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Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines

Titel: Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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nebelhafte, bruchstückhafte Erinnerungen. Er meinte sich zu erinnern, Angst gehabt zu haben – nicht seinetwegen, sondern wegen jemand anderem.
    »Von unserem Personal würde niemand Ihrer Mutter jemals etwas antun, Alex, weder ihr noch sonst einem Patienten. Alle hier haben sich der Pflege kranker Menschen verschrieben.«
    Der Mann blätterte abermals in den Unterlagen auf seinem Klemmbrett. »Angesichts der Krankengeschichte Ihrer Mutter kam Ihr Gewaltausbruch nicht völlig überraschend, fürchte ich.« Er seufzte. »Diese Form der Psychose kommt in Familien häufiger vor. In Ihrem Fall führt sie offenbar zu gewalttätigem aggressivem Verhalten.«
    Alex schaffte es, seinen Rücken einige Zentimeter von der Lehne zu lösen. »Was ist mit …«

    Das alte Bett quietschte, als Dr. Hoffmann sich dagegen lehnte. Die Hände vor dem Klemmbrett verschränkt betrachtete er Alex von oben herab.
    »Tut mir leid, Alex, ich verstehe Ihre Frage nicht.«
    »Jemand …«
    »Jemand? Wen meinen Sie?«
    Alex wusste es nicht.
    »Ihre Mutter? Ist sie es, nach der Sie sich erkundigen? Helen geht es gut. Verständlicherweise hat ihr die Geschichte einen Schrecken eingejagt, aber es geht ihr gut. Ich habe sie vorhin noch gesehen. Sie schläft ganz friedlich. Ich glaube nicht, dass sie sich überhaupt an den Vorfall erinnert.«
    Alex wollte etwas erwidern, konnte aber nicht. Er spürte den Speichel wieder an seinem Kinn herabrinnen.
    »So, bevor ich gehe, geben Sie mir noch Ihren Arm. Wir wollen doch dafür sorgen, dass Sie zurechtkommen.«
    Er zog Alex’ Arm zu sich heran und wickelte eine schwarze Blutdruckmessmanschette darum. Anschließend drückte er ihm das Stethoskop in die Armbeuge und pumpte den Gummibalg mit der anderen Hand auf. Konzentriert verharrte er einen Moment regungslos und beobachtete die Anzeige, dann drehte er am Knopf, um die überschüssige Luft abzulassen.
    »Ein bisschen niedrig«, meinte er, während er etwas ins Krankenblatt eintrug, »aber das ist bei Thorazin zu erwarten. Wir werden das im Auge behalten müssen. Wie gesagt, mit der Zeit werden Sie sich an das Medikament gewöhnen.«
    »Mit der Zeit?«
    Er sah vom Krankenblatt auf. »Ich fürchte, Alex, Sie hatten einen ausgewachsenen psychotischen Schub, der ein entschiedenes Eingreifen erforderlich macht. Angesichts des Vorfalls und Ihrer Familiengeschichte …« Er blickte auf das Krankenblatt
und las einen Moment. »Tatsächlich war Ihre Mutter im selben Alter von siebenundzwanzig Jahren, als sich ihre psychotischen Symptome zum ersten Mal zeigten.«
    Dunkel war sich Alex seiner nahezu lebenslangen Angst bewusst, einmal so zu enden wie seine Mutter.
    »Nun«, meinte Dr. Hoffmann schließlich mit einem Seufzen, »hoffen wir das Beste. Bei entsprechend ausgewogener Medikation müssen Patienten wie Sie nicht zwangsläufig mit den Selbsttäuschungen und dem Wahn einer solchen Krankheit leben.
    Aber ein Weilchen werden Sie schon hierbleiben müssen, fürchte ich.«
    »Weilchen?«, murmelte Alex.
    »Angesichts der Gewalttätigkeit Ihres Ausbruchs ist nicht auszuschließen, dass man Anzeige gegen Sie erstatten wird.«
    Der Arzt tätschelte Alex’ Knie. »Aber im Augenblick möchte ich nicht, dass Sie sich deswegen den Kopf zerbrechen.« Er lächelte. »Sollte es tatsächlich dazu kommen, werden wir das Gericht bitten, Sie hier unter unserer Aufsicht eingesperrt zu lassen. Das Gefängnis wäre kaum eine geeignete Umgebung für jemanden mit einer ernsthaften psychischen Störung. Ich fürchte, es könnte erforderlich sein, Sie hier auf unbestimmte Zeit einzuweisen – natürlich nur zu Ihrer eigenen Sicherheit.«
    Alex war unfähig, eine Erwiderung vorzubringen. Trotzdem verspürte er, irgendwo tief in seinem Innern, ein vages Gefühl von Beunruhigung.
    Ohne Alex einen Moment aus den Augen zu lassen, drückte der Arzt mit dem Daumen auf den Knopf seines Kugelschreibers und schob ihn in die Tasche seines Kittels.
    »Sobald Sie sich an Ihre Medikamente gewöhnt haben und diese Sie ruhig gestellt haben, werden wir uns eingehender über diese Dinge unterhalten. Ich werde Sie nach den Gedanken befragen,
die Sie offenbar beherrschen und Sie zwingen, derartige Dinge zu tun.«
    An der Tür klopfte es leise. Jemand mit einem Tablett steckte den Kopf herein. »Störe ich, Doktor? Es ist Zeit für seine Medikamente.«
    »Nein, nein. Kommen Sie nur herein. Für heute sind wir fertig.«
    Eine Frau in Weiß trat ganz nah zu ihm hin. Sie hielt das Tablett von sich fort, so

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