Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
werden uns mal ein paar harmonische Spuren anschauen«, erwiderte Rhyme.
     
     
    ... Einundzwanzig
    Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür. Thom verschwand im Flur und kehrte gleich darauf mit einem stämmigen Chinesen zurück, der einen grauen, hochgeschlossenen Anzug, ein weißes Hemd und eine gestreifte Krawatte trug. Er wirkte weder überrascht noch schockiert, Rhyme in dem Storm Arrow zu erblicken oder in einem malerischen viktorianischen Stadthaus auf eine Ansammlung forensischer Apparaturen zu treffen. Erst als er Sachs sah, die an einem Tee nippte, der nach offenbar vertrauten Kräutern duftete, ließ er eine winzige Gefühlsregung erkennen.
    »Ich bin Mr. Cai.«
    Rhyme stellte sich ebenfalls vor. »Können wir uns auf Englisch unterhalten?«
    »Ja.«
    »Wir haben ein Problem, Mr. Cai, und ich hoffe, Sie können uns behilflich sein.«
    »Sie arbeiten für den Gouverneur?«
    »Das ist richtig.«
    Und in gewisser Weise stimmt das sogar, dachte Rhyme, warf dem noch immer unschlüssigen Lon Sellitto einen kurzen Blick zu und zog ironisch eine Augenbraue hoch.
    Cai setzte sich, und Rhyme berichtete ihm von der Fuzhou Dragon und den Flüchtlingen, die sich nun irgendwo in der Stadt versteckten. Als der Name des Geists fiel, schien die Miene des Mannes sich abermals kurz zu verändern, war jedoch sofort wieder völlig ausdruckslos. Rhyme nickte Deng zu, der ihm von dem Mord an Tang erzählte und ihre Vermutung äußerte, die Täter seien aus einer der ethnischen Minderheiten Chinas rekrutiert worden.
    Cai nickte und dachte nach. Die Augen hinter dem Drahtgestell seiner großen Zweistärkenbrille huschten flink hin und her. »Wir wissen über den Geist Bescheid. Er fügt uns allen großen Schaden zu. Ich werde Ihnen helfen. Ethnische Minderheiten? Nicht in Chinatown, aber ich werde mich in der Stadt ein wenig umhören. Ich habe gute Kontakte.«
    »Es ist sehr wichtig«, betonte Sachs. »Diese zehn Leute, die Zeugen. falls wir sie nicht rechtzeitig finden, wird der Geist sie umbringen.«
    »Ich verstehe«, sagte Cai mitfühlend. »Ich werde tun, was in meinen Kräften steht. Wenn Ihr Fahrer mich wieder zurückbringt, kann ich gleich damit anfangen.«
    »Vielen Dank«, sagte Sachs, und auch Sellitto und Rhyme nickten ihm dankbar zu.
    Cai stand auf und verabschiedete sich per Handschlag. Rhyme gegenüber beließ er es bei einem Nicken, während die meisten anderen Besucher ihm automatisch den Arm entgegengestreckt hätten. Der Kriminalist schloss daraus, dass Cai sich sehr unter Kontrolle hatte und weitaus scharfsichtiger und intelligenter war, als sein vermeintlich fahriges Verhalten vermuten ließ.
    Er war froh, dass dieser Mann ihnen helfen wollte.
    Doch als Cai zur Tür ging, sagte Sonny Li urplötzlich: »Ting!«
    »Das heißt >Warten Sie<«, flüsterte Eddie Deng dem Kriminalisten zu.
    Stirnrunzelnd drehte Cai sich um. Li ging zu ihm und überschüttete ihn wild gestikulierend mit einem barschen Wortschwall. Der Tong-Führer beugte sich ein Stück vor, und ein wütendes Streitgespräch begann.
    Rhyme befürchtete, die beiden könnten handgreiflich werden.
    »He!«, rief Sellitto. »Was, zum Teufel, soll das?«
    Li ignorierte ihn und brüllte mit rotem Gesicht weiter auf Cai ein. Der Tong-Führer verstummte schließlich, senkte den Kopf und starrte zu Boden.
    Rhyme sah Deng an, der die Achseln zuckte. »Das war zu schnell für mich. Ich konnte nicht folgen.«
    Li hatte sich etwas beruhigt und sprach nun weiter. Cai nickte und antwortete ihm. Am Ende stellte Li eine Frage, der Tong- Führer streckte den Arm aus, und sie gaben sich die Hände.
    Dann nickte Cai mit maskenhaft starrem Gesicht ein weiteres Mal in Rhymes Richtung und ging.
    »Um Himmels willen, was war das denn?«, fragte Sachs.
    »Wieso wollten Sie ihn einfach gehen lassen?«, wandte Li sich an Rhyme. »Er hätte Ihnen nicht geholfen.«
    »Doch, das hätte er.«
    »Nein, nein, nein. Ganz egal, was er gesagt hat. Es wäre viel zu gefährlich für ihn gewesen. Er hat eine Familie und möchte nicht, dass ihr etwas zustößt. Und Sie haben ihm im Austausch nichts angeboten. Die Limousine hat ihn nicht getäuscht. Er weiß, dass der Gouverneur nichts mit der Sache zu tun hat.«
    »Aber er hat doch gesagt, er würde uns helfen«, widersprach Sellitto.
    »Chinesen sagen nicht gern nein«, erklärte Li. »Wir greifen lieber zu einer Ausrede oder sagen einfach ja und kümmern uns nicht weiter darum. Cai wäre zurück in sein Büro gefahren und

Weitere Kostenlose Bücher