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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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voller Absicht. Tränen stiegen ihr wieder in die Augen, als sie daran dachte, und sie nahm einen großen Schluck von Willis grässlichem Tee.
    »Ich habe heute Massimo Moro getroffen«, begann sie zögernd und erzählte Willi schließlich die ganze Geschichte von Anfang an. Sie ließ nichts aus. Erzählte auch von dem Mann vor der Pizzeria, von dem dunklen Toreingang und dem Geräusch, das sie gehört hatte, und von ihrer zunehmenden Angst allein in der Wohnung. Als sie zu ihrem heutigen Erlebnis in der U-Bahn kam, spürte sie, wie die Panik, die sie erfasst hatte, als der Mann sie in die Ecke gedrängt hatte, in ihr leise nachgrollte wie das Gewitter, das sich ein wenig entfernt hatte, jedoch nah genug blieb, um jederzeit erneut losbrechen zu können. Sie erzählte langsam und stockend, merkwürdig bemüht, kein Detail auszulassen, während sie auf ihre Finger starrte, die sich um die Teetasse krampften wie am Nachmittag um die Haltestange im Zug. Sie sah nicht, wie sich Willis Gesichtsausdruck immer mehr verfinsterte und er seine dunklen Brauen zusammenzog, bis sie einen geraden Strich über seinen Augen bildeten.
    Clara wollte Willi nicht ansehen, sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Angst davor zu sehen, dass er sie nicht ernst nahm oder noch schlimmer, hysterisch fände. Sie hatte das Gefühl, mit dieser Geschichte etwas von sich preisgegeben zu haben, das sie lieber für sich behalten hätte. Sie zeigte damit Schwäche, und das war etwas, was sie bisher immer unter allen Umständen hatte vermeiden wollen. Doch Willi schwieg. Die Stirn in düstere Falten gelegt, starrte er in seine leere Tasse.
    Clara beugte sich vor: »Willi? Könntest du vielleicht irgendetwas dazu sagen?« Fast wäre ihr Lachen lieber gewesen als dieses finstere Schweigen.
    Endlich schüttelte Willi den Kopf und sah sie an: »Sag mal, bist du eigentlich vollkommen bekloppt?«
    »Wie bitte?!«, fragte Clara entrüstet.
    »Wie kannst du dich nur so weit in diese Sache reinhängen? Kapierst du nicht, wie gefährlich das ist?« Willi schüttelte immer noch den Kopf.
    »Ich hab’s gemerkt, danke für den Hinweis«, gab Clara spitz zurück.
    »Aber du kannst doch so eine Geschichte nicht allein anpacken, das sind richtige Verbrecher, das ist eine Nummer zu groß …« Er merkte, dass er das Falsche gesagt hatte, als er Claras Gesicht sah, und verstummte.
    »Ach was? Eine Nummer zu groß für mich ist das also? Weil ich eine Frau bin? Klar. Du natürlich, du könntest das besser anpacken, du kennst dich aus mit solchen Typen, ja?« Clara kniff die Augen zusammen und starrte ihn wütend an.
    »Nein!« Jetzt wurde auch Willi zornig. »Ich dachte nur, wir sind immerhin Partner, und vielleicht, wenn du mir früher gesagt hättest, womit du zu tun hast …« Willi beendete auch diesen Satz nicht, denn Clara fuhr ihm ins Wort: »Dann hättest du mich retten können, nicht wahr? Der Held auf dem weißen Pferd mit dem Gesetzesbuch in der Hand wäre mir zur Hilfe geeilt?«
    Willi zuckte zusammen angesichts Claras beißenden Spotts. Er stand auf. »Ja, so ähnlich hatte ich mir das vorgestellt«, sagte er kühl und stellte seine Tasse ab. »Da du aber keinen Bedarf an kühnen Rittern zu haben scheinst, kann ich ja gehen.« Er drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort. Er wollte nicht, dass Clara sah, wie tief sie ihn mit ihren Worten verletzt hatte. Als die Tür ins Schloss fiel, sprang Clara auf, doch sie folgte ihm nicht. Ihr Blick fiel auf die beiden Teetassen, und mit einer einzigen wütenden Handbewegung fegte sie sie vom Tisch. Das Porzellan zerschellte, und auf dem Boden bildete sich eine dunkelbraune Pfütze. Clara ging in die Küche, um einen Wischlappen zu holen, und als ihr Blick auf die alte Teedose fiel, biss sie sich auf die Lippen. Dann nahm sie die staubige Dose und warf sie in den Mülleimer.
     
    Clara schlief schlecht in dieser Nacht. Mehrmals erwachte sie schweißgebadet, und um vier Uhr morgens schließlich stand sie entnervt auf. Es war noch stockdunkel, und Elise, die längst wieder ihren Platz auf der Matratze im Flur eingenommen hatte, regte sich nicht. Clara tappte in die Küche und trank ein Glas Leitungswasser. Dann zog sie den Mülleimer unter der Spüle heraus und kramte mit spitzen Fingern unter den Scherben der zerschlagenen Tassen nach der alten Teedose. Sie war feucht und mit Speiseresten verklebt, und Clara ließ lange heißes Wasser darüberlaufen. Dann griff sie nach einem Handtuch und polierte das bunte Blech so

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