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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Gürtel und holte den Schnelllader heraus, einen Metallring mit sechs Patronen, um den 357er innerhalb weniger Sekunden nachladen zu können. Er platzierte ihn direkt neben dem Revolver und wischte sich die Schusshand ein weiteres Mal am Hosenbein ab. Dann überlegte er kurz, nahm die Waffe, spannte den Hahn und legte sie auf den Tresen. Das verstieß zwar gegen die Vorschriften, aber immerhin hockte er hier in diesem Glaskasten, nicht der Sesselfurzer, der die Dienstanweisungen schrieb.
    Im ersten Moment hatte Sam Chang befürchtet, die lange Wagenschlange sei durch eine Straßensperre entstanden, aber dann sah er die Kabinen und kam zu der Überzeugung, es müsse sich um eine Art Grenzkontrolle handeln.
    Pässe, Ausweise, Visa. Sie hatten nichts dergleichen.
    Panisch hielt er nach einem Fluchtweg Ausschau, aber es gab keinen - die Fahrbahn wurde auf beiden Seiten von hohen Wänden begrenzt.
    William beruhigte den Vater. »Wir müssen nur bezahlen«, sagte er.
    »Wieso?«, fragte Chang den Jungen, der sich am besten mit den amerikanischen Gepflogenheiten auskannte.
    »Es ist eine Straßenbenutzungsgebühr«, erklärte William, als sei dies ganz offensichtlich. »Ich brauche ein paar Dollar. Dreieinhalb, um genau zu sein.«
    In seinem Geldgürtel trug Chang mehrere Tausend Yuan bei sich, die inzwischen von Salzwasser durchtränkt waren. Er hatte nicht gewagt, das Geld auf dem Schwarzmarkt von Fuzhou in amerikanische Dollar einzutauschen, weil sonst eventuell die Öffentliche Sicherheit auf ihre bevorstehende Flucht aufmerksam geworden wäre. Zum Glück hatten sie in einem Fach zwischen den beiden Vordersitzen einen Fünfdollarschein gefunden.
    Der Transporter kroch im Schneckentempo vorwärts. Noch zwei Wagen, dann waren sie an der Reihe.
    Chang warf einen Blick auf den Mann in der Kabine und stellte fest, dass er auffallend nervös wirkte und krampfhaft vermeiden wollte, unverhohlen ihren Kleinbus anzustarren.
    Nur noch ein Wagen.
    Der Mann in der Kabine ließ sie jetzt nicht mehr aus den Augen. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte William. »Der Kerl hat Verdacht geschöpft.«
    »Wir können nichts tun«, sagte sein Vater. »Fahr weiter.«
    »Ich trete einfach voll aufs Gas.«
    »Nein!«, flüsterte Chang. »Vielleicht hat er eine Waffe. Er wird auf uns schießen.«
    William rollte bis zu der Kabine vor und hielt an. Würde der Junge in seiner neuerdings rebellischen Art Changs Anweisung missachten und die Flucht ergreifen?
    Der Mann in der Kabine schluckte vernehmlich und hielt dabei eine Hand hinter der großen Registrierkasse verborgen. Befand sich dort irgendein Signalknopf?, grübelte Chang.
    William schaute hinunter und holte das amerikanische Geld zwischen den Sitzen hervor.
    Der Mann schien zurückzuzucken. Er duckte sich und bewegte die rechte Hand auf den Wagen zu.
    Dann starrte er die Banknote an, die William ihm entgegenstreckte.
    Was war daran falsch? War es zu viel? Zu wenig? Erwartete er ein Schmiergeld?
    Der Mann in der Kabine schien völlig verblüfft zu sein. Er beugte sich vor, nahm mit zittrigen Fingern den Fünfdollarschein und warf einen Blick auf die Aufschrift des Transporters:
    THE HOME STORE Während er einige Münzen abzählte, inspizierte er den hinteren Teil des Fahrzeugs. Chang hoffte inständig, dass er lediglich die Schösslinge und Sträucher erkennen konnte, die Chang, William und Wu auf dem Weg hierher in einem Park ausgegraben und in den Kleinbus geladen hatten, damit es so aussah, als würden sie ein Geschäft in der Stadt mit Pflanzen beliefern. Die restlichen Familienmitglieder lagen unter dem Laubwerk auf dem Boden.
    Der Mann gab ihm das Wechselgeld. »Guter Laden. Der Home Store. Ich kaufe ständig dort ein.«
    »Vielen Dank«, erwiderte William.
    »Ziemlich übles Wetter für eine Lieferfahrt, oder?«, fragte er Chang und nickte in Richtung des wolkenverhangenen Himmels.
    »Vielen Dank«, sagte Chang.
    William fuhr los, beschleunigte, und kurz darauf verschwanden sie in einem Tunnel.
    »Okay, wir sind in Sicherheit und an den Wachen vorbei«, verkündete Chang, woraufhin die anderen sich aufsetzten und Erde und Blätter von ihrer Kleidung klopften.
    Tja, seine Idee hatte funktioniert.
    Als die Küste hinter ihnen zurückfiel und sie mit hoher Geschwindigkeit über den Highway fuhren, war Chang plötzlich klar geworden, dass die hiesige Polizei wahrscheinlich das

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