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Das geschenkte Leben

Das geschenkte Leben

Titel: Das geschenkte Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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fünfzehn war, versuchte ein Mann, bei mir zu landen – und ich wußte nicht einmal, was er überhaupt wollte.
    Wäre ein fünfzehnjähriger Junge heute noch so unschuldig? Mit Sicherheit doch nicht. Schließlich gibt es heute Bücher, Magazine und Filme – und andere Jungen – die garantieren, daß er wüßte, worum es dabei geht. Die Regierung verfolgt Homosexualität nicht mehr, weil das auch eine Methode der Geburtenkontrolle ist. Ich bin sicher, sie würde die Homosexualität sogar offen propagieren, wenn nicht ein Großteil der Bevölkerung sie mißbilligen würde – darunter nicht wenige, die sie insgeheim selbst praktizieren. Das erinnert mich an die Prohibitionszeit in meiner Jugend, als die Menschen öffentlich Abstinenz predigten und insgeheim tranken. Gibt es heutzutage überhaupt noch sexuelle Aktivitäten, die tatsächlich strafrechtlich verfolgt werden?«
    »Vergewaltigung ist strafbar, aber alle anderen Vorschriften und Einschränkungen bestehen nur noch auf dem Papier. Allerdings wird unlizensierte Schwangerschaft grundsätzlich verfolgt.«
    »Und das ist das Einzige, was in meiner Jugend nicht unter Strafe stand. Aber ich möchte wissen, wie Eunice über Homosexualität dachte. Habt ihr je darüber gesprochen?«
    Jake stieß ein belustigtes Schnauben aus. »Glaub mir, Johann – Verzeihung, Joan Eunice – dafür hatten wir nun wirklich keine Zeit.«
    »Ja, vermutlich nicht. Mit mir hat sie auch nie darüber gesprochen. Aber auf ihre sanfte Art hat sie mir einmal eine Lehre erteilt.«
    »Ach ja? Wie denn?«
    »Ein Bote lieferte mal etwas in meinem Büro ab. War eine richtige Tunte – geschminktes Gesicht, falsche Wimpern, Hüftschwung und Trippelschritt. Nachdem er gegangen war, machte ich irgendeine Bemerkung, und Eunice meinte daraufhin, obwohl sie selbst keine Ambitionen in dieser Richtung hätte, könne sie nichts Falsches darin sehen, wenn Männer Männer oder Frauen Frauen lieben.« (He! Daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern.) (Dann habe ich eben gelogen. Außerdem könntest du es gesagt haben, und nur darauf kommt es an.)
    »Ja, das klingt nach Eunice. Sie war den menschlichen Schwächen gegenüber sehr tolerant.«
    »Nun, worauf ich eigentlich hinaus will, Jake: Ich finde Winnie sexuell attraktiv. Ich finde aber auch Richter MacCampbell sexuell attraktiv, was mich selbst verwundert hat. Und dich finde ich auch attraktiv, aber das hat mich keineswegs überrascht. Und da liegt das Problem. Wann empfinde ich eigentlich homosexuell? Wenn ich mich für Winnie interessiere? Oder wenn mir Männer gefallen?«
    »Joan, du stellst reichlich schwierige Fragen.«
    »Das liegt daran, daß ich mich in der schwierigsten Situation befinde, in der je ein Mensch gesteckt hat. Ich bin schließlich kein Transsexueller, der seinen Körper durch Hormone und Operationen seinen tatsächlichen Empfindungen angepaßt hat. Mein Körper ist weiblich, während mein Gehirn auf viele Jahre männlicher Sexualität zurückblicken kann. Also sag mir, Jake, wann bin ich normal, und wann pervers?«
    »Äh … ich habe den Eindruck, daß dein Körper die Kontrolle hat.«
    »Aber stimmt das wirklich? Die Psychologen sagen, sexuelle Empfindungen spielten sich im Gehirn ab, und nicht in den Genitalien. Mein Gehirn ist aber männlich.«
    »Ich glaube, du versuchst den Zeugen zu verwirren.«
    »Nein, Jake, ich bin es, die hier verwirrt ist. Aber ich habe lange über dieses Problem nachgedacht, während ich gewissermaßen Hausarrest hatte. Meiner Meinung nach gibt es nur eine Art von Sex, wobei die Ausrichtung kaum von Bedeutung ist. Manche Menschen haben einen so geringen Sexualtrieb, daß man sie praktisch als Neutren bezeichnen kann, ganz einfach, wie sie körperlich erscheinen mögen. Andere wiederum verfügen über eine stark ausgeprägte Sexualität, wobei der Körper eine untergeordnete Rolle spielt. Ich selbst war immer noch scharf, selbst als ich physisch gar nicht mehr in der Lage war, Sex zu haben. Und deine Sexualität ist ganz ähnlich stark ausgeprägt, mein Liebster. Schließlich hast du dir eine verheiratete Frau, die kaum halb so alt war wie du, als Geliebte zugelegt. Und das Gleiche gilt auch für Eunice, die immerhin glücklich verheiratet war.«
    »Ja, das stimmt. Ich habe mich deswegen auch schuldig gefühlt.«
    »Aber nicht zu schuldig, um auf den Genuß zu verzichten. Aber ich wollte eigentlich darauf hinaus, daß Eunice nicht nur einen starken Sexualtrieb hatte, sondern auch genug Liebe in ihrem

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