Das Gesetz Der Woelfe
ich habe mir gedacht, ich könnte vielleicht doch …« Er verstummte wieder, und Clara hörte im Hintergrund Simoneit auf ihn einreden, doch sie verstand nicht, was er sagte. Dann wurde eine Hand auf den Hörer gelegt, und Clara hörte gar nichts mehr. Sie blies sich ein paar Haare aus der Stirn und schnitt eine Grimasse in Willis Richtung, die so etwas wie zweifelnde Hoffnung ausdrücken sollte. Willi hob fragend die Augenbrauen, doch Clara schüttelte den Kopf: Später. Endlich kehrte Moro an den Apparat zurück.
»Hallo? Frau Niklas?«
»Ja? Ich bin da«, antwortete Clara geduldig.
Moros Stimme klang jetzt fester: »Also, was ich sagen wollte, ist, dass ich bereit wäre, eine Aussage gegen diesen Richter zu machen, wenn Ihnen das hilft.«
Clara gab sich Mühe, ruhig zu bleiben, aber ihre linke Hand ballte sich stumm zu einer Siegerfaust. »Das ist sehr, sehr mutig von Ihnen«, sagte sie und meinte es auch so. Sie verabredeten sich für den morgigen Vormittag in der Kanzlei. Als Clara auflegte, schlich sich für einen Moment ein altbekanntes Funkeln in ihre Augen zurück. Es war zu schaffen. Plötzlich glaubte sie wieder daran. Dann sprang sie auf und ging hinunter zu Linda, um ihr Barlettas Adresse zu nennen.
Während Willi Claras Schriftsatz stirnrunzelnd und noch immer nicht restlos überzeugt in seine Mappe schob und seinen Mantel von der Garderobe holte, fiel ihm noch etwas ein: »Ach übrigens, hast du heute Abend schon was vor?«, fragte er schon im Gehen.
»Nein, wieso?« Clara hob die Arme: »Wenn ich erst einmal mit Barletta fertig bin, bin ich zu allen Schandtaten bereit.«
»Arno Pöttinger hat angerufen, er wollte dich noch irgendetwas fragen, und er meinte, ob wir uns nicht heute Abend im Murphy’s treffen sollen. So gegen acht. Ist das in Ordnung?«
Clara ließ die ausgebreiteten Arme sinken. Allein die Erwähnung des Pubs verursachte bei ihr einen schmerzhaften Stich in der Brust. »Ins Murphy’s? Oh, ich …« Ihr wollte partout keine passable Ausrede einfallen. Schließlich meinte sie zögernd: »Ich bin ziemlich fertig wegen dieser Geschichte, ich glaube, mir ist doch nicht so nach Weggehen.«
Eine lahmere Absage hätte sich kaum finden lassen, und entsprechend misstrauisch sah Willi sie an. »Du hast aber keine krummen Alleingänge vor, oder? So von wegen in fremden Wohnungen herumschleichen und nach deinem Hund suchen?«
Clara schüttelte heftig den Kopf, erleichtert, dass Willi weit davon entfernt war, den wahren Grund für ihre Ablehnung zu erahnen. »Ich verspreche hoch und heilig, ich werde brav zuhause bleiben.« Sie hob drei Finger in die Höhe.
Nur mäßig beruhigt wandte sich Willi zum Gehen. Claras Benehmen erschien ihm trotz allen Verständnisses, das er aufzubringen vermochte, äußerst merkwürdig. Wenn es nicht so vollkommen abwegig gewesen wäre, hätte er schwören können, Clara hätte Angst davor gehabt, ins Murphy’s zu gehen.
Clara blieb nachdenklich zurück. Bei der Erwähnung von Pöttingers Namen war ihr wieder eingefallen, dass Arno sie gebeten hatte, sich zu melden, bevor sie etwas unternahm. Aber sie wollte nicht mit ihm reden. Sie wollte sich ihre Idee nicht madig machen lassen. Denn der scharfsichtige Pöttinger würde sicher ein Haar in der Suppe finden, darauf konnte sie wetten. Es schien ihr besser, zuerst abzuwarten, ob sie die Verfügung überhaupt bekam, dann konnte man weitersehen.
Am späten Nachmittag, als Clara schon nicht mehr daran glaubte, rief das Gericht an und teilte ihr mit, dass die einstweilige Verfügung wie beantragt erlassen worden war und sie sie in der Geschäftsstelle abholen konnte. Clara schickte Linda zum Gericht und wartete wie auf Kohlen, bis sie wieder zurückkam. Endlich hielt Clara das Papier in Händen. Dort stand es, schwarz auf weiß: » Gaetano Barletta wird untersagt, mit Angelo Malafonte sowie seiner Anwältin, Frau Clara Niklas, in irgendeiner Weise in Kontakt zu treten, weder persönlich noch auf andere Weise …« Clara nickte befriedigt. Der erste Schritt war getan. Dann telefonierte sie mit der Gerichtsvollzieherverteilerstelle. Sie hatte Glück, der für den Bezirk zuständige Beamte erklärte sich bereit, die Verfügung noch heute Abend zuzustellen, und hatte auch nichts dagegen, wenn sie ihn begleitete. Sie verabredeten sich um acht vor Nicòla Carraros Haus.
Gerade als Clara gehen wollte, sprang Linda von ihrem Stuhl auf und räusperte sich. »Frau Niklas!«
Clara blieb stehen. »Ja?«
Linda
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