. Ein sehr lebendiger Effekt.«
»Er machte das mit Lampen. Fotografierte uns und projizierte die Aufnahme auf seine Leinwand. Am nächsten Tag malte er uns, veränderte aber die Position der Beine. Wie er die Lichter korrigierte, weiß ich nicht. Aber ich habe keine künstlerische Fantasie.«
»Was ist in dem großen Paket?«
»Mach es auf.«
Es stellte die drei Grazien dar, und alle drei waren Joan Eunice. »Joe fotografierte mich zehn- oder zwölfmal in verschiedenen Posen vor einem neutralen Hintergrund, dann kombinierte er drei Aufnahmen für seine Projektion. Gigi posierte jedesmal mit mir, damit meine Haltung und die Position der Arme natürlich wirkten. Dann wand sie sich wie eine Schlange heraus ohne meine Pose zu stören. Sind diese Grübchen in meinem Hinterteil nicht nett?«
»Frau, du bist eingebildet.«
»Ich war nie schön, Jake. Jetzt bin ich es, und warum sollte ich nicht ein wenig stolz darauf sein? Nun, Liebling? Ich wollte ›Bilitis‹ für mich behalten und dir die Grazien schenken; aber du kannst deine Wahl selbst treffen.«
»Eine schwere Entscheidung.«
»Mein Bild wird im Hause bleiben«, sagte Joan Eunice. »Wenn du es sehen willst, wirst du nur durch den Korridor gehen müssen. Hättest du mich geheiratet, als du es so offensichtlich hättest tun sollen, du lüsterner alter Wüstling, so brauchtest du dich jetzt nicht zu entscheiden; beide wären dein. Jake, was würde es kosten, ein halbes Dutzend Kunstkritiker zu lobpreisenden Artikeln zu bewegen?«
»Du denkst an Joe Branca?«
»Natürlich. Er verkauft seine Bilder zu lächerlich niedrigen Preisen und zahlt eine empörende Kommission. Trotzdem setzt er so wenig ab, daß die beiden kaum zu essen haben. Ich dachte …«
»Du kannst aufhören zu denken; ich sehe den Schwindel. Wir werden ihm einen guten Agenten besorgen, wir werden durch Strohmänner aufkaufen, was von ihm auf dem Markt ist, und die Bilder behalten. Dann werden wir hier und dort ein paar Kunstkritiker kaufen und über den Agenten Ausstellungen mit dem vorhandenen Material veranstalten, sobald sein Name einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Ich müßte mich sehr irren, wenn wir die Sachen zu diesem Zeitpunkt nicht so teuer verkaufen könnten, daß nicht nur die Kosten der ganzen Förderungskampagne gedeckt werden, sondern auch noch ein hübscher Gewinn übrigbleibt. Mit dem nötigen Kapitaleinsatz ist alles zu verkaufen; der Kunstmarkt wimmelt von geschäftstüchtigen Scharlatanen, und einige von diesen verstehen es so gut, sich in Szene zu setzen, daß sie mit ihren Machwerken Geld scheffeln. In unserem Fall lautet die Frage nur: Wieviel Erfolg muß er haben? Ist es nötig, daß ich ihn ins Metropolitan-Museum bringe?«
»Jake, ich glaube nicht, daß Joe berühmt sein will. Und ich möchte es nicht so auffällig gemacht haben, daß er den Braten riecht. Oder Gigi; sie ist gebildeter als er, und nicht so weltfremd. Wenn es nach mir ginge, dann sollen seine Bilder sich einfach so verkaufen, daß Gigi einkaufen gehen kann, ohne sich sorgen zu machen, und soviel Bettwäsche hat, daß sie sie jeden Tag wechseln kann, wenn es ihr gefällt. Das Kind versucht mit dreimal nichts einen Haushalt zu führen, und warum sollten sie am Hungertuch nagen, wenn er ein ehrlicher Künstler ist, der malen kann und es auch tut? Einer, der seine Zeit nicht in Cafes verbringt und von den Dingen schwadroniert, die er tun will. Joe malt. Ich weiß nicht, ob er ein guter Künstler ist, aber ich weiß, daß er ein guter Handwerker ist.«
»Wir werden es machen. Ich teile deine Meinung, daß wir ihn nicht auf eine Ebene katapultieren sollten, wo er sich nicht mehr zurechtfinden würde, aber wir müssen nachhelfen.«
»Guter alter Jake. Nun könntest du
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