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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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langsam und mit einem unangenehmen Kribbeln in der Magengegend, das bereits vorwegnahm, was sie gleich sehen würde, nach oben. Und richtig: Die Glühbirne, die Clara gestern im Beisein der Hausmeisterin eigenhändig ausgewechselt hatte, war wieder kaputt. Offenbar hatte sie jemand erneut zerschlagen. Lediglich ein paar spitze, nadelscharfe Zacken ragten noch aus der Fassung heraus. Der Rest lag in dünnen Scherben unter den Absätzen ihrer Stiefel. Clara begann zu frösteln. Sie stellte das Eis auf den Boden, vorsichtig darauf bedacht, es nicht in die Scherben zu legen, und kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüsselbund. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich sie, während sie die Tür aufsperrte und mit ihren Sachen nach oben ging. Er war wieder da gewesen. Sie wusste genau, dass die Lampe heute Morgen, als sie aus dem Haus gegangen war, noch intakt gewesen war. Sie hatte hinaufgesehen, dieser Blick war ihr schon fast zur ängstlichen Routine geworden, seit sie das erste Mal im Dunkeln nach Hause gekommen war und er im Hinterhof stumm auf sie gewartet hatte. Also musste er gekommen sein, als sie nicht da war. Nur um ein weiteres Mal die Glühbirne zu zerschlagen? Wohl kaum. Clara glaubte keine Sekunde daran, dass das ein Zufall war. Er hatte bisher jeden ihrer Schritte überwacht, war ihr in die Pizzeria, in die U-Bahn, ins Gefängnis gefolgt. Das bedeutete, dass er den Zeitpunkt hierherzukommen gezielt gewählt hatte, dass er beobachtet hatte, wie sie weggefahren war, und dass ihm etwas anderes wichtiger gewesen war, als ihr zu folgen. Aber was? Das Einzige, das ihr nach kurzem Nachdenken einfiel, veranlasste sie, so schnell sie konnte die Treppe zu ihrer Wohnung hinaufzuhetzen, immer zwei Stufen auf einmal. »Bitte, bitte nicht!«, flüsterte sie krampfhaft, wie eine Beschwörungsformel, bei jedem Atemzug. Vor der Wohnungstür ließ sie Eis und Tasche achtlos zu Boden fallen und steckte den Schlüssel ins Schloss. Die Tür war nicht abgesperrt, sondern nur zugezogen. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen, als ihr einfiel, dass sie selbst heute Morgen vergessen hatte, sie abzusperren. Es war ein Leichtes, sie ohne Schlüssel aufzubekommen. Clara selbst hatte sie schon öfters mit einem Draht aufgemacht, immer wenn sie oder Sean die Schlüssel vergessen hatten. Als kein Tapsen hinter der Tür und kein fröhliches Wuff ertönte, versuchte sie sich dennoch einzureden, Elise schliefe lediglich wieder einmal verbotenerweise in ihrem Bett, aus Rache dafür, dass sie nicht mitgedurft hatte, und Clara höre sie deshalb nicht. Doch es war ein vergebliches Bemühen. Noch während sie die Tür aufstieß und laut nach ihrer Dogge rief, wusste sie, dass keine Antwort kommen würde. Dennoch rief sie immer weiter ihren Namen, immer lauter, hysterisch, mit zitternder Stimme, während sie in jedes Zimmer ging, immer in der Angst, Elises leblosen Körper dort liegen zu sehen. Doch es gab nichts. Die Zimmer waren leer, still und unberührt. Elise war fort.
     

KALABRIEN
    Tu non si omu, si na pezza e nenti
Carne venduta i carogna infamanti
E tu non si degnu di campari … 
Du bist kein Mann, du bist ein Nichts
Verkauftes Fleisch, Leiche eines Schandhaften
Und du bist es nicht wert zu leben …  
 
    Aus: »Omertà, Onuri e Sangu; Il Canto di Malavita«
Traditionelle Lieder der kalabresischen Mafia
     
    Mimmo Battaglia hatte endlich einen Freund gefunden. Obwohl, anfangs hatte es gar nicht so ausgesehen. Zunächst war ihm das Geschenk, das er von Orazio Sant’Angelo erhalten hatte, wie ein Feind erschienen. Als Mimmo an jenem Tag den Laden des Barbiere Salvatore verließ, drückte der Revolver schwer auf seinen weichen Bauch und scheuerte an dem Innenfutter der Jacke, die er sich hastig übergeworfen hatte, damit niemand die Waffe in seinem Hosenbund bemerkte. Als er zuhause die Waffe herauszog und auf den Küchentisch legte, war sein Hemd feucht von Schweiß. Er zog es aus und warf es achtlos auf den Boden. Vor ihm auf dem Tisch lag der Revolver der weißen Katze, glänzend und gefährlich. Mimmo nahm ihn in die Hand, vorsichtig, wie ein unbekanntes Tier. Er war schwer und warm von der Hitze seines eigenen Köpers. Schaudernd legte er ihn auf den Tisch zurück und verfluchte den Tag, an dem sie ihn das erste Mal angerufen hatten. Warum nur hatten sie ausgerechnet ihn auswählen müssen? Warum musste er derjenige sein, der seinen Freund verriet? Und jetzt sollte er ein zweites Mal zum Mörder werden. Sollte einen jungen Mann, ein

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