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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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dem Staatstheater, also etwa mit Gründgens, der huldvoll Klein-Edda an seiner Seite duldet, perfekt auch in der Rolle des Kinderfreundes. Gegen halb drei wird die Badehütte drunten am Döllnsee aufgesucht, wenigstens zum Sonnenbaden. Gegen halb vier formelle Fütterung von Kleintieren. Gegen halb fünf kehrt er nach Carinhall zurück. Kaffee mit begleitenden Süßigkeiten. Nach dem Dinner das Abendprogramm: Vielfach ein neuer Film im Hauskino, unter spezieller Berücksichtigung ausländischer Produktionen, auf gekaperten Handelsschiffen sichergestellt oder über Schweden bezogen.
    Ich habe das aufgelistet, um Ihnen zu zeigen, wie schwer es sein kann, Meldungen loszuwerden oder RM zur Lektüre ausführlicher Abhörprotokolle zu bewegen. Lieber ruft oder winkt er mich an einen der Sessel heran und lässt mich Bericht erstatten.
    Wir sollten also beim bisherigen Prozedere bleiben: Sie legen mir in komprimierter Version vor, was ich eventuell in Kurzfassung vermittle.
    Soviel für heute. Hubalek will möglichst bald den Kickstarter treten und davonbrausen, hat heute Abend wieder eine »gewisse Verabredung«. (Meine Verabredung führt mich allerdings in eine andere Richtung, nach Teltow – deutlicher will ich nicht werden, schon gar nicht dem höheren Dienstgrad gegenüber.)

    Gleich am nächsten Vormittag dieses Postskript – Hubalek wird es nachreichen. Ich habe das Gefühl, ich sollte meinem, sollte unserem Dienstherrn etwas mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen. Was ich gestern schilderte, war eine der Phasen des RM -Winterschlafs (der zeitweilig auch in diesen Sommer hineinreicht). Erwähnt werden sollte hier (obwohl jeweils im OKW protokolliert), dass RM gelegentlich an Lagebesprechungen im FHQ u teilnimmt, am ehesten in der Mittagslage.
    Die Abendlage hingegen wird von Göring (und nicht nur von ihm) soweit wie möglich gemieden: Wegen der unaufhaltsamen Verschiebung von Hitlers Tageseinteilung findet sie nachts oft erst gegen ein oder zwei Uhr statt, kann folglich bis in die frühen Morgenstunden währen, vor allem wenn der Führer eins seiner improvisierten Referate hält, etwa zu Hannibals Überquerung der Alpen, über die Schlacht bei Cannae, über die Befreiungskriege. All dies, während an der Ostfront eine Division nach der anderen durch den Fleischwolf gedreht wird. Doch selbst wenn Divisionen letztlich nur noch aus Führungsstäben bestehen, bloß noch Wimpel darstellen auf Generalstabskarten, Hitler disponiert über sie wie über kampffähige, voll ausgerüstete Divisionen in der Sollzahl.
    So etwas wird am Kartentisch aber kaum besprochen, stattdessen wird mal wieder der unerwartete Sieg Friedrichs des Großen bei Leuthen erörtert. Überhaupt spricht der Führer am liebsten über den großen König. Dies in aller Ausführlichkeit mit Stichworten, die sich wiederholen. Und die Herren stehen schlaftrunken um den Kartentisch herum – ohnehin die Zeitphasen geringster Leistungsfähigkeit; zusätzlich die einschläfernde Wirkung der Hitler-Monologe.
    Unser Dienstherr berichtet Loerzer und mir zuweilen von einer »mit Müh und Not« durchgestandenen Lagebesprechung, in der über lange Zeitphasen hinweg die militärische Lage, sprich: Schieflage nicht weiter und schon gar nicht näher erörtert wird.
    Stattdessen wird beispielsweise die Frage ventiliert, weshalb die Deutsch-Arabische Legion, als Formation der aktivsten Elemente auf europäischem Boden lebender Araber, in deutsche Uniformen eingekleidet, mit deutschen Waffen und Geräten ausgerüstet wird. Sowas hätten Engländer nie gemacht, die hätten indische Mitstreiter in indischen Kostümen agieren lassen, höchstens mit besonderen Abzeichen versehen.
    Jodl erlaubt sich, darauf hinzuweisen, dass die arabischen Freiwilligen auf dem linken Oberarm des Waffenrocks (oder der Feldbluse) durchaus das Abzeichen ihres Verbandes tragen. Dass dieser Ärmelschild aus der Flagge des Irak besteht, einer Abwandlung der alten Hedschas-Flagge in den Farben schwarz-weiß-grün und rot. Dass sich im oberen Teil des Ärmelabzeichens zudem eine arabische Inschrift befindet: »Bilad al Arab al Hurrah«.
    Und was soll das heißen?
    Sinngemäß ungefähr: Freies Arabien. Mit Blick darauf werde in der Dienstgestaltung Rücksicht genommen auf die religiösen Gewohnheiten, wie sie der Koran den Mohammedanern vorschreibt.
    Und wer bestimmt die Marschrichtung, wenn man fragen darf?!
    Die deutschen Ausbilder, als Stammpersonal. Es setzt sich vor allem aus Palästina-Deutschen

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