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Das Gesetz der Vampire

Das Gesetz der Vampire

Titel: Das Gesetz der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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dich, Ashton«, sagte sie ernst, »aufrichtig leid. Glaube mir, ich weiß genau, wie du dich gerade fühlst. Mir ging es nach meiner Verwandlung ebenso. Die ersten Wochen und Monate sind deshalb so schwierig, weil das ganze bisherige Leben in Trümmern liegt. Manche können, so wie du, nicht einmal mehr in ihre Wohnung zurück.« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist, als wäre man entführt und in eine völlig fremde Welt verschleppt worden, in der nichts so ist, wie man es noch ein paar Stunden zuvor gekannt hat. Man kann die alte Welt zwar noch sehen, ist aber wie durch eine undurchdringliche Glaswand von ihr abgeschnitten.«
    Das war eine überaus treffende Beschreibung, wie Ashton fand. Wie dem auch war, die Begegnung mit Harry und den anderen hatte ihn in seinem Entschluss bestärkt, nach Ablauf der neunzig Tage Schluss zu machen. Doch bis dahin ...
    »Ich sollte tatsächlich aus der Stadt verschwinden, Stevie. Solange die Jäger glauben, dass ich noch hier bin, werden sie ebenfalls bleiben und nach mir suchen.«
    »Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen.« Ihre Stimme klang beinahe sanft. »Wir passen alle gemeinsam auf, dass sie dich nicht erwischen. Gerade wir Wächter haben mehr als eine Möglichkeit, sie höchst wirksam von dir und deiner Spur abzulenken, wenn es notwendig sein sollte. Du bist vor ihnen sicher.«
    Obwohl ihre Worte wahrscheinlich nicht zu seinem Trost gedacht waren, da Stevie ihn ja verabscheute, berührten sie ihn gerade deshalb. Die meisten Vampire betrachteten ihn wohl – völlig unabhängig von seinen früheren Taten gegen sie – als einen der Ihren und schützten ihn ganz selbstverständlich. Moralisch war er verpflichtet, dasselbe für sie zu tun. Das allerdings bedeutete, dass er die Jäger tatsächlich in gewisser Weise verraten musste, was sich nicht mit seiner moralischen Verpflichtung ihnen gegenüber – ganz zu schweigen seiner Freundschaft zu Harry Quinn – vereinbaren ließ. Was für ein beschissenes Dilemma!
    »Ich dachte dabei auch nicht an mich«, korrigierte er Stevie, »sondern an die Gefahr, die sie für euch darstellen. Solange sie mich suchen, könnten sie nur allzu leicht über die anderen stolpern.« Es gefiel ihm ganz und gar nicht, mit Stevie über die internen Praktiken der Jäger zu sprechen. Doch er hatte schon genug angerichtet. Auch noch indirekt die Verantwortung dafür zu tragen, falls Harry und die anderen hier in Baltimore einen oder gar mehrere Vampire töteten, weil er die Wesen, die ihn vor den Jägern beschützten, nicht gewarnt hatte, wäre mehr, als er ertragen könnte. Trotzdem blieb es eine Form von Verrat, was einen sehr schalen Geschmack in seinem Mund hinterließ.
    »Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Vampire früher oder später in der Nacht eine Bar oder einen Nachtclub aufsuchen oder eine Disko, die die Nacht hindurch geöffnet hat«, offenbarte er Stevie widerstrebend. »Deshalb werden die vier systematisch alle einschlägigen Etablissements abklappern. Wenn mich nicht alles täuscht, liegt doch das Blue Moon nur einen Block von hier entfernt.«
    Stevie griff unverzüglich zu ihrem Handy und tippte eine Nummer ein. »Mike«, sagte sie gleich darauf, und Ashton erkannte, dass sie mit dem Barkeeper des Blue Moon sprach, »Jäger sind im Anmarsch. Lass dich von einem Menschen ablösen und schick unsere Leute nach Hause. Ihr habt nur noch ein paar Minuten, bevor sie da sind.«
    Ashton hörte noch Mikes Bestätigung, ehe sie die Verbindung wieder unterbrach. »Gehen wir zurück«, entschied sie. »Aber vorher bringe ich dir noch bei, wie das mit dem Fliegen funktioniert, denn das ist wirklich ganz einfach.«
    Danach stand Ashton zwar überhaupt nicht der Sinn, aber er stimmte zu. Das Lernen lenkte ihn wenigstens für einen Moment von der Erkenntnis ab, dass er sich soeben auf die Seite der Vampire geschlagen und gegen die Jäger gearbeitet hatte. In Anbetracht dessen kamen ihm die neunundachtzig Tage – Nächte –, die er noch gezwungen war zu leben, beinahe wie eine Unendlichkeit vor.

    ***

    Stevie blickte auf Ashton Ryders schlafende Gestalt und versuchte vergeblich, ihre aufgewühlten Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Was sie vorhin empfunden hatte, als sie beide in Meditation versunken waren, konnte – nein, durfte nicht sein. Ihr Verstand sagte ihr zwar, dass der Ring der Gerechtigkeit Ashton niemals freigesprochen hätte, wenn er nicht tatsächlich nach dem Gesetz der Vampire durch und durch unschuldig

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