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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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gefallen, und am liebsten wäre er noch lange dort stehen geblieben, im Schatten, zwischen all den Menschen und hätte ihr zugehört. Doch jetzt, als er die altbekannte Clara dort sitzen sah, die ihm für einen Augenblick ein fremdes Gesicht gezeigt hatte, fühlte er sich gehemmt, unsicher. Als wäre er Zeuge eines Geheimnisses geworden, etwas, was nicht für ihn bestimmt war. Er setzte sich neben sie auf den Barhocker und schob Mick sein leeres Glas hinüber.
    »Du bist spät dran.« Clara nippte an ihrem Whiskey, und Willi fiel auf, dass sie ihn nicht ansah.
    Willi zuckte mit den Achseln. »Aber gerade noch rechtzeitig.« Dann entschloss er sich gegen die Coolness und für die Ehrlichkeit. »Das war toll.«
    »Oh, danke.« Clara verzog den Mund.
    Willi sah, dass sie Tränen in den Augen hatte, und er fühlte sich hilfloser denn je. »Hey, was ist denn los?«, brachte er schließlich heraus und legte seine Hand auf ihren Arm.
    Sie schüttelte ihn schroff ab und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. Schniefend zündete sie sich eine Zigarette an und versuchte ein Lächeln. »Nichts ist los. Ich bin nur betrunken.« Wie zum Beweis nahm sie noch einen kräftigen Schluck.
    »Quatsch.« Willi sah wohl, dass Clara mehr getrunken hatte, als es ihr guttat, aber er kannte sie lange genug, um zu wissen, dass das sicher nicht der Grund für ihre desolate Stimmung war, eher die Folge davon. Und deswegen wusste er auch, dass es vollkommen sinnlos war, mit ihr darüber zu diskutieren. Wenn sie nicht mit ihm reden wollte, würde er sie nicht dazu bewegen können. Betrunken oder nicht. Stur wie ein Esel war sie und wie immer felsenfest davon überzeugt, alles mit sich selbst ausmachen zu müssen. Er verkniff sich einen viel sagenden Seufzer und tat so, als sei dieser Punkt für ihn erledigt.
    »Ich habe mich höllenmäßig verfahren.« Er begann von seiner Irrfahrt mit der U-Bahn zu erzählen und übertrieb dabei so schamlos, dass Clara irgendwann trotz ihrer Tränen lachen musste. »Du Idiot!«
    Willi nickte bekümmert. »Das ist mein Schicksal.«
     
    Es wurde sehr spät, als sie schließlich vor dem Pub auf das Taxi warteten, das beide nach Hause bringen sollte. Sie hatten viel getrunken und viel geredet, aber nichts gesagt. Jetzt stand Clara stumm neben ihm, ihr Gesicht war grau vor Müdigkeit, und sogar ihre Haare hatten etwas von ihrer Widerspenstigkeit verloren. Unter ihren Augen und um ihren Mund nahm Willi zum ersten Mal die feinen Fältchen wahr, die ihre zweiundvierzig Jahre verrieten, ein Alter, das Willi noch vor zehn, fünfzehn Jahren steinalt und wenig erstrebenswert vorgekommen war und dem er sich nun schon in recht zügigen Schritten selbst näherte, ohne dass er sich wesentlich älter fühlte als damals. Im Inneren. Äußerlich hatte er sich dem Antityp von früher schon sichtbar angenähert: Sein Bauchansatz war nicht mehr zu übersehen und wurde nur noch von seiner Größe ein wenig abgemildert, und die ehemals üppigen Haare trug er schon seit geraumer Zeit ganz erheblich kürzer als früher, nachdem er erschüttert festgestellt hatte, dass ein lockiger Nacken die fehlende Pracht auf der Stirn eher noch betonte, als sie zu kaschieren.
    Als das Taxi endlich kam, war Willi eiskalt in seiner dünnen Jacke, und Clara schlief schon fast im Stehen. Sie kletterte schweigend neben ihn auf den Rücksitz, und als das Auto losfuhr, bettete sie wie selbstverständlich ihren Kopf auf seine Schulter. Eine ganze Weile blieb Willi still sitzen und sah stur geradeaus. Dann, als sich das Taxi schon der Isar näherte, hob er endlich seinen Arm und legte ihn um Claras Schultern. Sie fühlte sich schmal an, viel zarter als erwartet. Vorsichtig verstärkte er seinen Griff und zog sie ein wenig näher an sich heran. Dann hielt er sie fest, während das Taxi weiter durch die menschenleere Stadt fuhr. Und während ein leises Schnarchen ertönte, vergrub Willi schüchtern sein Gesicht in Claras Haare. Er schloss für einen Augenblick die Augen und hoffte vergeblich, der Taxifahrer würde den Weg zu ihrer Wohnung nie finden.
    Als Clara am nächsten Tag erwachte, prasselte der Regen in Strömen gegen die Fensterscheiben. Die Nachttischlampe brannte noch, und in ihrem Kopf hämmerte ein bösartiger Kobold mit einem Vorschlaghammer auf ihrem Gehirn herum. Zu diesem Zweck hatte er es fest in eine Schraubzwinge geklemmt, sodass Clara Mühe hatte, überhaupt die Augen zu öffnen. Sie stöhnte, als das Licht der Lampe neben ihrem Bett

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