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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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mit dem Fuß auf. Jawohl, das traf es wohl eher. Sie hob ihren Mantel auf und warf ihn über den Stuhl neben der Tür. Die Stimmung war ihr verhagelt, sie hatte keine Lust mehr auf einen Krimiabend vor dem Fernseher. Also arbeiten? Sie schob ihre zerknautschte Aktentasche, die solche Behandlung gewohnt war, mit dem Fuß in eine Ecke und ging in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Kein Bier im Kühlschrank, nur gesunder Karottensaft und Wasser. Clara ließ die Tür zufallen und ging in die winzige und bis an die Decke vollgestopfte Speisekammer, um sich eine Flasche Wein aus ihrem spärlichen Vorrat zu holen. Mit einem Glas Rotwein und einer Scheibe Brot bewaffnet, setzte sie sich an ihren Laptop und verharrte nachdenklich vor dem flimmernden Bildschirm. Ihr Blick glitt durch das offene Fenster in die Ferne, dann begann sie, zögerlich zunächst, ein paar Begriffe in eine Suchmaschine einzugeben.
     
    Zwei Stunden später war die Flasche fast leer und Clara zutiefst empört. Sie starrte böse auf den Bildschirm, als trüge er Schuld an dem, was sie gerade alles erfahren hatte. Der Drucker begann zu rattern, und eine weibliche, monotone Stimme informierte sie freundlich: »Druckvorgang gestartet.«
    Sie stand auf und ging in den Flur, um sich eine neue Schachtel Zigaretten zu holen. Während sie die Schachtel aufriss und das Papier in den Papierkorb fallen ließ, fiel ihr Blick auf das Telefon. Schaff dir ein Handy an , hatte Sean gesagt. Das bedeutete doch wohl, dass er es schade gefunden hatte, nicht mit ihr sprechen zu können. Dass er mit ihr reden wollte, dass er es womöglich schon einmal versucht hatte? Oder sogar schon öfter? Und sie war nicht da gewesen. Sie sah auf die Uhr: Viertel nach neun. Eine gute Zeit, um anzurufen. Sie hatte schon genug losgelassen in den letzten Tagen.
    Als am anderen Ende abgehoben wurde, hörte sie sofort, dass es nicht Sean war. Doch sie erkannte die Stimme nicht.
    »Hallo? Who is speaking?«, rief sie in den Hörer gegen das Rauschen und Stimmengewirr am anderen Ende.
    »Clara? Bist du das?«
    Clara klappte den Mund zu. Ian. Er war an das Handy ihres Sohnes gegangen.
    »Wo ist Sean?«, quetschte sie schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Oh, er ist … auf der Toilette glaube ich … Ich weiß nicht. Er hat sein Handy hiergelassen.«
    »Ach?«, fragte Clara im beißenden Ton. »Und du gehst einfach ran? Noch nie was von Privatsphäre gehört?«
    »Hey, was ist los?« Ians Stimme klang belustigt. Oder betrunken. Sicher war er betrunken. Clara wurde heiß. »Du stehst wohl schon länger am Tresen, wie ich vermute«, fauchte sie. »Ist dein Sohn überhaupt noch da? Oder hast du ihn mal wieder verloren?« Schweigen antwortete ihr, doch sie wusste, dass er sie genau verstanden hatte. Ohne ein weiteres Wort legte sie auf. Sie war zu weit gegangen. Nein. Nein! Sie war im Recht. Doch es war lange her. Es war nicht nötig gewesen. Sie ging müde zurück an ihren Schreibtisch und trank den Rest des Weins direkt aus der Flasche. Noch während sie trank, kamen ihr die Tränen. Unwillig wischte sie sie weg und zündete sich eine Zigarette an. Dann griff sie erneut zum Telefon. Willi klang hellwach, als er abhob. Ja, er hatte noch Lust auf Murphy’s. O. k. In einer halben Stunde.
     
    Als Willi endlich kam, war es bereits kurz vor elf. Er war, zerstreut wie meistens, in die falsche U-Bahn gestiegen und hatte seinen Irrtum erst sechs Stationen später bemerkt. Zurück in die Innenstadt gingen die Züge nur noch alle zwanzig Minuten, und so musste er geraume Zeit auf dem leeren, zugigen Bahnsteig warten. Murphy’s war gerammelt voll, als er endlich ankam, es war schwierig sich durch die Tür hindurch und zum Tresen zu kämpfen. Mick stand dahinter in einem ausgeleierten, natogrünen T-Shirt, dessen kurze Ärmel er über seine Bizepse nach oben gerollt hatte. Eine blasse Tätowierung glänzte bläulich verschwommen auf der feuchten Haut seines Oberarms.
    »Hi.« Mick nickte Willi flüchtig zu und zapfte ihm ein dunkles Bier.
    Willi sah sich suchend um. Clara war nirgends zu sehen. Sie saß immer an der Bar. Doch heute war ihr zerzauster rotbrauner Haarschopf, der meist große Ähnlichkeit mit der Haartracht eines Kobolds hatte, nicht auszumachen. Willi schlürfte von dem malzigen, bitteren Bier und wischte sich den Schaum von den Lippen. »War Clara hier?«
    Mick warf ihm einen seltsamen Blick zu. »Ach, du warst mit ihr verabredet?«
    Willi hob halb

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