Das Gesetz der Vampire
Menschlichkeit mit der Antwort zusammenhängt, ob es ein Heilmittel gibt oder nicht.«
Gwynal nickte. »Lass uns die Sache einmal anders angehen, Ashton. War es menschlich von dir, wahllos unzählige unschuldige Vampire zu ermorden?«
Ashton sprang auf, ballte die Fäuste und musste sich beherrschen, um Gwynal nicht an die Kehle zu gehen. »Es gibt keine unschuldigen Vampire!«, brüllte er ihn an. »Cronos hat meine Frau ermordet!«
»Bist du dir sicher?«, fragte Gwynal vollkommen ruhig.
»Absolut!«, fauchte Ashton hasserfüllt.
»Nun, du irrst dich«, widersprach ihm der alte Vampir gelassen. »Setz dich hin und hör mir zu.«
Ashton funkelte ihn noch einige Sekunden lang an, ehe er sich der zwingenden Kraft im Blick des Alten beugte und sich widerstrebend in den Sessel setzte. »Ich höre. Aber glauben Sie nicht, Sie könnten mich mit Ihren Lügen einwickeln. Ich bin immun gegen eure Hypnose.«
Gwynal ignorierte die Anschuldigung. »Wir Vampire sind eine sehr alte Rasse. Und wir können nichts dafür, dass wir sind, was wir sind. Ebenso wenig, wie ein Mensch etwas dafür kann, dass er als Mensch zur Welt kam. Wir vermuten, dass unsere Art ursprünglich durch eine Genmutation entstanden ist. Niemand weiß es mehr genau. Die ersten Vampire tauchten vor ungefähr 8000 Jahren auf.«
Das hörte Ashton zum ersten Mal. »Du meinst, ihr seid auf natürliche Weise entstanden?«, fragte er und ging unbewusst zum Du über.
Gwynal nickte. »Es gibt drei Arten von Vampiren. Die einen sind die geborenen Vampire, jene, die durch natürliche Fortpflanzung entstanden sind und von den Uralten abstammen.«
»Ihr könnt euch fortpflanzen?« Ashton war allein von der Vorstellung entsetzt. »Kinder bekommen? Wie Menschen?«
»Natürlich. Was dachtest du denn? Dass wir unsere Art erhalten, indem wir Menschen verwandeln? Nein, wir pflanzen uns ganz natürlich fort, wenn wir wollen. Aber die Wenigsten von uns entscheiden sich dafür, ein Kind in diese Welt zu setzen. Die zweite Art Vampire sind solche wie du, die durch das Trinken von Vampirblut verwandelt wurden. Einen Menschen absichtlich zu verwandeln ist nach unseren Gesetzen allerdings strengstens verboten.«
»Ihr habt Gesetze?«, höhnte Ashton »Ja, klar doch, und ich bin der Papst!«
Gwynal neigte zustimmend den Kopf. »Die haben wir. Und wir sorgen streng für ihre Einhaltung.«
Ashton schnaufte verächtlich. »Es scheinen sich aber nicht alle daran zu halten.«
»Leider nicht. Wie sich auch nicht alle Menschen an die herrschenden menschlichen Gesetze halten und sie brechen. Aber genau wie die Menschen verfolgen auch wir unnachsichtig die Gesetzesbrecher, weil sie uns alle in Gefahr bringen. Deshalb vernichten wir sie.«
Das glaubte Ashton noch viel weniger, doch er verkniff sich eine diesbezügliche Bemerkung.
»Die dritte Art Vampir ist eine weitere Mutation und inzwischen fast ausgestorben. Sie haben das Verwandlungs-Gen nicht nur in ihrem Blut, sondern auch in ihrem Speichel. Das hat zur Folge, dass jedes Lebewesen, das von ihnen gebissen und nicht getötet wird, durch den mutierten Speichel, der durch die Bisswunde in ihren Blutkreislauf gerät, ebenfalls zum Vampir wird, und zwar nicht nur Menschen, sondern auch Tiere. Das ist der Grund, weshalb wir die meisten von ihnen töten mussten.«
»Das verstehe ich nicht.« Ashton nahm zwar nicht an, dass Gwynal ihm die Wahrheit sagte; viel wahrscheinlicher war, dass er ihm Märchen erzählte, um ihn damit zu manipulieren. Doch wenn er eine Antwort auf seine Frage nach dem Heilmittel bekommen wollte, musste er wohl oder übel weiter zuhören. Außerdem befand sich unter Gwynals Propaganda vielleicht noch die eine oder andere nützliche Information.
»Selbst wenn diese Vampire sich ausschließlich von Tieren ernähren«, fuhr der Alte fort, »so können sie doch nicht mehr als zwei, höchstens drei Liter Blut auf einmal in ihren Magen bekommen. Falls sie sich aber bei ihrer Ernährung nicht auf Kleintiere beschränken oder im Rudel jagen, bleibt immer noch eine gewisse Menge Blut im Körper des Opfers, das das mutierte Gen aufnimmt und sich dadurch verwandelt. Nun stell dir mal einen Hund vor, der auf diese Weise zum Vampir wurde. Oder eine Kuh. Eine Ziege ...«
Ashton erschauerte unwillkürlich bei der grauenhaften Vorstellung. »Ich habe nie von solchen Fällen gehört«, wandte er ein.
»Natürlich nicht«, bestätigte Gwynal, »weil unsere interne Polizeitruppe dafür sorgt, dass sie vollständig
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