Das geschenkte Leben
ich wette, du hast nie in deinem Leben ein Bestechungsmanöver gemacht.) (Nun … nicht mit Geld.) (Siehst du? Heute brauchen wir gebrauchte Banknoten in mittleren Scheinen, aus einer nicht identifizierbaren Quelle. Komm mit, kleine Schnüfflerin, und ich werde dir etwas zeigen, von dem nicht mal meine Sekretärin wußte.)
(Du meinst diesen versteckten Wandsafe in deinem Badezimmer, Boß?) (Eh? Wie, zum Teufel, hast du davon erfahren?) (Ich bin eine Schnüfflerin, sagtest du eben.) (Weißt du vielleicht auch die Kombination?) (Leider nicht.) (Macht nichts; in zwei Minuten wirst du sie wissen. Oder kannst du sie aus meinem Gedächtnis fischen?) (Joan, du solltest inzwischen wissen, daß ich nichts aus deinem Gedächtnis fischen kann, solange du nicht intensiv daran denkst. Und du weißt nicht, was in meinem Gedächtnis ist, bis ich daran denke. Aber – Nun, wenn ich diesen Safe öffnen müßte, würde ich mit den Zahlen anfangen, die den Geburtstag deiner Mutter bezeichnen.)
Joan seufzte. (Ich bin ein armes Mädchen. Nicht mal in meinem eigenen Kopf kann ich etwas geheimhalten. Also laß uns nachsehen, ob wir beraubt worden sind.)
Sie ging ins Bad, sperrte die Tür ab, öffnete den Wandschrank und nahm einen Stapel Handtücher heraus. Dann steckte sie Kopf und Arme in das leere Fach, nahm die Rückwand heraus und legte die Stahltür des kleinen Safes frei. (Du glaubst, das Geburtsdatum meiner Mutter wird ihn öffnen?) (Ich würde zuerst die Höhensonne über dem Massagetisch einschalten.) (Wie ich sagte, ich habe keine Privatsphäre mehr.)
Joan öffnete den Safe. In seinem Innern war genug Geld, um den Buchprüfer einer Bank zu interessieren. Aber die Banderolen waren nicht in einer Bank um die Bündel gelegt worden; sie waren aus gewöhnlichem weißen Papier und mit der Hand beschriftet. (Das ist eine Menge Geld, Joan – und niemand hat den Safe gefunden.) (Nur du, Mata Hari.)
Sie legte Jakes Brief in den Safe, nahm ein paar Banknotenbündel heraus und steckte sie in ihre Handtasche. Dann schloß sie den Safe, schaltete die Höhensonne aus und richtete das Schrankfach ein, wie es gewesen war. Nachdem sie den Wandschrank geschlossen hatte, trat sie zur Sprechanlage und drückte den Schalter.
»O’Neil?«
»Ja, Miss Smith?«
»Ich möchte meinen Wagen, einen Fahrer und beide Beifahrer, in dreißig Minuten.«
Es blieb einen Moment still. »Äh, Miss Smith. Mr. Salomon vergaß offenbar zu erwähnen, daß Sie das Haus verlassen würden.«
»Aus einem guten Grund. Er wußte es nicht. Erwähnte er, daß ich nicht mehr unter Vormundschaft des Gerichts stehe? Und wenn nicht, haben Sie es aus anderer Quelle erfahren?«
»Miss Smith, ich habe es nicht offiziell erfahren.«
»Ich verstehe. Dann erfahren Sie es jetzt von mir. Offiziell.«
»Ja, Miss Smith.«
»Ihre Stimme klingt nicht glücklich, O’Neil. Sie könnten es nachprüfen indem Sie das Sekretariat von Richter MacCampbell anrufen.«
»Ja, natürlich.«
»Werden Sie es tun, O’Neil?«
»Vielleicht habe ich Sie mißverstanden, Miss Smith. Sagten Sie nicht, daß ich es tun sollte?«
»Nehmen Sie dieses Gespräch auf?«
»Selbstverständlich, Miss. Das tue ich immer, bei Befehlen.«
»Ich schlage vor, daß Sie zurückspulen und Ihre eigene Frage beantworten. Ich werde warten. Aber zuerst – wie lange sind Sie jetzt bei mir, O’Neil?«
»Siebzehn Jahre, Miss Smith. Die letzten neun als Ihr Sicherheitschef.«
»Siebzehn Jahre. Hm, nicht genug für das maximale Ruhegehalt, aber doch eine lange Zeit treuer und bedingungsloser Dienste. Sie können noch heute in den Ruhestand treten, wenn Sie wollen, O’Neil, und ich werde Ihnen Ihr volles Gehalt bis zum Jahresende weiterzahlen. Treue Dienste sollten gewürdigt werden. Nun spielen Sie bitte zurück, während ich warte.« Sie wartete.
»Entschuldigen Sie, Miss Smith – es scheint, daß ich eine Hörhilfe brauche. Sie sagten mir nicht, daß ich das Sekretariat des Richters anrufen soll. Sie sagten bloß, daß ich es tun könnte.«
»Das ist richtig. Ich wies Sie auf die Möglichkeit hin, das, was ich Ihnen offiziell gesagt habe, durch einen solchen Anruf nachzuprüfen. Sie können es immer noch tun.«
»Äh … Miss Smith, ich sehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Ich bin überzeugt, daß Sie es sich denken können. Wünschen Sie heute noch in den Ruhestand zu treten? Wenn ja, dann schicken Sie mir Mentarone herauf; ich möchte mit ihm sprechen.«
»Miss, ich habe gar nicht den Wunsch, in den
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