Das Gesetz der Vampire
vernichtet werden. Wir haben den Mutanten immer wieder gesagt, dass sie zur Ernährung nur solche Tiere wählen dürfen, die klein genug sind, um von ihnen komplett ausgesaugt zu werden. Oder dass sie größere Tiere auf keinen Fall am Leben lassen dürfen, nachdem sie satt sind.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Mehrheit hat sich nicht daran gehalten, also mussten wir sie vernichten. Jetzt leben nur noch Wenige von ihnen, und die halten sich streng an die Vorschriften. Außerdem werden die von uns ständig überwacht.«
Ashton starrte ihn misstrauisch an. »Ich soll jetzt ernsthaft glauben, dass Vampire eine interne Polizei haben«, spottete er.
Gwynal nickte. »Die Wächter . Sie sind Polizei und Vollstrecker in einem. Sie sind unsere Elite und speziell für diese Aufgabe ausgebildet.«
Ashton schnaufte verächtlich. »Wieso haben sie dann nicht Cronos das Handwerk gelegt, bevor er meine Frau umgebracht hat?«
Gwynal blickte ihn eindringlich an. »Was genau hast du denn damals gesehen, Ashton?«
»Ich habe Cronos gesehen, wie er über die Leiche meiner Frau gebeugt war und das Messer noch in seiner Hand hielt!«
»Und du hast dich nie eben darüber gewundert? Noch dazu wo deine Frau nicht durch einen Messerstich gestorben ist. Hast du auch Blut in Cronos’ Gesicht gesehen? An seinem Mund?«
»Was soll die Frage?«
Gwynal zuckte mit den Schultern. »Ich versuche gerade dir zu helfen, die Wahrheit zu erkennen. Cronos war nicht nur selbst ein Wächter und einer unserer Ältesten, er war auch einer von denen, die unsere Gesetze gemacht haben. Er hätte sich niemals an einem Menschen vergriffen. Er hat sich sogar standhaft geweigert, Rebecca zu einer Vampirin zu machen, obwohl er sie liebte und sie ihn ständig bedrängt hat, sie zu verwandeln.« Er sah Ashton eindringlich an. »Erinnere dich, Ashton. War da nicht ein merkwürdiger Staub neben deiner toten Frau?«
»Ja, doch.« Staub, von dem er heute wusste, dass es die Überreste eines toten Vampirs waren. Er erinnerte sich jetzt noch an etwas anderes, das er seit damals vergessen hatte, und zwar Cronos’ Worte voll aufrichtigen Bedauerns: » Es tut mir leid!«
»Der Staub stammte von dem Vampir, der deine Frau getötet hatte. Cronos hat sie untersucht, um zu sehen, ob ihr Leben noch gerettet werden kann. Genau in dem Moment kamst du herein. Da du nur Cronos gesehen hast und den Staub damals nicht als das erkennen konntest, was er war, hast du Cronos für ihren Mörder gehalten.«
Ashton hatte die Szene noch so deutlich vor Augen, als wäre es erst gestern passiert. So ungern er das auch zugeben mochte, aber an Cronos’ Lippen war tatsächlich kein Blut gewesen. Außerdem bewies der Staub eindeutig, dass da noch ein zweiter Vampir gewesen sein musste.
»Ich glaube dir kein Wort!«, fuhr er Gwynal dennoch an. »Viel wahrscheinlicher ist doch, dass Cronos einen Nahrungskonkurrenten vernichtet hat, um sein Opfer ganz für sich allein zu haben!« So hatte er es jedenfalls bei PROTECTOR gelernt.
Gwynal schüttelte seufzend den Kopf. »Oh, Ashton, du bist ein wahrhaft schwieriger Fall. Denk doch mal logisch. Es gibt weltweit noch nicht einmal eine Million Vampire, aber fast sieben Milliarden Menschen. Selbst wenn wir uns von Menschen ernährten, hätten wir bei dem Überangebot doch keinen Grund, uns um einen einzigen Menschen zu streiten.«
Das klang in der Tat logisch. Ungewollt schob sich eine andere Erinnerung in Ashtons Gedächtnis. Als er Cronos in New Orleans aufgespürt hatte, hatte er gesehen, wie er eine Vampirin tötete, die sich an einem Menschen verging. Damals war er davon ausgegangen, dass Cronos eine Nahrungskonkurrentin beseitigt hatte. Doch der hatte den jungen Mann, der ihr Opfer war, nicht angerührt. Damit ergab die Sache mit der Konkurrenz tatsächlich keinen Sinn mehr.
Ihm wurde für einen Moment schwindelig. Hatte er die ganze Zeit den Falschen verfolgt und am Ende tatsächlich einen Unschuldigen vernichtet? Oder erlag er gerade Gwynals Manipulation? Versuchte der, ihm Sand in die Augen zu streuen, um irgendein gemeines Spiel mit ihm zu treiben? Vampirgesetze und eine Vampirpolizei erschienen ihm absolut unglaubwürdig, obwohl Gwynals Behauptungen sich durchaus mit Ashtons Beobachtungen deckten. Er begriff mit einem Mal, wie wenig er tatsächlich über die Wesen wusste, die er seit über zehn Jahren erbarmungslos jagte.
»Woher willst du das alles wissen?«, fragte er misstrauisch.
»Ich war dabei. Cronos und ich, wir waren
Weitere Kostenlose Bücher