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Das Gesetz der Vampire

Das Gesetz der Vampire

Titel: Das Gesetz der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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Gedanken, sich ihnen zu stellen und ihnen alles zu erklären, doch er konnte sich unschwer ihre Reaktion darauf ausmalen. Wie hatte Gwynal es doch ironisch, aber überaus treffend ausgedrückt: Er würde nicht weiter kommen als bis »Hallo Leute!«, bevor sie ihn getötet hätten. Für sie war er jetzt ein Feind wie jeder andere Vampir. Und für etliche Vampire – Stevie Price eingeschlossen – war er ein abscheulicher Mörder, den sie am liebsten tot sehen wollten.
    Ashton war kein Mensch mehr, aber er fühlte sich auch nicht als Vampir. Er gehörte nirgendwo mehr hin. Und er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie es jetzt weitergehen sollte.

4

    »Als Erstes musst du lernen, deine hypersensiblen Sinne zu beherrschen«, eröffnete ihm Stevie, als sie ihn am nächsten Abend weckte. »Es ist in erster Linie die Überreaktion auf äußere Reize, die ein Mensch kaum bemerkt, die am Anfang die neuen Vampire verrät. Wie wir dem entgegenwirken zeige ich dir, sobald wir gegessen haben.«
    Sie reichte ihm Blut in einer Weinflasche mit einem exklusiven Label und eine »Fleischpastete« von einem Restaurant namens »Good Old Days«, deren Hauptbestandteil Blut war. Ashton konnte es durch die Verpackung hindurch deutlich riechen und bekam augenblicklich Hunger. Er stellte fest, dass er fast vierzehn Stunden geschlafen hatte. Stevie musste schon länger wach sein und hatte in der Zwischenzeit Essen besorgt. Sie setzte sich an den Tisch in der Küche und begann wortlos mit ihrer Mahlzeit.
    Ashton stand auf und ging ins Bad, um sich frisch zu machen. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihm, dass er sehr viel besser aussah als beim letzten Mal, als er in einen Spiegel gesehen hatte. Er musste zugeben, dass er sich auch viel besser fühlte und wurde wieder einmal vom Schuldgefühl gepackt, weil er das der Tatsache verdankte, dass er Blut getrunken hatte. Wenn er daran dachte, mit welcher Gier er es gestern in sich hinein geschüttet hatte, empfand er einen profunden Ekel vor sich selbst.
    Doch da er Gwynal sein Wort gegeben hatte, neunzig Tage lang ein Vampir zu bleiben und sich entsprechend zu ernähren, musste er sich wohl oder übel daran gewöhnen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass auch diese neunzig Tage in absehbarer Zeit vorüber sein würden, obwohl neunzig Tage – nur noch neunundachtzig – eine verdammt lange Zeit sein konnten.
    Er kehrte zu Stevie zurück, die ihre Blutpastete gerade mit dem Blut aus der Flasche hinunterspülte. Sie reichte diese an Ashton weiter, nachdem er sich zu ihr an den Tisch gesetzt hatte und ließ ihn in Ruhe frühstücken, während sie ins Schlafzimmer ging und dort aufräumte.
    Ashtons Ohren wurden schmerzhaft von Geräuschen überflutet. Er hörte nahezu alles aus den angrenzenden Wohnungen, die Unterhaltung der Leute, das Fernsehprogramm, die Musikanlage, den Streit der Nachbarn eine Etage tiefer und den Sex des Paares schräg über Stevies Wohnung. Es irritierte ihn und ging ihm auf die Nerven. Er konnte diesen verstörenden Lärm und anderen Wahrnehmungen nur eindämmen, wenn er sich auf etwas anderes konzentrierte. Sobald er darin allerdings nachließ, kehrten die Reize mit Macht zurück. Ja, es wurde höchste Zeit, dass er lernte sie auszublenden.
    Stevie gesellte sich zu ihm, als er seine Mahlzeit beendet hatte und sein benutztes Geschirr abspülte.
    »Wie viel schulde ich dir für das Essen?«, wollte er wissen.
    Sie blickte ihn mit finster gerunzelter Stirn an. »Ich schreibe dir eine Rechnung, bevor du wieder verschwindest«, versprach sie ihm bissig.
    Ashton spürte ihre Abneigung beinahe so deutlich wie eine Ohrfeige. »Stevie, falls ich gerade etwas Falsches gesagt haben sollte, so bitte ich um Entschuldigung. Ich kann nur als mildernden Umstand anführen, dass ich mich mit den Sitten und Gebräuchen von Vampiren noch nicht auskenne.«
    Stevie glättete ihre Stirn wieder. »Ich muss mich entschuldigen«, korrigierte sie ihn. «Ich hätte meinen Frust nicht derart an dir auslassen sollen. Du schuldest mir nichts. Solche Unterstützungen sind unter uns selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich gehen wir natürlich davon aus, dass der so Unterstützte sich irgendwann mal revanchiert im Rahmen seiner Möglichkeiten. Und sei es nur dadurch, dass er eines Tages einem anderen Mitglied der Gemeinschaft denselben Dienst erweist. Konkret: Du kannst mich morgen zum Frühstück einladen oder bevor du eines Tages verschwindest, diskret eine Spende in beliebiger Höhe

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