Das geschenkte Leben
muß Jahre her sein, daß ich zuletzt hier war. Du hast Veränderungen gemacht.«
»Einige. Was ich brauchte, habe ich in den Klub bringen lassen. Außer Möbeln, die ich mit dem Haus verkaufen will, ist nicht viel übrig. Oh, ich habe noch Kleidung, Wäsche und Toilettenartikel hier, und ich werde was zu trinken und eine Dose Kekse auftreiben. Vielleicht geräucherte Austern oder Kaviar; wir haben eine oder zwei Stunden totzuschlagen, bis Rockford und Charlie mit dem Wagen hier sein werden. Wenn du Hunger hast, kann ich auch ein komplettes Abendessen liefern lassen.«
»Laß mich erst sehen, was es in deiner Küche gibt; es würde mir Spaß machen, Hausfrau zu spielen. Und wie gesagt, ich möchte mich gern in deinem Haus umsehen.«
»Sieh dich um, soviel du willst, aber sag mir, was du trinken willst. Joan, bist du überhaupt jemals in einer Küche gewesen?«
»Keine dreisten Bemerkungen, Bursche; ich bin eine gute Köchin. Mama lehrte mich, Apfelstrudel zu backen, obwohl ich ein Junge war – mit so dünn ausgerolltem Teig, daß du durch ihn Gedrucktes lesen konntest. Das war, bevor du geboren wurdest. Ich trinke Sherry oder einen Dubonnet; keinen Schnaps, das riskier ich noch nicht.«
»Meine koschere Küche kann sich neben deiner bayerischen Manscherei jederzeit sehen lassen, Mädchen. Die Gojim können einfach nicht so gut kochen wie das auserwählte Volk.«
»Daß ich nicht lache, du abgefallener Jude. Du hast meine Kalbshaxe noch nicht probiert. Oder meinen Schmorbraten mit Nudeln. Zwischen meinen Ehefrauen und Köchinnen war ich immer wieder Junggeselle, und ich habe immer gekocht. Jake, wäre es nicht lustig, füreinander zu kochen und Rezepte zu tauschen? Wir könnten es hier tun. Meine eigene Küche wage ich nicht zu betreten; Della würde in Ohnmacht fallen.«
»Ja, das könnte spaßig sein. Wenn hinter deinen Prahlereien nichts steckt, können wir immer noch meine Gerichte essen. Entschuldige mich; ich will sehen, was an Getränken da ist.«
Joan Eunice ging direkt ins Schlafzimmer. (Eunice, ist dies einer der Orte?) (Natürlich. Siehst du die Mulde in der Matratze? Joan, dies ist der einzige Ort, wo wir eine ganze Nacht verbringen konnten. Es war himmlisch!) (Eine ganze Nacht? Dann weiß sein Personal Bescheid, auch Rockford und Charlie.) (Oh, sie haben vielleicht einen Verdacht, aber das spielt keine Rolle. Charlie interessiert sich nicht für Frauen, und Rockford hat selber schon mit mir geschlafen. Er billigt alles, was unmoralisch, illegal oder unehrlich ist. Aber ich glaube, sie wissen nicht, daß ich die ganze Nacht mit Jake war. Wir gaben uns mehr Mühe, die Sache vor ihnen als sie vor Joe zu verbergen.) (Wie hast du sie vor Joe verborgen?) (Eigentlich gar nicht. Ich sagte Joe, daß ich einen Mann getroffen hätte, mit dem ich eine Nacht verbringen wolle.) (Einfach so, eh?) (Ja, Joan. Wir waren beide frei. Aber wir gaben uns Mühe, einander nie zu verletzen. Unser Ehevertrag war nur zweiter Klasse, denn ich hatte eine Lizenz für zwei Kinder, während er keine hatte. Jeder von uns hätte die Auflösung der Ehe innerhalb von drei Tagen beantragen können.)
(Aber was sagte Joe?) (Er nickte und malte weiter. Er murmelte nur ›Viel Spaß‹ oder so; Joe war immer nett und verständnisvoll. Aber wahrscheinlich hat er mich nicht vermißt. Er malte nach einem neuen Modell, einem hübschen Jungen. Vielleicht suchte er selbst eine Abwechslung.)
(Und dir machte es nichts aus?)
(Du bist hinter der Zeit zurück, Joan. Jetzt, da du ich bist, mußt du dich der Gegenwart anpassen. Ich habe dir immer wieder gesagt, daß Joe und ich einander respektierten; jeder ließ dem anderen sein Glück. Was hätte ich noch verlangen können? Ich weiß nicht, ob Joe diesen Jungen nur als Modell wollte, oder ob er auch sonst ein Auge auf ihn hatte, aber – nun, wenn sie mich zu einer Troika mit ihnen eingeladen hätten, dann wäre es mir recht gewesen, für eine Nacht oder zwei. Ich habe immer ältere Männer vorgezogen, aber der Junge war hübsch, und ich hätte es nicht langweilig gefunden.)
(Eunice, du erschreckst mich. Ich glaube, daß Männer in solchen Dingen scheuer sind als Frauen, selbst heutzutage.)
(Männer sind schrecklich scheu, Joan – während wir Frauen es gewöhnlich nicht sind. Wir tun nur so, wenn es von uns erwartet wird. Sieh mal, eine Frau ist ein Bauch mit einer Zeitbombe drinnen, und Frauen wissen es und kommen nie davon weg. Entweder legen sie ihre Scheu ab, oder sie drehen auf
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