Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
ein Halbtagsjob. Seine ›Reise zum Mittelpunkt der Erde‹-Ausstellung ist offensichtlich ein großer Erfolg. Die ersten Erhebungen zeigen, dass sie, was die Beliebtheit bei unseren Besuchern angeht, gleich hinter den Dinosauriern und unserer Ägyptenabteilung kommt. Sie wird wahrscheinlich genug Extraeinnahmen einbringen, dass wir damit seinen Lohn zahlen können. Er macht sich für uns also durchaus bezahlt.«
»Ich bin mir sicher, dass du ihn nicht eingestellt hättest, wenn er nicht gut in seinem Job wäre«, sagte David. »Ich weiß ja auch, dass du mich nicht einfach deshalb genommen hast, weil ich ein Freund bin.«
»Ich weiß. Es ist nur …« Sie zuckte mit den Achseln.
»Nur was?«
»Nichts. Ich muss mich jetzt wieder diesen Knochen hier widmen.«
»Jin und ich gehen nachher zum Mittagessen ins Restaurant hinunter; bist du hungrig?«
»Danke. Im Kühlschrank meines Museumsbüros steht noch Joghurt. Ich glaube, im Moment kriege ich nicht viel mehr runter.«
»Hör mal. Ich bringe dich heute Abend heim. Kommt Frank wenigstens heute Abend vorbei?«
»Nein. Er ist immer noch in Atlanta und arbeitet dort an einem Fall.«
David machte sich zum Gehen fertig. »Ich werde morgen früh mit meinen Ermittlungen über Lymon beginnen. Ich weiß, dass Garnetts Leute gerade Mikes Mitstudenten in der Geologiefakultät befragen. Vielleicht sind sie dabei schon auf etwas gestoßen. Ich werde es ihnen schon aus der Nase ziehen.«
»Danke, David.«
»Keine Ursache.« Er ging zur Tür und drehte sich dann um, als ob er noch etwas sagen wollte. Schließlich sagte er nur: »Ich lasse es dich wissen, wenn ich etwas herausfinde.«
Diane konzentrierte sich wieder auf die Knochen auf dem Metalltisch und zwang sich, an nichts anderes mehr zu denken. Durch die Sachen, die er bei seinem Tode bei sich gehabt hatte, wussten sie schon eine ganze Menge über den Höhlentoten. Sie wussten nur nicht, wer er war und warum er nicht gerettet wurde, Fragen, die ihr nicht mehr aus dem Kopf gingen.
Sie nahm den Schädel in die Hand und fuhr mit den Fingern am Stirnbein entlang. Der Höhlentote hatte eine zierliche Stirn. Dies fiel ihr jetzt noch mehr auf als zu dem Zeitpunkt, als sie in der Höhle noch mit getrocknetem Fleisch bedeckt war. Wenn Diane nur sein Stirnbein gehabt hätte, hätte sie angenommen, dass es zu einer Frau gehörte.
Sie hob jetzt den Unterkiefer auf, passte ihn an den Schädel an und betrachtete das Gesicht. Auf den ersten Blick wirkte das Ganze wie ein weiblicher Schädel. Auch sein Kinn war rund wie das einer Frau. Dies war allerdings nicht so ungewöhnlich. Nicht jeder Mann hatte einen betonten Augenbrauenwulst oder ein eckiges Kinn. Aber beim Höhlentoten wiesen andere Kennzeichen wie die Form des Jochbeinfortsatzes oder Warzenfortsatzes auf einen Mann hin.
Sie fuhr mit dem Finger an seinen Zähnen entlang und zählte sie. Das Zahnschema eines erwachsenen Menschen war zwei, eins, zwei, drei. Zwei Schneidezähne, ein Eckzahn, zwei Prämolare oder vordere Backenzähne und drei Molare oder Backenzähne. Dies war die Anzahl der oberen und unteren Zähne auf einer Seite, was eine Gesamtzahl von 32 Zähnen ergab. Die dritten Molare – Weisheitszähne – des Höhlentoten waren noch nicht durchgebrochen, was bedeutete, dass er wahrscheinlich nicht mal 25 Jahre alt geworden war.
Seine Zähne waren ungleichmäßig, die Schneidezähne leicht verdreht und die Backenzähne standen zu eng zusammen. Wären die Weisheitszähne durchgebrochen, hätten sie nur sehr wenig Platz gehabt. Der Höhlentote hatte vierzehn Goldfüllungen.
Diane legte den Unterkiefer zurück auf den Tisch, vermaß mit ihrer Schieblehre alle kraniometrischen Punkte des Gesichtes und trug sie danach in ihr Messblatt ein. Ihr Magen knurrte, als sie danach den Schädel zurück auf seinen Haltering legte. Auch in ihrem Arm begann es plötzlich wieder zu pochen.
Sie legte die Schieblehren auf den Tisch. Joghurt würde jetzt nicht mehr genügen. Sie rief das Museumsrestaurant an und bat, ihr ein Truthahnsandwich, Kartoffelchips und eine Dr.-Pepper-Limonade in ihr Museumsbüro zu bringen. Sie zog den Laborkittel aus und ging ins Erdgeschoss hinunter. Das Museum war voller Besucher, die eine Menge Lärm machten. Sie mochte das. Sie hielt vor dem Dinosaurier-Saal an und beobachtete eine Gruppe von Kindern, die gerade vor dem Brachiosaurus fotografiert wurde. Sie lächelte und ging quer durch das Museum in ihr Büro. Als sie dort ankam, hatte das
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