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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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Zweckentfremdung des Bonbonkochers.
    Soweit, Reichsführer, die charakteristischen, zumindest charakterisierenden Vorgänge. Fallweise werde ich weitere Interna aus dem Zirkel an Sie übermitteln.
    Mit herzlichem Gruß und Heil Hitler! Ihr Hinkel, Ostubaf.

    Lieber Roggenkamp, unser aller Anteilnahme am Bombenkriegsverlust ist Ihnen sicher. Dies verbunden mit einem Aufatmen, weil sich Frau und Tochter in Sicherheit befinden. Bei diesem Stichwort darf ich anmerken, dass ich meine Frau nach Vorpommern geschickt habe, in ein lufttaktisch entlegenes Dorf. Dort wird sie vom Bruder unter die Fittiche genommen. Der Träger der Ostmedaille ist nach seiner Beinamputation (Mine bei den Pripjetsümpfen) nicht mehr frontverwendungstauglich, wurde deshalb eingesetzt bei der personell stark ausgedünnten Gemeindeverwaltung.
    Zum allgegenwärtigen Thema Terrorangriffe: Es ist nicht so, als hörten wir tagsüber hier draußen nur Vögel zwitschern und nachts herrsche friedensmäßige Ruhe. Auch wir werden gepiesakt vom infamen Geräusch hoch anfliegender Mosquitos, die offenbar den Einsatzbefehl haben, jeweils Hunderttausende in ihrem hinreichend verdienten Schlaf zu stören. Eine wahre Mosquito-Plage! Lassen sich leider kaum vom Himmel holen, fliegen erheblich schneller als unsere Messerschmitts und Focke-Wulfs!
    Ja, ich schaue wehmütig in die Lüfte, wenn eine Rotte oder Kette Me 109 über die Schorfheide hinwegdröhnt: Auf die meisten der Piloten warten Abschuss und Absturz. Kein Wunder bei den mittlerweile extrem kurzen Ausbildungszeiten – auch sowas kommt hier zuweilen zur Sprache. Kaum haben die Jungens an der Wasserkuppe ihre Segelflugstunden absolviert, schon werden sie in ein Jagdflugzeug gesteckt, dürfen ein paar Übungsrunden absolvieren, werden Riesenformationen von Fliegenden Festungen samt Begleitjägern entgegengeschickt – und nie mehr gesehn. Selbst bei Piloten mit mehr Geschick oder Glück: länger als wenige Wochen währt ein Fliegerleben kaum noch, wie man hier zu hören kriegt.
    Und auch dies: Allein im Februar haben wir etwa ein Drittel der Luftwaffe verloren und ein Fünftel der Besatzungen. Im März kam es noch dicker: Mehr als 50 Prozent der Restbestände wurden abgeschossen. Im April sodann 43 Prozent der verbliebenen Ressourcen, und die wurden im Mai erneut halbiert. Aber Speer produziert, produziert, produziert: allein im Februar über 1300 neue Kampfflugzeuge, und die Produktion wächst stetig, kommenden September sollen es monatlich mehr als 3500 Maschinen sein. Fragt sich nur, woher all die Piloten kommen sollen. Und woher der Treibstoff. Und woher die –
    Ich breche ab, tüte das Typoskript ein, lasse Hubalek Bescheid geben. Er muss die Badehose erst mal wieder gegen die Uniform austauschen, knurrend. Was sich ihm kaum verdenken lässt, ich knurre manchmal auch vor mich hin: Frühsommer 44 , und der Krieg ist noch immer nicht zu Ende. Gründe genug, bei einem Glas Bier oder Pokal Wein noch mal die allgemeine Entwicklung zu beknurren, über einen gedeckten Tisch hinweg. Und dann eine Partie Schach, endlich mal wieder eine Partie Schach!
    In diesem Sinne und mit deutschem Gruß: Uwe Borowski.

    Lieber Bor, mit Informationen über die Kriegslage sind Sie mir um eine Nasenlänge voraus: Die hausinterne Fernschreibverbindung zum OKW , die hoffentlich authentischen Berichte von Offizieren, die in Carinhall gelegentlich antreten dürfen. Heute aber kann ich, wenn auch außerhalb meines Tätigkeitsfeldes, meinerseits mit einem frontnahen Bericht aufwarten. Unser Amtsleiter hat wieder mal einen Fernaufklärungsflug hinter sich. Wie Prinz Clemens zu betonen belieben: Einsätze, freiwillig, obwohl er als Mittvierziger längst zum alten Eisen gehört. Aber es werden nun mal mehr Flugzeuge produziert als Piloten ausgebildet. Vor allem fehlen Offiziere mit Flugerfahrung und Führungskraft. In der Notlage wurde kürzlich ein Oberfeldwebel zum Staffelführer ernannt! Wenigstens ein Mann mit Goldener Frontflugspange und den beiden EK s. Dennoch irritierend.
    Prinz Clemens also hat mir, vertraulich, vom erneuten Italieneinsatz berichtet. Auch der dortige Luftraum wird von den Alliierten beherrscht, und so musste er in weitem Ostkurs über die Adria einfliegen, dann scharf einschwenken auf Höhe der Gotenlinie. Nach Erfüllung des Auftrags entzieht er sich amerikanischen Jägern durch weiträumige Absetzbewegung über der Adria.
    Auftrag der Besatzung: Luftbilderfassung der erfolgreich überschwemmten (ehemaligen)

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