Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
haben.
»Darf ich mir die Frage erlauben, ob die Berichte des vorherigen Botschafters etwas Interessantes hergeben?«, wollte der Professor wissen.
» Darüber auf jeden Fall nichts«, sagte Oberst Rasser. »Coont hat sich über die Ökonomie und Meteorologie des Planeten geäußert, und das eine war so katastrophal wie das andere. Außerdem hat er die Probleme mit der Energieversorgung und dem Fieber von Gaia angesprochen. Kein einziges Mal aber wurde das Problem der beiden Rassen Ta-Shimas behandelt, als wäre es nicht erwähnenswert, dass es zwei ethnische Gruppen mit klar definierten äußeren Merkmalen gibt.«
»Warum fragt ihr nicht den Kommandanten N’Tari? Er war bereits mehrere Male in dieser Welt. Ich glaube sogar gehört zu haben, dass man ihn eingeladen hat, ein paar Tage bei der Familie eines Besatzungsmitglieds zu verbringen.«
»Was für ein Leichtsinn!«, warf völlig unpassend die erste Ehefrau Rassers ein. »Wenn man bedenkt, in welch erbärmlichen hygienischen Verhältnissen diese Leute leben. Bei diesen Menschen von den peripheren Planeten weiß man doch nie.«
Der Professor, der von solch einem peripheren Planeten kam, fühlte sich ein wenig beleidigt, reagierte aber nicht darauf. Er wusste genau, dass die beiden Mädchen und die anderen Raumfahrtbegleiter, die er kennengelernt hatte, so reinlich waren, wie es auf einem Raumschiff, auf dem Wasser rationiert wurde, nur möglich war.
Der Botschafter rief sofort den Kommandanten herbei, der äußerst schlecht gelaunt eintraf, denn er hatte frei und hatte sich gerade zum Schlafen hingelegt.
»Eure Exzellenz wünschen?«, fragte er.
Aziz Rasser bewies ein weiteres Mal, dass er fähig war, sich diplomatisch zu verhalten. Er bat den Kommandanten, Platz zu nehmen und bot ihm ein Glas Weißwein – perlend und ein wenig säuerlich – aus seinem persönlichen Vorrat an. Von diesem Wein hatte er gleich mehrere Kisten mit an Bord genommen. Dem Kommandanten, der an die berauschenden Weine von Ta-Shima gewöhnt war – die Reben konnten sich vier Monate lang an fulminanten Sonnenstrahlen erfreuen – schmeckte dieser Wein nicht besonders, aber er achtete die Geste und hörte zu.
»Geschätzter Kommandant N’Tari, bitte entschuldigen Sie, dass wir Sie gestört haben, aber man hat mir erzählt«, Rasser zeigte auf Professor Li, »dass Sie in gewisser Hinsicht ein Experte sind, was unseren Zielplaneten betrifft.«
N’Tari schaute düster auf den Professor, der rasch erklärte: »Ich habe angedeutet, dass Sie sich gut mit Ihrer Besatzung verstehen, und dass Sie sogar eingeladen wurden, ein paar Tage im Haus eines Besatzungsmitglieds zu verbringen. Und nun fragen wir uns, ob Sie vielleicht wissen, was das Verhältnis der beiden ethnischen Gruppen ausmacht, aus denen sich die Gesellschaft des Planeten zusammensetzt. In der Dokumentation der ersten Expedition findet sich leider kein Bezug darauf.«
»Ehrlich gesagt«, antwortete Kommandant N’Tari, »weiß ich esauch nicht. Alle Mitglieder der Besatzung sind Asix, und ich hatte niemals Kontakt zu den Shiro. Ich kann nur bestätigen, dass die Asix ihnen gegenüber einen Respekt aufbringen, den man schon als zwanghaft bezeichnen könnte.«
»Hält man sie als Sklaven?«, hakte Kapitän Aber nach, noch immer verbohrt von seiner Idee.
»Nie im Leben! Es stimmt, dass die gesamte Besatzung sich überschlägt, den Shiro Respekt zu bezeugen, aber sie hat keine Angst vor ihnen. Und mir scheint, ein Diener würde seinen Herrn fürchten und ihm so oft wie möglich aus dem Weg gehen. Außerdem geschieht diese Art der Ehrbezeugung den Shiro gegenüber freiwillig und ohne besonderen Grund. Eine Technikerin aus dem Maschinenraum zum Beispiel ist nur deshalb zu den Shiro gegangen ist, um ihnen zu erzählen, dass sie ein Kind erwartet.«
»Oh! Sie kriegt ein Baby?« Die erste Ehefrau Rassers schien zufrieden zu sein, dass die Unterhaltung sich jetzt endlich um Dinge drehte, bei denen sie ein Wörtchen mitreden konnte, ohne dass ihre Weiblichkeit Schaden nahm. »Ist ihr Mann auch an Bord?«
Der Kommandant dankte seinen Göttern, dass sie ihm eine Gesichtsfarbe wie Ebenholz geschenkt hatten, sodass man ihm nicht ansah, wenn er errötete. Er fingerte nervös an seinem Ohrring herum, den er an diesem Tag links trug, und antwortete:
»Nein, meine Dame. Sie ist nicht verheiratet«, sagte er. »Es kommt äußerst selten vor, dass Asix-Frauen einen festen Gefährten haben oder dass Mann und Frau sich zusammenschließen,
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