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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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sie knapp wie ein Soldat beim Rapport. Clara richtete sich bei diesen Worten auf, und ihre gerunzelte Stirn glättete sich. Das waren in der Tat interessante Neuigkeiten. Sie ließ sich von Linda die Nummer geben. »Ich fahre raus nach Stadelheim«, sagte sie und fügte noch hinzu: »Danke, dass du mich gleich benachrichtigt hast.«
    »Oh, gern geschehen«, zwitscherte Linda erleichtert ins Telefon, und Clara legte auf. Sie wählte die Nummer der Justizvollzugsanstalt und wippte ungeduldig mit dem Fuß, während sie dreimal verbunden wurde, bis sich der zuständige Beamte fand.
    Clara erkannte ihn sofort an der Stimme, es war der junge Mann, der bei ihren Besuchen Angelo begleitet hatte.
    »Sie hatten gesagt, ich solle sie anrufen, wenn es nötig sei«, begann er zögernd.
    »Was ist passiert?«, fragte Clara alarmiert.
    »Eigentlich nichts.« Er schien sich selbst nicht ganz sicher zu sein, ob es richtig gewesen war, sie anzurufen.
    »Aber was ist los?«, drängte Clara.
    Der junge Mann wich aus: »Vielleicht könnten Sie vorbeikommen?«
    »Aber ich bin nicht mehr bevollmächtigt«, erinnerte ihn Clara, während sie bereits in ihre Schuhe schlüpfte und vor dem Flurspiegel ihre Haare in Ordnung zu bringen versuchte. »Trotzdem.« Der Beamte klang definitiv beunruhigt, war aber nicht gewillt, sich konkreter zu äußern.
    »Ich bin sofort da.« Clara legte auf. Dann wählte sie eine weitere Nummer und bestellte sich ein Taxi. Elise war in den Flur getappt gekommen und warf ihr einen fragenden Blick zu. Was soll die Aufregung, schien der Blick zu sagen, wir hatten es doch gerade so gemütlich? Clara knuddelte ihre langen warmen Ohren und gab ihr einen Kuss zwischen die Augen. »Ich muss fort, mein Mädchen, aber nicht lange.« Sie öffnete den Schrank im Flur und holte die große Tüte mit dem Trockenfutter heraus. Elise ließ die Ohren hängen und wandte sich ab, während Clara ihren Napf füllte. Sie hatte schon verstanden, sie musste dableiben. Als Clara schon an der Tür war, versuchte sie es noch einmal mit Mitleid. Winselnd lief sie ihr nach und machte dabei ein Gesicht, als ob Clara sie auf der Autobahn aussetzen wollte. Als Clara noch einmal seufzend stehenblieb, wedelte Elise hoffnungsvoll mit dem Schwanz und schickte noch ein schüchternes Wuff nach. Clara überlegte, ob sie Elise nicht noch vorher in der Kanzlei vorbeibringen sollte. Dort fühlte sie sich wohler, als allein in der Wohnung. Doch das würde mindestens eine halbe Stunde Verzögerung bedeuten, und sie hatte versprochen, sofort zu kommen. Clara schüttelte den Kopf und schob Elise sanft von der Tür weg. »In spätestens zwei Stunden bin ich zurück«, versprach sie. »Dann machen wir einen langen Spaziergang, was meinst du? Bis zum Flaucher, o. k.?« Elise ließ den Kopf hängen und drehte sich um. Bedrückt tapste sie auf ihre Matratze und warf Clara einen letzten vorwurfsvollen Blick zu, bevor sie mit einem abgrundtiefen Seufzer ihr Haupt auf ihre Vorderpfoten bettete. Die Welt ist grausam, sagte ihre Haltung, und Clara musste lächeln angesichts der ausdrucksvollen Dramatik, zu der ihr Hund fähig war. Dann hörte sie unten das ungeduldige Hupen des wartenden Taxifahrers und ließ eilig die Tür ins Schloss fallen.
     
    Während sie im Taxi saß und darüber nachgrübelte, was mit Angelo seit ihrem Besuch gestern passiert sein könnte, wurde sie immer unruhiger. Die Vollzugsbeamten waren in der Regel nicht zimperlich, wenn es um Scherereien zwischen den Häftlingen ging, das war schließlich ihr tägliches Brot. Wenn der Beamte sie dennoch anrief und bat, schnell zu kommen, obwohl er wusste, dass sie eigentlich nicht mehr zuständig war, dann musste etwas Besonderes, etwas Schlimmes vorgefallen sein. Clara starrte abwesend durch die nasse Scheibe. Die Häuserzeilen zogen verschwommen am Fenster vorbei, und die roten Dächer hie und da waren die einzigen Farbtupfer in dem eintönigen Regengrau. Es regnete jetzt heftig, und am Randstein spritzte das Wasser in Fontänen auf die Bürgersteige, wenn der Fahrer durch eine der schaumigen, braunen Pfützen fuhr. Als sie an einer tristen Pizzeria vorbeikamen, deren grün-weiß-rote Wimpel über der Tür traurig herunterhingen, fiel Clara etwas ein. Sie kramte in ihrem Mantel herum, durchsuchte alle Taschen, bis sie endlich gefunden hatte, was sie suchte.
    Aus der Innentasche ihres Mantels, wo es zusammengeknüllt unter ihren Zigaretten gelegen hatte, zog Clara das Heiligenbild heraus, das sie in der

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