Das Gesicht des Drachen
Beweise«, sagte Yindao. »Rhyme hat Ihr Mobiltelefon überprüfen lassen. In den letzten beiden Tage gab es ein halbes Dutzend Anrufe bei einem automatischen Auftragsdienst in New Jersey.«
»Ja, natürlich. Den benutze ich für meine Spitzel.«
»Sie haben nie erwähnt, dass Sie mit Informanten arbeiten.«
»Weil es nichts mit diesem Fall zu tun hat.«
»Wollten Sie den Geist verständigen, sobald wir die Wohnung der Changs erreicht hätten?«, fragte Yindao. »Oder wollten Sie die Leute eigenhändig ermorden?... Und uns auch?«
Coe schluckte. »Ich sage kein Wort mehr. Ich will mit einem Anwalt sprechen.«
»Dafür bleibt Ihnen noch jede Menge Zeit. Und nun legen Sie die rechte Hand auf den Türgriff. Falls sie sich auch nur einen Zentimeter bewegt, jage ich Ihnen eine Kugel in den Arm. Verstanden?«
»Hören Sie. «
»Verstanden?«
Der Geist sah in ihre unbarmherzigen Augen und erschauderte selbst. Er fragte sich, ob sie vielleicht hoffte, der Mann würde nach der Waffe greifen, damit sie ihn erschießen konnte.
»Ja«, knurrte Coe. Er kochte vor Wut.
»Jetzt nehmen Sie mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand Ihre Waffe, sodass der Griff nach vorn zeigt. Ganz langsam.«
Mit angewiderter Miene zog Coe vorsichtig die Pistole aus dem Holster und gab sie ihr.
Yindao steckte sie ein. »Und nun raus«, sagte sie dann, öffnete die Fahrertür und stieg aus. Die Waffe blieb die ganze Zeit auf Coes Brust gerichtet. Yindao zog die hintere Tür auf.
»Langsam.«
Er folgte dem Befehl. Sie deutete auf den Bürgersteig.
»Hinlegen. Mit dem Gesicht nach unten.«
Das Herz des Geists - das ihm rasend schnell bis zum Hals geschlagen hatte - beruhigte sich allmählich.
Wer Angst hat, kann Mut schöpfen ...
Das ist der Gipfel der Ironie, dachte er. Er hatte tatsächlich Amerikaner bestochen, sogar beim INS - darunter auch einen Untersuchungsbeamten, der gestern Morgen veranlasst hatte, dass er so schnell und problemlos freigekommen war. Aber er kannte nicht all diese Leute mit Namen, weil manche von ihnen durch seine Handlanger geschmiert wurden. Und es kam nur sehr selten zu einem persönlichen Zusammentreffen, das hatte Yindao dem INS-Mann ganz richtig erklärt. Was das Versteck der Wus in Murray Hill anging - Yindao selbst hatte ihm diese Information gegeben, als sie ihn fragte, ob er sich auch dort verstecken wollte.
Sollte er versuchen, Coe zu retten, da der Mann anscheinend für ihn arbeitete?
Nein, es war besser, ihn zu opfern. Die Festnahme war eine gute Ablenkung. Yindao und die anderen würden zudem unvorsichtiger sein, weil sie glaubten, den Verräter enttarnt zu haben.
Er sah zu, wie sie Coe auf dem Bürgersteig fachmännisch Handschellen anlegte, ihre Waffe wegsteckte und den Mann grob auf die Beine zerrte. Der Geist kurbelte sein Fenster herunter und nickte in Richtung des Eingangs. »Soll ich mit den Changs reden?«
»Die wohnen nicht hier «, sagte Yindao. »Das Haus liegt noch einige Blocks entfernt. Ich habe gelogen - ich musste Coe ablenken. Gleich um die Ecke ist ein Polizeirevier. Dort wird man ihn einsperren, bis das FBI ihn abholt.«
Der Geist musterte Coe von oben bis unten und bemühte sich, möglichst entsetzt zu klingen. »Sie wollten dem Geist das Versteck verraten. Die Kinder. Sie hätten ihn die Kinder ermorden lassen. Ich verachte Sie.«
Der Agent erwiderte wütend seinen Blick - bis Yindao ihn zur nächsten Ecke zerrte, wo in diesem Moment drei uniformierte Beamten auftauchten und ihn in Gewahrsam nahmen. Der Geist drehte sich um und sah, dass am anderen Ende des Blocks Yusufs Wagen mit laufendem Motor am Straßenrand stand.
Fünf Minuten später kehrte Yindao zurück, setzte sich hinter das Lenkrad und ließ den Motor an. Sie fuhren los. Yindao sah den Geist an und schüttelte mit zornigem Lachen den Kopf. »Tut mir Leid. Alles in Ordnung?« Obwohl der Zwischenfall sie ziemlich mitgenommen hatte, wirkte sie jetzt wieder mehr wie sie selbst. Entspannt und zuversichtlich.
»Ja.« Der Geist lachte ebenfalls. »Das haben Sie großartig gemacht. Sie beherrschen Ihren Job wirklich hervorragend.« Er wurde ernst. »Ein Verräter beim INS?«
»All dieser Mist, der Geist habe Coes Informantin ermordet. Er hat uns für dumm verkauft.« Sie nahm ihr Mobiltelefon und wählte eine Nummer. »Alles klar, Rhyme. Coe sitzt auf dem Revier in Haft. Nein, es gab keine Probleme. John und ich fahren jetzt zu den Changs. Wo sind die Teams?. Okay, ich bin in drei Minuten da. Wir werden nicht
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