Das geschenkte Leben
runter.)
»Ich bin froh, Joan.«
»Jake, müssen wir hier stehen, immer noch in Hut und Mantel? Ich habe Geschenke für dich mitgebracht.« Sie lächelte ihr bestes Erwartungslächeln. »Willst du sie sehen?«
»Natürlich will ich sie sehen! Und wo sind meine Manieren, dich stehen zu lassen? Hier, gib mir deinen Umhang und nimm Platz. Sherry?«
»Später. Oder Champagner, zur Feier unser beider Rückkehr.« Sie wandte sich um und ließ ihn den Umhang von ihren Schultern nehmen. Er legte ihn zur Seite und drehte sich nach ihr um, gerade als sie es auch tat.
»Heilige Kuh!«
»Ich wußte nicht, daß du ein Hindu bist, Jake.«
»Die ganze Strecke durch die Stadt hast du nur das angehabt? Nur Farbe?«
»Warum nicht? Ich hatte ja den Umhang dazu.«
»Joan Eunice, weißt du, daß dies eine Reproduktion – eine Kopie von einer Körperbemalung ist, die Eunice einmal trug?«
»Gewiß; sie trug diese Aufmachung hier in diesem Hause, und ich war noch nicht so tot, daß ich sie nicht bemerkt hätte. Mir war nicht klar, ob diese Dinger Seemuscheln oder Farbe waren. Jetzt weiß ich es. Dann warst du an dem betreffenden Tag auch hier?«
»Nun, ja, das muß wohl so sein. Deshalb erkannte ich diese Bemalung gleich wieder.«
»Wenn ich mich recht entsinne, war das einer der Tage, wo du Eunice nach Hause brachtest. Hmm?«
»Joan, willst du schnüffeln?«
»Ja.«
»Frau, ich werde deine lüsterne Neugierde nicht befriedigen.«
»Wie denkst du über lüsterne Neugierde an sich?«
»Das ist eine andere Sache.«
»Ich wunderte mich gerade. Bisher hast du mich noch nicht einmal geküßt. Soll ich zuerst eine Dusche nehmen? Oder anders ausgedrückt: Hat Eunice sich vorher Zeit genommen, die Farbe abzuwaschen?«
»Laß es mich anders ausdrücken: Halt den Mund, bis ich dir Sprecherlaubnis gebe.«
»Ja, Sir.«
Sie gehorchte für eine geziemende Weile.
»Darf ich jetzt reden?«
»Ja, solange du dich auf höfliche und liebevolle Worte beschränkst. Einige deiner spontanen Bemerkungen waren wenig damenhaft.«
»Das kommt, weil ich selbst nicht damenhaft bin, liebster Jake. Als Dame bin ich ein Versager. Aber ich werde mich weiterhin bemühen, in der Öffentlichkeit eine zu imitieren.«
»Joan Eunice …«
»Ja?«
»So hat es auch Eunice selbst gehalten. In der Öffentlichkeit eine perfekte Dame … und privat völlig unbekümmert. Das machte einen großen Teil ihres Charmes aus. Und einige ihrer spontanen Ausdrücke waren überdies noch weitaus weniger damenhaft als alles, was ich bisher von dir gehört habe.«
»Tatsächlich, Jake? Kannte sie Ausdrücke, die ich nicht kenne? Und hat dir das gefallen?«
»Hmm, ich glaube nicht, daß sie etwas kannte, was dir nicht auch geläufig wäre, sie hat sie nur leichtfertiger benutzt. Nachdem sie mir vertraute, heißt das. Und ja, es hat mir gefallen, solange es spontan war.«
»Jake, ich traue dir ohne Einschränkung – und ich werde mich bemühen, meine Spontanität nicht zu unterdrücken. Immerhin lerne ich ja noch.«
»Mein liebes Mädchen, du machst das schon recht gut. Aber nachdem du mir ohne Einschränkung vertraust – was hast du wirklich bei Joe gemacht?«
»Mein Herr, die Tatsache daß ich Ihnen vertraue, bedeutet nicht, daß ich Ihre lüsterne Neugierde befriedigen werde.«
»Hmm … das hätte Eunice auch nicht getan. Niemals.«
»Statt dessen kannst du mir ja erzählen, was du bei Joe gemacht hast.«
»Eins zu eins. Komm, laß uns diese Farbe abwaschen. Schade, daß wir kein Foto von dir gemacht haben, bevor ich sie verschmierte.«
»Macht nichts, Jake. Joe hat eins gemacht, und ich habe es in der Handtasche. Für dich. Außerdem gab Joe mir ein Farbfoto von einem Gemälde, das Eunice als tauchende Meerjungfrau zeigt – in der gleichen Bemalung.«
»Würde es dich überraschen, daß ich das Motiv schon kenne?«
»Ja? Nun eigentlich überrascht es mich nicht. Aber ich werde Schnüffler auf die Fährte setzen und herausbringen, wer dieses Gemälde gekauft hat. Ich will es haben. Der Preis soll kein Hindernis sein.«
»Dein Geld wird dir nicht helfen, Miss Smith. Das Original befindet sich in meinem Besitz. Es hängt im Klub.«
»Ich will verdammt sein! Jake, du bist ein schmutziger alter Geheimniskrämer. Ich nehme zehn Prozent von allen Komplimenten zurück, die ich dir gemacht habe.«
»Das ist in Ordnung; ich glaube sowieso nicht mehr als neunzig Prozent. Aber wenn du ein gutes Mädchen sein willst, werde ich dir dieses Gemälde
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