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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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ein lautes Gezeter, bei dem das Kindergeschrei und das Weinen des Babys noch von der scharfen Stimme der Frau übertönt wurde, die, auf Italienisch, ihrem weinenden Sprössling die Leviten zu lesen schien und gleichzeitig versuchte, das Baby zu beruhigen. Clara und der Gerichtsvollzieher, der bis dahin unauffällig im Hintergrund gewartet hatte, zogen sich eilig zurück.
    Im Metropol brauchten sie nicht lange zu suchen. Das Lokal war zu dieser frühen Abendstunde fast leer, und Clara fiel sofort der gedrungene Mann auf, der im Nebenraum mit ein paar anderen Männern Billard spielte. Ohne dass sie hätte sagen können, weshalb, wusste sie, dass es Barletta war. Sie hatte ihn noch kein einziges Mal genau gesehen, doch der flüchtige Eindruck damals in der U-Bahn hatte sich ihr deutlich eingeprägt. Er war nicht besonders groß, aber sehr muskulös, was ihm ein wenig das Aussehen eines Orang-Utans verlieh. Das ärmellose, enge T-Shirt mit dem auffälligen Emblem eines Sportherstellers, das er trug, verstärkte den Eindruck noch. Sie stupste Herrn Hohenleitner an und deutete mit dem Kinn in Barlettas Richtung. »Das ist er«, flüsterte sie, obwohl die Musik so laut war, dass man sie nicht hören konnte, selbst wenn sie geschrien hätte. In ihrem Magen machte sich ein aufgeregtes Flattern breit, als ihr Begleiter eine amtliche Miene aufsetzte und den gelben Umschlag aus seiner Tasche zog.
    »Na dann«, meinte er aufmunternd und bewegte sich wie ein Walross auf die Billard spielenden Männer zu.
    Clara folgte in seinem Windschatten. Barletta hob ruckartig den Kopf, als sie herankamen und stellte den Queue neben sich auf den Boden. Seine Bewegungen waren geschmeidig und hatten etwas Bedrohliches an sich.
    »Sind Sie Herr Gaetano Barletta?«, fragte der Gerichtsvollzieher in sachlichem Ton.
    » Che cazzo vuole questo stronzo ?«, wandte sich Barletta mit einem Grinsen an seine Mitspieler und fixierte eine Billardkugel, bevor er sich wieder lässig über den Tisch beugte.
    Clara, die sich bis dahin hinter Herrn Hohenleitner gehalten hatte, trat hervor und antwortete ihm auf Italienisch: »Dieser Scheißkerl ist ein Gerichtsvollzieher und hat dir etwas zu sagen.«
    Barletta hatte ganz offensichtlich Clara bis dahin nicht bemerkt. Er zuckte ein wenig zusammen, als ihre Stimme ertönte, und hob den Blick. Seine Augen weiteten sich für den Bruchteil einer Sekunde, als er sie erkannte, dann hatte er sich wieder in der Gewalt. Langsam richtete er sich auf. Sein Blick wanderte abschätzend von Clara zu ihrem Begleiter und wieder zurück. Clara bemerkte, dass ihm zwei Schneidezähne fehlten. Sein Gesicht war überhaupt ziemlich abstoßend: Er hatte eine aknezerfurchte, speckig glänzende Haut, und die Nase war offensichtlich mehrmals gebrochen. Obwohl er mit Sicherheit noch keine dreißig war, wirkte sein Gesicht alt. Wie ausgelutscht. Doch das, was Clara am meisten wahrnahm und was unvermittelt diese Wut in ihr hochkochen ließ, war sein stumpfer, leerer Blick. Nicht dass sie erwartet hatte, auf eine Intelligenzbestie zu treffen, aber dieser fast debile Gesichtsausdruck überraschte sie dann doch. Und machte sie wütend. Dieser dumpfbackige Kerl, der nur aus Muskeln und stumpfer, primitiver Aggressivität zu bestehen schien, hatte sie an den Rand eines Nervenzusammenbruches gebracht? Sie empfand dies plötzlich beinahe als Beleidigung.
    Als hätte der Gerichtsvollzieher die Notwendigkeit einzugreifen gespürt, begann er mit seiner eigentlichen Aufgabe und überreichte dem Italiener die Verfügung mit einigen erklärenden Worten. Barletta nahm den Brief misstrauisch entgegen, öffnete ihn aber nicht. Es war klar, dass er kein Wort verstanden hatte und es ihn einen Teufel scherte, was dieser Typ ihm da in die Hände drückte. Clara beglückwünschte sich zu ihrer Hartnäckigkeit, die dazu geführt hatte, Barletta persönlich aufzusuchen und den Brief nicht einfach in Carraros Briefkasten zu werfen, wie der Gerichtsvollzieher zunächst vorgeschlagen hatte.
    Sie trat einen Schritt auf Barletta zu und zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. Sie sah nichts darin. Gar nichts. Leise und voller unterdrückter Emotionen begann sie auf Italienisch: »Für den Fall, dass du gar nicht lesen kannst, du Mistkerl: Das ist eine gerichtliche Verfügung, die dir verbietet, dich mir oder Malafonte in Zukunft auch nur auf Sichtweite zu nähern.«
    Barletta lachte verächtlich und warf den Brief auf den Billardtisch. Dann zog er mit einer abfälligen

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