Das geschenkte Leben
und Schleier, und hielt einen Strauß Orchideen, deren zartes Blau mit ihrer Kleidung harmonierte. (Joan? Warum in letzter Minute diese Entscheidung, eine Hose unterzuziehen? Die Ränder machen eine Linie, die zu sehen ist.) (Nicht bei diesem Kleid; es ist nicht hauteng. Ein Hochzeitskleid ist ein Symbol der Jungfräulichkeit, das solltest du wissen.) (Ich lach mich krank, Joan!) (Eunice, wenn du diese Hochzeit verpfuschst, dann – dann werde ich drei Tage kein Wort mit dir sprechen!) (Joan, ich werde sie dir nicht verpfuschen – wenn Jake Symbole will, soll er sie haben.) (Und ich will auch Symbole!) (Entschuldige, Joan. Es ist bloß, daß ich das Leben nur als einen komplizierten Scherz sehen kann, seit ich in meinem eigenen Kopf Untermieterin bin. Und es ist besser, zu lachen als zu weinen.) (Ja, Eunice – aber laß uns jetzt keins von beiden tun. Ich fühle eine Rührseligkeit, bei der die Tränen sowieso nicht lange auf sich warten lassen werden.) (Schon recht, Boß. Ich dachte nur, du hättest diesen ganzen Hokuspokus schon oft genug mitgemacht.) (Ja, aber nicht als Braut!) (Cunningham sieht bekümmert aus. Ich weiß nicht, warum; alles ist großartig arrangiert. Aber weshalb mußte er die ›Bilitis‹ und die ›Grazien‹ in die Eingangshalle hängen, wo jeder sie anstarren kann? Wie verträgt sich das mit deiner Jungfräulichkeitssymbolik? Kannst du mir dieses Rätsel erklären?) (Das hat nichts miteinander zu tun, Eunice. Eine Braut soll züchtig aussehen; diese Bilder sollen bewundert werden. Sie sind so harmlos wie der Fruchtpunsch, den wir für diejenigen haben, die keinen Champagner wollen. Daß ich für sie Modell gestanden habe, ist irrelevant. Ich wollte bloß auf Joes Malerei aufmerksam machen.)
Joe Branca hatte nicht wenig Kunstfertigkeit auf die Braut verwendet. Wie bei seinen Gemälden hatte er lediglich Joans eigene Schönheit dezent unterstrichen, und zwar mit solcher Sorgfalt, daß man selbst aus nächster Nähe kaum eine Spur seiner Arbeit erkennen konnte.
Als Winnie das Ergebnis seiner Anstrengungen sah, hatte sie schüchtern gefragt, ob Joe sein Talent vielleicht auch bei ihr anwenden könnte. Joe hatte Mrs. Garcia genau betrachtet und dann ein Makeup gewählt, das ihre roten Haare und die blasse Haut besonders betonte.
Die Ehrendame der Braut ging fünf Schritte voraus. Winnie trug einen pastellgrünen Heroldsrock mit Strumpfhosen, der ihr rotes Haar vorteilhaft zur Geltung brachte, und hielt einen kleineren Strauß grüner und brauner Cymbidien.
Sicherheitschef O’Neil betrat den Bankettsaal als letzter und postierte sich mit zweien seiner Leute am Eingang, um die Ereignisse am anderen Ende des Raumes zu beobachten und zugleich mit seinen im Haus plazierten Wächtern Verbindung zu halten. Er war nervös und wachsam. Bis auf seine paar Wächter war das weitläufige Gebäude leer, und obwohl alle Türen und Fenster verschlossen und verriegelt und durch die Alarmanlage zusätzlich gesichert waren, fühlte er die Last der Verantwortung schwerer als sonst.
Die Braut näherte sich dem Ende des Saales. Jake Salomon wartete dort, flankiert von Reverend Hugo White und Richter MacCampbell. Shorty trug einen schwarzen Frackmantel und hatte eine Bibel in den Händen. Der Richter war in Amtstracht erschienen.
(Joan, sieht Jake nicht blendend aus? Aber was für eine Aufmachung ist das?) (Es ist ein Cut, Eunice.) (Ein Museumsstück.) (Ja – Wahrscheinlich hat er den Cut seit dreißig oder vierzig Jahren nicht getragen. Aber was sagst du zu Hugo? Sieht er nicht prächtig aus?) (Das muß sein Predigergewand sein. Und wie er die Bibel befingert; als ob er jeden Tag darin lesen würde!) (Sei nicht so boshaft, Eunice.) (Sag bloß, dies wird eine christliche Trauung mit Bibelsprüchen und allem, Boß. Der Bräutigam ein alter Jude, die Braut ein fünfundneunzigjähriger Exfreimaurer, neuerdings Jogaschülerin, der Pfarrer ein analphabetischer Sektenprediger …) (Du bist ein Ekel, Eunice! Was weißt du von Tradition?) (Nichts. Ist das ein Mangel?) (In Augenblicken wie diesem, ja. Eunice, meine Knie zittern. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen kann!) (Om mani padme hum, Joan. Es war schwierig genug, ihn soweit zu kriegen; jetzt darfst du nicht schlappmachen.)
Joan Eunice blieb vor dem Richter und dem Prediger stehen. Winifred nahm ihr den Blumenstrauß ab und trat beiseite. Alec Train geleitete Jake zu Joan Eunice und nahm eine Position gegenüber von Winnie ein. Die Musik hörte auf. Hugo hob
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