Das geschenkte Leben
in irgendeine Enklave bringen lassen. Oder Sie entschließen sich, die Nacht hier zu verbringen.«
Jake sagte: »Mac, mein Wagen ist ein Rolls-Skoda. Wir werden sicher sein.«
»Du kannst deinen Kopf riskieren, Jake, aber ein Rolls-Skoda ist kein Panzer. Sechs oder sieben kräftige Burschen können ihn umkippen, dann können sie ringsherum ein Freudenfeuer machen und euch wie Kastanien rösten. Es gibt genug Typen, die so etwas einfach zum Spaß tun würden. Nein, ich werde nicht zulassen, daß Miss Smith dieses Gebäude in einem Wagen verläßt. Sie wird einen Hubschrauber nehmen. Die Frage ist nur: wohin bringen wir sie? Sie könnten in meinen Räumen schlafen, Bruder Schmidt. Der Waschraum hat eine Dusche, und aus der Couch dort kann man ein Bett machen. Nicht sehr bequem, fürchte ich, aber besser als das unnötige Risiko einer Autofahrt.«
»Ich wollte gerade sagen«, sagte Jake, »daß ich mein Haus in der Enklave Safe Harbour noch habe. Es ist ohne Personal und halb ausgeräumt, aber es ist ein sicherer Ort. Du könntest meinem Fahrer und Beifahrer ausrichten lassen, daß sie hinausfahren und uns dort abholen sollen. Ich traue den beiden zu, daß sie durch jeden Krawall fahren, ohne den Wagen umwerfen zu lassen; sie sind harte Burschen.«
Der Richter ging wieder an die Sprechanlage und bestellte den Hubschrauber. Wenige Minuten später verabschiedeten Jake und Joan sich von ihm und Alec Train und bestiegen den Aufzug, der sie zum Dachgeschoß bringen sollte.
Jake Salomon half Joan Eunice in den Hubschrauber und stieg dann selbst ein. Wenige Sekunden später befanden sie sich bereits in der Luft. Das Passagierabteil war von der Pilotenkanzel abgetrennt und so gut schallisoliert, daß ein Gespräch möglich gewesen wäre. Doch Jake schwieg und hielt den Blick von ihr abgewandt.
Nach einer kurzen Weile sagte Joan: »Jake, Liebster? Bist du böse?«
»Wie? Himmel, nein. Wie kommst du darauf?«
»Du wirkst so abweisend, und ich möchte nicht, daß du mich so behandelst. Das war heute alles recht schwierig für mich, insbesondere das Zusammentreffen mit meinen Enkelinnen. Es tut weh, wenn man gehaßt wird. Wenn man weiß, daß jemand einem den Tod wünscht. Trotzdem mußte ich mich sanftmütig und damenhaft verhalten. Jake, es ist nicht leicht, eine Dame zu sein, wenn man fast ein Jahrhundert lang ein Mann war. Die ganze Zeit über habe ich mich immer wieder gefragt, wie sich Eunice in dieser Situation verhalten hätte, damit ich einen Anhaltspunkt hatte.«
Jake Salomon seufzte schwer. »Das ist es ja gerade! Du hast dich genau wie Eunice verhalten.«
»Danke, Jake, jetzt fühle ich mich besser.« Sie löste den Sicherheitsgurt und rutschte näher zu ihm hin, wobei sie den Daumen über den Magnetverschluß ihres Kleides gleiten ließ. »Ich kann dieses blöde Ding hier drin nicht ausziehen. Küß mich, Jake. Küß mich und streichle mich und sag mir, daß Eunice stolz auf mich wäre.«
»Joan!«
»Bitte mach mir keine Vorwürfe, Jake. Ich bin jetzt ein Mädchen und will geküßt werden. Und nenne mich ›Eunice‹, Liebster, ich möchte hören, wie du mich mit diesem Namen ansprichst.«
»Eunice!« stöhnte er.
Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen. »Küß mich, Liebster.«
Zitternd gab er nach.
Der Kuß dauerte länger und länger. (Eunice? Ich werde ohnmächtig.) (Das lasse ich nicht zu, Liebes; auf das hier habe ich zu lange gewartet!)
Schließlich unterbrach Jake den Kuß, doch sie drängte sich weiter an ihn, seufzte und streichelte sein Gesicht. »Danke, Jake, Liebster – dafür und für alles andere.«
»Ich danke dir … Eunice. Joan Eunice.«
»Laß mich noch eine Weile ›Eunice‹ bleiben. Habe ich es richtig gemacht? Bin ich ihrer wert?«
»Oh, ja!«
»Lieber Jake, glaubst du an Geister? Es kommt mir so vor als wäre Eunice hier bei uns gewesen. Ohne ihre Hilfe hätte ich das gar nicht tun können. Und so geht es mir oft.«
»Hm, ein interessanter Gedanke.« (Ha! Wir sollten ihn dafür kitzeln. Joan, wenn du ihn unterhalb der kurzen Rippen kitzelst, ist er völlig hilflos.) (Ich werde es nicht vergessen. Aber nicht heute.) »Jedenfalls wäre sie bestimmt stolz auf dich. Du bist ein süßes Mädchen.«
»Das muß ich auch sein. Dir gegenüber. Ich liebe dich, Jake.«
Er zögerte nur eine Sekunde. »Ich liebe dich – Eunice. Und Joan Eunice.«
»Ich bin froh, daß du uns beide genannt hast. Liebster Jake, du wirst mich heiraten müssen, das ist dir doch klar, oder?«
»Was? Du
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