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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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gegen Lindas Reize zu sein, obwohl sie neben einem wirklich bemerkenswerten Äußeren auch noch ein helles Köpfchen besaß und ihre Absichten kaum zu übersehen waren. Clara mochte Linda, wenngleich sie sich in ihrer perfekten Gegenwart oft so unangenehm unperfekt fühlte. Vielleicht ging es Willi ja ähnlich. Heute jedenfalls verpuffte Lindas strahlende Erscheinung wirkungslos, da Willi den ganzen Tag bei Gericht war. Er hatte Clara bereits des Öfteren ausführlich von diesem umfangreichen und komplizierten Fall erzählt, bei dem es um Grundstücksspekulationen und irgendwelche gesellschaftsrechtlichen Ungeheuerlichkeiten ging, von denen Clara, deren Spezialgebiet jedenfalls nicht in dieser Richtung lag, keine Ahnung hatte.
    Doch Linda schien nicht wirklich enttäuscht über Willis Abwesenheit, dazu hatte sie ein viel zu pragmatisches Gemüt. Sie drückte Clara, nachdem diese jetzt endlich aufnahmebereit schien, den Zettel in die Hand, auf dem sie den Anruf von soeben notiert hatte, und meinte dazu entrüstet: »Ein unfreundlicher Mensch war das. Er wollte mir partout nicht sagen, worum es geht.«
    Clara überflog Lindas Notiz. »Karl Killesreiter? Der Name sagt mir überhaupt nichts. Haben wir eine Akte?« Linda schüttelte den Kopf. »Nein. Vielleicht ein neues Mandat … obwohl es nicht so klang.« Sie zog nachdenklich ihre Nase kraus. »Nein, er klang auf keinen Fall wie ein neuer Mandant. Tat sehr geheimnisvoll und war ganz pikiert, weil ich nicht wusste, wer er war.« Ihre Nase glättete sich, und sie warf einen zweifelnden Blick auf den Zettel. »Vielleicht ist es auch nur so ein Weinvertreter, die tun auch immer so wichtig. Jedenfalls hat er um dringenden Rückruf gebeten. Soll ich Sie verbinden?« Clara warf einen Blick auf die unbekannte Nummer und schüttelte den Kopf. »Nein danke, ich kümmere mich selbst darum.«
    Während Linda in einer duftenden Parfümwolke an ihren Schreibtisch zurückschwebte, schob Clara den Notizzettel in ihre Hosentasche.
    Auf ihrem Schreibtisch sammelten sich, wie üblich, stapelweise Akten und warteten darauf, bearbeitet zu werden. Sie nahm die oberste herunter und wühlte sich durch die bereits gewechselten Schriftsätze, Beweisanträge und Unterlagen. Hie und da machte sie sich eine Notiz und klebte einen gelben Postit-Zettel an den Rand. Schließlich steckte sie eine Kassette in das Aufnahmegerät und begann zu diktieren. Sie hatte sich vorgenommen, an diesem Vormittag den Großteil des Berges abzuarbeiten. Und während der Stapel auf ihrem Schreibtisch langsam kleiner und die Kassetten auf den erledigten Akten zu ihren Füßen unter den wenig erfreuten Blicken Lindas, die sie alle würde abtippen müssen, immer mehr wurden, vergaß Clara den Zettel in ihrer Hosentasche und den unbekannten Herrn Killesreiter so restlos, als handelte es sich tatsächlich nur um einen aufdringlichen Weinvertreter.
    Der Himmel war hellblau und von zarten, durchsichtigen Schleierwolken durchzogen, als Clara gegen zwei Uhr nachmittags die Kanzlei verließ und sich bei Rita einen Cappuccino und ihr obligatorisches Sandwich genehmigte. Die Sonne schien schon so warm, dass Rita ein paar Tische und Stühle nach draußen auf den Gehsteig gestellt hatte. Geblümte Tischdecken und Gläser mit kleinen Osterglocken und Vergissmeinnicht ließen ahnen, dass auch jemand, der so abgeklärt schien wie Rita, von Frühlingsgefühlen erfasst werden konnte.
    Mit Bedauern stellte Clara nach einem Blick auf die Uhr fest, dass sie die Sonne nicht lange genießen konnte, sondern sich beeilen musste. Schließlich hatte sie heute noch etwas Wichtiges zu erledigen. Hungrig verschlang sie ihr Sandwich und spülte es mit dem Cappuccino hinunter. Dann ging sie in die Bar hinein, die in dem starken Kontrast zur hellen Aprilsonne dunkel und schummrig wirkte. Sie bezahlte bei Rita und meinte nebenbei, während sie sich eine Zigarette anzündete: »Ich fahre jetzt zu Angelo ins Gefängnis, soll ich ihm etwas ausrichten?« Rita blickte erstaunt von der italienischen Zeitung auf, die neben der Kaffeemaschine auf dem Tresen lag und in der sie den ganzen Tag über, immer wenn die Zeit es erlaubte, zu lesen pflegte und das Gelesene mit meist wütenden oder verächtlichen Bemerkungen kommentierte. Zwar war Rita schon seit Jahrzehnten in Deutschland, die »Idiotien«, wie sie sich ausdrückte, der jeweiligen italienischen Regierung, die in dieser Zeit fast so häufig gewechselt hatte wie die Trainer der

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