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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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schwer greifbare Bedrohung, der sie sich ausgesetzt fühlte, ernst nehmen würde. Aber ihre geheimen Bedenken, die sie in vernünftigen Momenten immer noch als überzogen abtun konnte, so deutlich und klar ausgesprochen zu hören, machten sie plötzlich unverrückbar zur Realität. Zu einer äußerst erschreckenden Realität. Sie schluckte. Und dann, plötzlich, schlich sich etwas in ihren Kopf, etwas Unwillkommenes, etwas Böses, eine Gedanke, den sie nicht denken mochte, der sich ihr aber unvermittelt mit einer solchen Hartnäckigkeit aufdrängte, dass es unmöglich war, ihn beiseitezuschieben: »Wie kommt es, dass du so viel von der Psychologie eines Verbrechers verstehst?«, fragte sie misstrauisch.
    Mick lächelte, und seine blauen Augen blitzten unverschämt fröhlich: »Hast du noch nie den Paten gelesen? Ich schon, ein paar Mal sogar. Und ich habe eine ganze Menge Fantasie.«
    Er streckte seine Hand aus und griff nach Claras Fingern, die eiskalt waren. »Ich habe dir Angst gemacht. Tut mir leid.«
    Clara spürte, wie ihr Herz heftiger zu klopfen begann, und sie zog die Hand zurück. Mit klammen, zittrigen Fingern zündete sie sich eine ihrer eigenen Zigaretten an und inhalierte den Rauch tief in ihre Lungen. Es war, als ob ihre Küche mit einem Mal kühler geworden wäre, ungemütlicher, enger. Ihr Blick fiel auf Micks Lederjacke über dem Stuhl und den Helm, der auf dem Boden lag. Der Helm war schwarz. Sie bemühte sich, ruhig weiterzurauchen, aber ihre Finger zitterten so stark, dass sie Mühe hatte, die Zigarette zu halten.
    Mick bemerkte es und sprang auf. »Was ist los? Geht es dir nicht gut?« Er kniete neben ihr nieder und legte den Arm um sie. »Was ist mit dir?«
    Clara schüttelte nur stumm den Kopf und rauchte weiter. Krampfhaft versuchte sie, sich zu sammeln, unbefangen zu wirken, doch es gelang ihr nicht. Sie entzog sich Mick. »Sei mir nicht böse Mick, aber ich glaube, mir wird schlecht. Es war doch etwas zu viel … Alkohol gestern.« Sie sah an Micks Gesichtsausdruck, dass er die winzige Pause vor dem Wort Alkohol bemerkt hatte.
    Er zog seinen Arm zurück und stand hastig auf. »Ich verstehe«, sagte er betroffen und trat noch ein paar Schritte zurück. »Ich wollte nicht … dann geh ich jetzt.«
    Clara nickte, den Tränen nahe. Er zog seine Jacke an und griff nach dem Helm. An der Tür drehte er sich noch einmal zu ihr um, und als Clara sah, wie ratlos er wirkte, wie verletzt, war sie versucht, ihn an der Hand zu nehmen und wieder hereinzubitten. Aber dann verdrängte sie dieses Gefühl und streckte ihm förmlich ihre Rechte hin. Er nahm sie wie einen fremden Gegenstand und sah ihr dabei in die Augen. Forschend, bittend, wie um den Grund für ihren plötzlichen Sinneswandel darin zu finden. Doch er suchte vergeblich. Clara presste die Lippen aufeinander und ihr Gesicht blieb leer. Schließlich gab er es auf. Er zuckte resigniert mit den Schultern. »Also dann.«
    »Mach’s gut.« Claras Kinn begann zu zittern.
    Mick bemerkte es. »Sehen wir uns mal wieder?«, fragte er, bemüht um einen neutralen Ton. »Du könntest mal wieder bei mir singen, die Jungs von der Band haben schon nach dir gefragt.«
    Clara nickte, sie konnte nicht anders, und verschränkte gleichzeitig abwehrend ihre Arme vor der Brust.
    Mick ging zur Treppe. Dann blieb er wieder stehen und kramte eine kleine Tüte aus seiner Lederjacke. »Ich habe noch was vergessen.« Er reichte ihr die Tüte und meinte »Damit du nicht mehr so große Angst haben musst. Ich wollte es montieren, aber …« Er brach ab, schüttelte den Kopf und ging. Clara blieb mit der kleinen weißen Plastiktüte in der Hand stehen, bis die Haustür zuschlug. Mit zittrigen Fingern griff sie in die Tüte und zog etwas heraus: Es war ein Türschloss mit einer Kette, groß und massiv. Clara starrte auf die silbern glänzenden Kettenglieder, und ihr war, als würden ihr die Eingeweide herausgerissen. Lautlos rannen ihr die Tränen über das Gesicht und den Hals hinunter. Sie ließ das schwere Schloss wieder in die Tüte fallen und ging zurück in ihre Wohnung. Hatte sie sich getäuscht? War sie paranoid? Sie legte die Tüte neben die Spüle in der Küche und begann mechanisch, den Tisch abzuräumen. Micks Tabak lag noch dort. Er hatte ihn vergessen. Clara sank auf den Stuhl, auf dem vor ein paar Minuten noch Mick gesessen hatte, und knüllte den zerknautschten Plastikbeutel zwischen ihren Händen. Sie fühlte sich wie ausgehöhlt. Ihr ganzer Körper schmerzte

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