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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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Respekt bezeugen müsse. Ich habe ihn gefragt, warum das so sei, und er hat geantwortet, man müsse sie respektieren, eben weil sie ›Oedaï‹ genannt wird. Das Ganze war mir immer noch nicht klar, und ich habe nachgehakt. Aber alles, was ich erfahren habe, ist Folgendes: Wenn ein Shirosich dafür entscheidet, jemanden zu respektieren, ist das seine Sache und geht keinen anderen etwas an.«
    In Wahrheit hatte der Raumfahrtbegleiter gesagt: »Es steht Fremden nicht zu, sich in die Angelegenheiten der Shiro-Herrscher einzumischen«, aber Kommandant N’Tari hatte es für opportun gehalten, seine Übersetzung ein wenig zu verklären.
    Kurze Zeit später trafen die drei Damen auf Oda, der für seine Begleiter Tee holen wollte.
    Die erste Gemahlin des Botschafters richtete das Wort an ihn. »Erlauben Sie mir eine Frage?«
    »Ja«, erwiderte Oda, leicht verwirrt angesichts dieser Formulierung, die eine wortwörtliche Übersetzung der formellen Wendung »Ist es erlaubt, eine Frage zu stellen?« zu sein schien. Die formelle Wendung aus der Hochsprache war allerdings nur üblich zwischen Untergebenen und ihren Vorgesetzten.
    »Man hat uns erzählt, dass es auf Ihrem Planeten eine Königin gab. Stimmt das?«
    »Eine Königin? Ja, man könnte sie so nennen.«
    »Dann hat eine Frau regiert?«
    »So ist es.«
    »Aber wie ist es möglich, dass Männer die Weisungen von jemandem akzeptieren, der schwächer ist als sie und unfähig, ein Kommando innezuhaben?«
    Oda blickte auf und musterte die Frau, die ihn um ein paar Zentimeter überragte und etliche Pfunde mehr wog als er.
    Die Frauen, schwach und unfähig?, fragte er sich. Sicher, diese drei Gelbhaarigen, die nun vor ihm standen, hatten nichts Zartes an sich; sie waren größer und dicker als er. Aber das galt auch für Odavaïdar Huang, den alten Drachen, und für Haridar und Tichaeris, die sich in allen Kampfstilen schlugen. Doch auch Suvaïdar, so zierlich und weich sie auch gewirkt hatte, als er sie in ihrer lächerlichen fremden Kleidung sah. Tatsächlich war sie stahlhart wie die Klinge seines Kampfsäbels (in seinen Augen war das wohl das schönste Kompliment, das man jemandem machen konnte). Noch in jungen Jahren hatte sie es gewagt, den Clan zum Teufel zu jagen und ganz allein in die Außenwelt zu gehen.
    Und nun hatte sie innerhalb weniger Stunden alles verloren, wofür sie die letzten sechs Trockenzeiten hart geschuftet hatte. Sie hatte ihrem Leben den Rücken gekehrt und war gegangen – ohne Klagen oder Proteste. Wie konnte man ein menschliches Wesen als schwach bezeichnen, das so tugendhaft war?
    Odas Antwort fiel knapp aus: »Meine Mutter war nicht das, was man als ›schwach‹ bezeichnen könnte.«
    »Ich habe keine Anspielung auf Ihre Mutter gemacht, denn ich hatte noch nie das Vergnügen. Ich sprach von der Ex-Königin von Ta-Shima.«
    »Ja, ganz recht. Von meiner biologischen Mutter.«
    Die Dame war vom ersten Teil der Antwort dermaßen überrascht, dass ihr der zweite Teil entging.
    »Ihre Mutter? Sie sind der Sohn der Königin?«
    »Aber dann sind Sie ja der Erbe des Throns!«, warf Arsel mit weit aufgerissenen Augen ein.
    »Was habe ich unter einem Thron zu verstehen?«, erkundigte er sich. (Seine Schwester hatte ihm bereits erklärt, dass es so viel wie »erben« bedeutet.)
    Sie waren wieder am Ausgangspunkt des Gesprächs angekommen. Und nachdem die Damen erneut bestrebt waren, Oda davon zu überzeugen, dass Frauen von Natur aus unterwürfig seien, riss ihm der Geduldsfaden, und er antwortete:
    »In Neudachren mögen Frauen ja unterwürfig sein, aber mein Mutter? Du liebe Zeit, ich will mir gar vorstellen, was mit mir passiert wäre, hätte ich einer ihrer Anordnung nicht Folge geleistet. Nicht, dass sie mich persönlich großgezogen hätte, ich habe sie nur dreimal gesehen   ...«
    »Wie bitte? Sie haben nicht mit Ihrer Mutter zusammen gelebt?«
    »Ganz offensichtlich nicht«, erwiderte Oda gekränkt. »Sie hatte Wichtigeres zu tun, als sich mit einer Rasselbande zu beschäftigen. Ich habe bei einer Pflegemutter gelebt, bis ich ...«. Er rechnete rasch die Trockenzeiten um. »Ich bin ungefähr fünf Jahre bei ihr geblieben.«
    »Und Ihr Vater war damit einverstanden? Er hat zugelassen,dass seine Gemahlin arbeitet und sich nicht selbst um die Kinder kümmert?«, fragte die junge Frau Rasser neugierig.
    Seine Gemahlin? Zugelassen? Was genau wollte die Frau damit sagen? Für einen Moment bedauerte Oda, die Einheimischen nicht schon früher besucht zu

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