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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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würde mir gar nicht schaden, und es wäre halt so, wenn man richtig arbeitet, und schließlich bräuchte ich eine Menge Geld, wenn im Herbst das Studium anfängt. Ich könnte mich schon mal daran gewöhnen, hat er gemeint.« Sean klang so vorwurfsvoll und entrüstet, dass sich Clara kaum das Lachen verkneifen konnte. Abgesehen von der Tatsache, dass ihr Exmann die Ansichten, die er jetzt vertrat, soweit sie wusste, noch keinen einzigen Tag in seinem Leben selbst beherzigt hatte, fand sie seine Haltung durchaus vernünftig und teilte dies ihrem Sohn auch mit. Sean klang enttäuscht. Clara wusste, dass Sean ihre unversöhnliche Haltung gegenüber Ian kannte und vermutete, dass er sie sich jetzt zunutze machen wollte. Sie wünschte ihm aufmunternd alles Liebe und ein schönes, arbeitsfreies Wochenende und legte lächelnd auf.
    Kaum hatte sie das Telefon aus der Hand gelegt, klingelte es erneut. Sie hob ab. »Ja?«
    »Ich bin’s.«
    Mick. »Hallo.«
    Schweigen.
    Da war es, das unvermeidliche »Am-Morgen-danach-Gespräch«. Clara nahm das Telefon mit in ihr Schlafzimmer und kroch unter die Decke zurück. »Hast du auch bis jetzt geschlafen?«, begann sie und ärgerte sich, dass ihre Stimme bei weitem nicht so unbefangen und abgeklärt klang, wie sie es gerne gehabt hätte. Vielmehr klang sie glücklich, ein wenig zittrig, aber glücklich. Er hatte angerufen. Immerhin hatte er angerufen.
    »Du hättest dich auch bei mir ausschlafen können«, gab er zurück, ohne auf ihre Frage zu antworten.
    »Ja. Hätte ich. Tut mir leid.« Clara fiel keine Erklärung dazu ein. Keine, die sie in diesem Moment in Worte packen konnte, ohne dass es peinlich wurde. Sie hörte, wie sich Mick eine Zigarette anzündete. Es schien ihm schwerzufallen weiterzusprechen.
    »Es … war gut, gestern, also, ich meine, es war schön, das wollte ich sagen, ich finde, es war schön, oder?«
    »Ja. War es«, antwortete sie und biss sich auf die Lippen. Dieses Gespräch war gefährlich. Und was noch viel schlimmer war, sie war bereit, alle Alarmglocken, die in diesem Augenblick in ihr zu läuten begannen, einfach zu ignorieren.
    Doch Mick war noch nicht zufrieden. »Was ich dich noch fragen wollte, ich meine, … weil du weg warst heute Morgen, äh... War es... Tut es dir... leid?«
    Clara schüttelte heftig den Kopf, und weil Mick das nicht sehen konnte, fügte sie dem Kopfschütteln hinzu: »Nein, überhaupt nicht.«
    »Ah.« Mick klang erleichtert. »Ich dachte nur, … mir nämlich auch nicht, also, kein bisschen, weißt du … äh … hast du eigentlich schon gefrühstückt?«
    Clara verneinte, verblüfft über den abrupten Themenwechsel.
    »Dann komm ich vorbei und mache uns ein echtes englisches Frühstück, mit Spiegeleiern und Würstchen und baked beans, o. k.?« Obwohl Clara in Erwartung kleiner weißer Bohnen in fader Tomatensoße angewidert das Gesicht verzog, sagte sie: »Gerne.« Und ihr Herz machte einen kleinen übermütigen Hüpfer dabei. Sie würde sich eben auf die Spiegeleier beschränken und die Bohnen dem überlassen, der den Magen dafür hatte. »Ich freu mich«, fügte sie noch hinzu und sprang aus dem Bett. Doch kaum hatte sie aufgelegt, klingelte das Telefon ein drittes Mal.
    »Ja?«
    Es war wieder Mick: »Wo wohnst du eigentlich?«, wollte er wissen.
     
    Mick wischte mit seinem letzten Eckchen Toast hingebungsvoll die Tomatensoße vom Teller und häufte sich noch eine Gabel Bohnen darauf. Clara beobachtete ihn amüsiert, die Hände um ihre Kaffeetasse geschlungen. Er hatte drei Spiegeleier mit Speck und eine ungezählte Menge kleiner, fetter Würstchen vertilgt, danach die ganze Dose Bohnen und dazu ein paar der großen, blassen Toastscheiben, die er ebenfalls mitgebracht hatte und die fast den doppelten Umfang von normalem Toast aufwiesen.
    »Ich habe nachgedacht«, begann er plötzlich zwischen zwei Schlucken Kaffee. Dann schob er den Teller beiseite und zog seinen Tabakbeutel hervor. »Über die Geschichte von gestern, mit deinen Italienern.« Mit der gleichen aufmerksamen Behutsamkeit, die Clara schon gestern Abend beobachtet hatte, widmete er sich wieder dem Herstellen einer Zigarette. »Möchtest du auch eine?«
    Clara schüttelte den Kopf. »Danke.« Selbstgedrehte Zigaretten waren ihr ein Gräuel. Sie hasste die Krümel, die sie auf Zunge und Lippen hinterließen, und die Erinnerung an die Zeit, die sie damit verband. Die endlosen Diskussionen bis zum Morgengrauen, am Küchentisch von jemandem, den man gar nicht kannte

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