Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
Verletzten Erste Hilfe zu leisten. Würde dies nicht geschehen, bestand die Gefahr, dass er binnen weniger Minuten verblutete.
»Der Kampf ist beendet!«, rief Midori und verlangte, man möge sofort eine Jestak rufen.
Drei Jugendliche entfernten sich im Laufschritt, während der verletzte Shiro langsam zu Boden glitt. Doran Huang nahm seinen Gürtel ab und versuchte erfolglos, die Arterie abzubinden.
Ohne groß darüber nachzudenken, bahnte Lara sich einen Weg zwischen den Erwachsenen des Clans hindurch und betrat den für das Duell begrenzten Bereich.
»Mit Ihrer Erlaubnis, Shiro Adaï«, sagte sie zu dem alten Lehrer.
Noch bevor Midori – völlig verdutzt über die Unverfrorenheit eines jungen Mädchens mit noch langem Haar – protestieren konnte, hatte Lara sich neben den Verletzten gekniet und suchte oberhalb der Wunde hastig nach der Speichenarterie. Mit aller Kraft drückte sie mit ihren Fingern auf den Arm. Aus dem spritzenden Blutstrahl wurde ein Blutfaden. Lara setzte ihr ganzes Gewicht ein, um auf die Arterie zu drücken und den Blutfluss zu unterbinden. Ihr langes Haar fiel in das Gesicht des Verwundeten und bedeckte die Wunde.
»Bitte, kann mir jemand helfen und meine Haare festhalten, damit sie nicht in sein Gesicht fallen?«, rief sie.
Eine Hand ergriff die blutigen Strähnen, um sie nach hinten zu ziehen. Aus dem Augenwinkel heraus erkannte Lara den Lehrer Midori.
Dafür wird die Saz Adaï mich töten lassen, schoss es Lara durchden Kopf. Ich habe einem der größten Lehrer von Gaia eine Weisung erteilt.
Sie verharrten und warteten, bis endlich eine Jestak mit zwei Asix und einer Trage eintraf. Der Verletzte wurde mit größter Vorsicht auf die Trage des Lebenshauses gelegt. Die Jestak nahm Laras Platz ein und drückte mit aller Kraft auf die Arterie.
»Gut gemacht, mein Mädchen. Wer bist du? Ach, du! Ich erkenne dich. Du kommst oft zu uns, um uns bei der Arbeit zu unterstützen. Jetzt brauche ich dich nicht mehr, du kannst dich waschen.«
Lara ging in die Umkleideräume der Akademie, um sich das Blut abzuwaschen, mit dem sie von Kopf bis Fuß bespritzt war. Aber als sie in den Waschraum kam, erschrak sie, denn Doran Huang und Midori waren bereits dort.
»Meister, ich bitte zu entschuldigen, dass ich mir erlaubt habe ... also, ich meine ... es war nicht meine Absicht .. ich wollte in deiner Gegenwart keine Anweisungen erteilen«, stammelte sie ängstlich.
»Du musst dich nicht entschuldigen. Du hast getan, was nötig war. In einem Fechtsaal zählt nicht, wer du bist, sondern was du kannst. Und mir scheint, als wüsstest du, was man in einer Situation wie vorhin zu tun hat.«
»Das war gut, Lara«, fügte Doran Huang hinzu.
Die beiden Lehrer zogen eine saubere Tunika an und gingen in den Fechtsaal zurück. Die Jungen aus dem Clan hatten bereits den Boden gesäubert; nur noch eine einzige feuchte Stelle blieb Zeuge dessen, was geschehen war.
Die Shiro, die gekämpft hatte, war noch anwesend. Sie kniete neben dem abgegrenzten Duellbereich. Völlig unbeweglich verharrte sie dort, ohne das Blut wegzuwischen, das aus ihren oberflächlichen Wunden an der linken Schulter und am Arm tropfte.
Sie verbeugte sich bis zum Boden; dann hob sie den Kopf und blickte fragend in Richtung Midori. Und nur weil dieser erklärte, dass ihr Schlag korrekt gewesen sei, durfte die Frau aufstehen und den Saal verlassen.
Anders als Lara befürchtet hatte, wurde sie nicht zur Matriarchin bestellt, um sich wegen ihres Einschreitens im Fechtsaalbeschimpfen zu lassen. An einem der nächsten Tage jedoch schlug man ihr vor, sich einer Gruppe anzuschießen, die sich auf die Volljährigkeitsprüfungen vorbereitete. Lara, die nur zu gut wusste, dass sie eine schlechte Kämpferin war, hatte Angst, sich bei den Ausgegrenzten und Abgeschobenen wiederzufinden, die sich zusammentaten, weil sie keine besseren Möglichkeiten hatten. Einen der besseren Kämpfer zu fragen, traute Lara sich nicht. Doch unerwartet kam Rico Bur zu ihr, eine ausgezeichnete Athletin, und fragte Lara, ob sie ihrem Team beitreten wolle.
»Ich fühle mich geehrt«, sagte Lara, die mehr als überrascht war. »Aber warum gehst du nicht zu jemandem, der so gut ist wie du? Du bist sogar ins Finale des Turniers aller Clans gekommen. Du kannst dir aussuchen, wen du möchtest.«
»Die Gruppe ist fast komplett«, erwiderte Rico. »Und es gehören vier der Gefechtsbesten dazu. Da habe ich mir gesagt, dass es nützlich sein könnte, jemanden im Team zu haben,
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