Das geschenkte Leben
Mitgliedschaft zu lösen, nachdem ich dein Vormund wurde, Joan – Joan Eunice.«
Sie lachte. »Und ich ein Gründungsmitglied! Das ist köstlich! Farbige und Juden und Latinos alle willkommen, wenn sie die Beiträge zahlen können … aber Frauen sind nicht zugelassen. Ich werde mich an vieles gewöhnen müssen.«
»Das ist richtig – Joan Eunice.«
»Also werde ich dich mehr denn je brauchen. Wo hast du geschlafen?«
»Im braunen Zimmer.«
»Cunningham muß sich vertan haben. Er hätte dich in der grünen Suite einquartieren sollen.«
»Nun … die grüne Suite wurde für Krankenhausgeräte und dergleichen gebraucht. Ich habe es damals so entschieden.«
»Dann kannst du deine Entscheidung jetzt rückgängig machen, weil es deine Suite ist. Was von dem Zeug noch gebraucht wird, kann anderswo verstaut werden. Cunningham wird die grüne Suite heute noch für dich herrichten.«
»Joan Eunice, was bringt dich auf die Idee, ich würde hier einziehen? Ich werde es nicht tun.«
»Ich habe es nicht gesagt. Ich sagte, die grüne Suite ist jetzt dein. Ob du eine Nacht bleibst oder ein Jahr, ob du eingeladen bist oder nicht, du kannst kommen und gehen, ohne guten Tag und auf Wiedersehen zu sagen. Ist Hubert noch da, mein früherer Kammerdiener?«
»Ja, er hat das braune Zimmer für mich in Ordnung gehalten.«
»Von nun an wird er die grüne Suite pflegen und für dich da sein, wann immer du uns mit deiner Anwesenheit beehren willst. Jake, du solltest lieber ein paar Kleider hierher bringen.«
»Verdammt noch mal – entschuldige, Joan Eunice.«
»Lächerlich. Ich möchte den Tag nicht erleben, wo mein ältester Freund in meiner Gegenwart seine Redeweise zügeln muß. Jake, Lieber, ich fühle mich als Frau wirklich wehrlos … obwohl ich als kranker alter Mann bei weitem verwundbarer war. Aber wenn du da bist, fühle ich mich sicher – und ganz und gar nicht sicher, wenn du fort bist. Jake, ich kann dich nicht zwingen, hier zu leben … aber kannst du nicht sehen, was für einen Gefallen du mir damit tun würdest? Wie viele Zimmer hast du im Klub?«
»Zwei. Für meine Bedürfnisse hinreichend. Und was ich eben sagen wollte, ist, daß du mich nicht so drängen solltest. Ich werde es mir überlegen, aber ich kann nichts versprechen.«
»Bitte verzeih, Jake. Ich wollte nicht aufdringlich sein. Aber siehst du, ich brauche dieses riesige Mausoleum sowenig, wie du dein Haus gebraucht hast. Doch wenn ich es verkaufen würde, könnte ich nicht die Hälfte dessen erlösen, was es gekostet hat. Ich baute es während der Zeit der Massenaufstände, und die Kosten sind ihm nicht anzusehen; es ist eine verschönerte Festung, stärker als eine Polizeikaserne. Nun, es könnte sein, daß solche Jahre wiederkehren, und dann werde ich vielleicht noch froh sein, daß ich keine Ausgaben scheute. Wie auch immer, es ist groß und sicher und komfortabel und bietet Raum genug, und warum solltest du es nicht nutzen? Besonders, wenn du mit meinen Angelegenheiten beschäftigt bist.«
»Nun, als dein Vormund habe ich mich natürlich auch um deine häuslichen Angelegenheiten kümmern müssen, Joha … äh – Joan Eunice.«
»Hat Cunningham dir solche Kleinigkeiten nicht abgenommen? Ich muß mit ihm sprechen.«
»Nun ja … das hat er, und ich ließ ihn machen wie bisher; ich habe keine Veränderungen eingeführt. Aber ich mußte die Haushaltsbücher durchsehen und Rechnungen prüfen. Ich sage dir, sie bestehlen dich von hinten und vorn. Namentlich Cunningham.«
»Gut!«
»Was soll daran gut sein?«
»Jake, du hast mir gesagt, es sei unmöglich, auch nur mein laufendes Einkommen auszugeben. Wenn der Chef meines Haushalts einen Teil seiner Einkünfte auf den schwarzen Markt bringt und den Erlös daraus in seine Tasche steckt – und das hat er schon immer getan –, dann muß er ein großes Interesse daran haben, seinen einträglichen Job zu behalten. Das bedeutet, daß er bestrebt sein muß, seine Arbeit zu meiner vollen Zufriedenheit zu tun. Weißt du eine billigere Art und Weise, Loyalität zu erkaufen, Jake? Laß ihn ein bißchen stehlen. Es hält ihn bei Laune. Ein gutes Pferd muß regelmäßig sein Stück Zucker haben.«
»Das ist ein schlechter Präzedenzfall. Korrumpiert das Land.«
»Das Land ist korrumpiert. Korruption war seit jeher das Fett, mit dem das Getriebe dieses Staates geschmiert wurde. Wir haben heute keine andere Wahl. Das Problem ist immer, wie man in einer dekadenten Gesellschaft leben kann. Zerbrich dir also
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