Das geschenkte Leben
Und vier Teller.«
»Oh, wir essen im Wagen, Miss. Das tun wir oft.«
Sie stampfte auf. »Shorty, wenn Sie mich allein essen lassen, werde ich Sie zu Fuß nach Hause gehen lassen. Wessen Idee war das? Finchley? Finchley! Kommen Sie her!«
Wenig später saßen sie alle vier im Gras, zwischen sich die Decke mit dem Picknick. »Jeder greift nach Belieben zu«, erläuterte sie. »Wer nicht ißt, trägt selbst die Schuld an seinem Hungertod. Gibt es hier einen starken Mann, der diese Weinflasche öffnen kann?«
Die Geschicklichkeit, mit der Shorty sie öffnete, gab ihr Anlaß zu dem Verdacht, daß er nicht immer Antialkoholiker gewesen war. Sie füllte ihr Glas und Freds, dann griff sie nach Finchleys. Er sagte: »Bitte, Miss Smith – ich fahre«, und legte seine Hand darüber.
»Geben Sie es mir«, sagte sie. »Ein Schluck zum Anstoßen kann nicht schaden. Und das gilt auch für Sie, Shorty,« Sie füllte beide Gläser zu ungefähr einem Drittel. »Aber zuerst – Shorty, vielleicht sind Sie es gewohnt, vor dem Essen ein Tischgebet zu sprechen?«
Der große Mann blickte erschrocken, faßte sich sofort und sagte mit Würde: »Ich danke Ihnen, Miss Smith.« Er neigte seinen Kopf, die Hände auf den Knien. (Joan! Was soll das?) (Sei friedlich! Om mani padme hum.) (Oh! Om mani padme hum.) (Om mani padme hum.) (Om mani padme hum …)
»Amen!« (Om mani padme hum. Amen.)
»Danke, Shorty. Und nun wollen wir miteinander anstoßen und fröhlich sein und diesen schönen Tag genießen, den ersten wirklichen Tag meiner Freiheit. Lassen wir nicht kalt werden, was warm ist, und nicht warm werden, was kalt ist. Prost!«
Die Gläser klangen aneinander, und sie tranken. Joan griff zu einer Hühnerkeule und begann sie abzunagen, um den Männern die Scheu zu nehmen und ihnen ein Beispiel von ungezwungenen Tischsitten zu geben.
(Weißt du, daß ich schon mit Shorty gegessen habe, Joan?) (Wie sollte ich es wissen?) (Mit ihnen allen sogar. Wenn sie mich spät nach Hause brachten, lud ich sie manchmal zu einem Imbiß ein. Joe hatte nichts dagegen; er mochte sie alle. Einmal versuchte er Shorty sogar zu überreden, ihm für ein Bild Modell zu stehen. Zuerst dachte Shorty, daß Joe sich über ihn lustig machen wollte – wußte nicht, daß Joe selten scherzte, und nie über das Malen. Aber es wurde nie was daraus, weil Shorty zu schamhaft ist. Er war nicht sicher, ob es vielleicht eine Sünde wäre, nackt Modell zu stehen, und dann fürchtete er, ich könnte dazukommen, während er posierte. Nicht, daß ich es getan hätte.) (Auch nicht für einen kurzen Moment, eh? Shorty ist ein Turm von Ebenholz.) (Joan, ich habe dir schon gesagt …)(… daß Nacktheit deiner Generation nichts bedeutet. Es hängt von der Haut ab, nicht? Ich würde unseren schwarzen Riesen gern mal nackt sehen.) (Nun …) (Ja, denk dir etwas aus; ich muß Konversation machen.) »Tom, haben Sie diese Senfgurken für sich reserviert, oder darf ich auch davon haben? Fred, ich tausche diesen dänischen Sandwich gegen noch etwas Wein. Unsere Gläser sollen nicht leer werden. Shorty trinkt nicht, und Tom will nicht, und wenn ich mich beschwipse, will ich Gesellschaft haben. Dies ist meine Freiheitsfeier.«
»Ich habe nichts gegen noch ein Glas, Miss, aber ich darf nicht beschwipst werden, ich bin im Dienst.«
»Sie haben Sondererlaubnis, Fred. Tom und Shorty werden uns nach Hause schaffen, und wenn sie uns tragen müssen. Nicht wahr, Shorty?«
»Wir werden es ganz gewiß versuchen«, sagte Shorty ernst. »Sie können sich auf uns verlassen, Miss Smith.«
»Muß ich bei einem Picknick ›Miss Smith‹ sein? Sie haben Mrs. Branca ›Eunice‹ genannt, nicht? Hat sie zu Ihnen ›Shorty‹ gesagt?«
»Miss, sie nannte mich bei meinem Namen. Hugo.«
»Ziehen Sie den Ihrem Spitznamen vor?«
»Es ist der Name, den meine Eltern mir gaben, Miss.«
»Ich habe verstanden, Hugo; in Zukunft werde ich daran denken. Nun, wie ich sagte, bei einer Gelegenheit wie dieser möchte ich nicht ›Miss Smith‹ genannt werden. Nennen Sie mich ›Miss Joan‹, das ist mein neuer Vorname, abgeleitet von ›Johann‹. Wie gefällt er Ihnen?«
»Oh, gut«, sagte Finchley kauend.
»Darauf trinken wir. Fred, ist noch etwas in der Flasche? Nicht genug. Hugo, machen Sie noch eine auf, ja?«
»Gern, Miss Joan. Fred, gib mir die Flasche.« Er öffnete sie, und Joan überredete ihn und Finchley zu einem weiteren halben Glas. Sie aßen und tranken, und die Stimmung wurde ungezwungener, als Joan,
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