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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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großen Säbel mit beiden Händen genau vor sich; Torso und Kopf waren auf dieseWeise gut geschützt. Wenn man sich Treffer einfing, dann an Armen und Beinen. Mit den Übungssäbeln aus Binsen oder Holz kam man meist mit ein paar blauen Flecken davon.
    »Für welche Uhrzeit hast du den Fechtsaal reservieren lassen?«
    »Eine Stunde nach Sonnenuntergang.«
    Im Umkleideraum zog sie ihre Tunika aus und band ihre Gesichtsmaske besonders sorgfältig zu. Während Oda die Schnürsenkel ihrer Stiefel kontrollierte und diese festzog, damit sie während des Kampfes nicht aufgingen, fragte Suvaïdar: »Würdest du mir deinen Säbel leihen? Ich habe keine eigenen Waffen.«
    »Hat Kilara die Blutwaffen gefordert? Das wusste ich gar nicht.«
    »Nein, ich bin es, der sie fordern wird.«
    »Was ist dir denn in den Kopf gefahren?«, rief Oda. »Willst du ein Auge verlieren oder noch schlimmer verletzt werden?«
    »Ich danke dir für dein rührendes Vertrauen. Leihst du mir nun deinen Säbel, oder muss ich jemand anders fragen?«
    »Warum willst du unbedingt die Blutklingen? Das ist eine große Dummheit, und ich habe nicht die Absicht, dich darin zu unterstützen.«
    Suvaïdar drehte sich wütend zu Oda um. Das war keine Antwort, die mit dem Shiro-Kodex vereinbar gewesen wäre. Sie blickte ihn fest an und wiederholte ihre Frage, diesmal in der Hochsprache, wobei sie die alte, traditionelle Formulierung benutzte:
    »Shiro Adaï, ich würde mich geehrt fühlen, wenn du mir zugestehen könntest, deine Klinge zu benutzen.«
    Odas Erziehung gewann sofort Oberhand, und er fühlte sich im Gegenzug verpflichtet, seiner Schwester eine ebenso traditionelle Antwort zu geben:
    »Adamé, es ist eine große Ehre für mich, Shiro Adaï.«
    *
    Sie war bereit. Kilara war bereits erschienen, und zwei Jugendliche, die noch langes Haar trugen, waren damit beschäftigt, den Bereich abzustecken, in dem der Kampf stattfinden würde. Sie zogen mit weißem Sand vier Linien auf dem Holzfußboden.Nachdem sie ihre Arbeit beendet hatten, trat Doran Huang in das Viereck. Suvaïdar und Kilara folgten ihr.
    Doran verkündete: »Eine Herausforderung wurde bekanntgemacht und angenommen. Welche Waffe?«
    »Der große Säbel«, antwortete Suvaïdar.
    Kilara ging zu der Wand, an der die Übungswaffen lehnten, doch Suvaïdar rief:
    »Ich fordere die Blutklingen.«
    Die beiden anwesenden Asix, die beim Kampf assistieren sollten, stießen Seufzer aus; dann kehrten sie zur gewohnten Disziplin zurück und schwiegen. Schließlich standen sie auf und gingen, wobei sie versuchten, so wenig Lärm wie möglich zu machen.
    Kilara wusste von der Schwäche ihrer Gegnerin und zögerte einen Moment. Dann aber verbeugte sie sich, womit sie bezeugte, mit der Wahl einverstanden zu sein. Im Prinzip blieb ihr auch gar nichts anderes übrig, denn eine Verweigerung war nicht erlaubt.
    Oda reichte seiner Schwester seinen schweren Säbel aus Metall, solide, funktionell und perfekt geschliffen. Doran Huang forderte Kilara mit einem Zeichen auf, sich eine der Waffen zu nehmen, die an der Wand lehnten, denn Kilara hatte nicht daran gedacht, ihren eigenen Säbel mitzubringen, weil sie überzeugt gewesen war, dass mit den Waffen aus Holz gekämpft werden würde. Nachdem sie drei Waffen in der Hand gehalten hatte, um deren Gewicht und Ausgewogenheit abzuschätzen, nahm sie einen schweren bronzenen Säbel, der sehr alt sein musste, denn die gesamte Klinge war mit dem Ideogramm der Huangs verziert.
    Die beiden Frauen nahmen ihre Position im Viereck ein. Durch ihre Maske konnten beide die Augen ihrer Gegnerin sehen. Als Doran Huang den Kampf mit dem rituellen »Los!« eröffnete, machten beide einen Schritt nach vorn. Kilara hielt die Garde hoch. Ihre Arme waren ausgestreckt und hielten den Säbel ohne das geringste Zittern in einer vertikalen Position. Auf diese Weise bedeckte er Torso und Bauch und brachte sie in eine bessere Ausgangsposition. Suvaïdar dagegen entschloss sich zur tiefen Garde der Anfänger und richtete die Spitze ihres Säbels in Richtung Boden. Das war nicht so schwer und zudem sicherer, weil es denKörper schützte. Allerdings wurden die Attacken auf diese Weise langsamer, und der Gegner hatte mehr Zeit, deren Richtung einzuschätzen.
    Kilara griff zuerst an – in einer weiten, absteigenden Drehung nach rechts. Suvaïdar parierte ohne Schwierigkeit. Ohne die Bewegung zu unterbrechen, vervollständigte Kilara den Kreis und griff in einer Bewegung von unten nach oben ihre Gegnerin

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