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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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brauchen wir auch nicht, Völz», entgegnete Veit gönnerhaft und vermied geflissentlich, Hanna anzuschauen. «Aber wir haben nun mal für unsere Holzeinschlagsrechte an die Stadt gezahlt. Wären deine Meiler nicht, hätt’s kein Feuer gegeben. Also sorge für einen Ausgleich.»
    «Wir haben aber nichts, Veit. Gerade du musst es doch wissen.»
    Hanna legte so viel Nachdruck wie möglich in ihre Worte. Aber als habe Hans Goltz, der ältere der Brüder, genau darauf gewartet, grapschte er nach ihrem Gürtel und riss sie zu sich heran: «Es gibt immer irgendwo ein Töpfchen mit Münzen. Grab’s aus, Hanna. Und zähl uns vor, was drin ist. Dann sehen wir weiter.»
    «Lass los!» Das Herz schlug ihr bis zum Hals, sie war wie gelähmt. War es schon schlimm genug, dass sie auf so viel Gier nicht vorbereitet war, viel schlimmer war, dass Arndt es zuließ, wie Hans Goltz mit ihr umsprang. Er machte nicht einmal den Versuch dazwischenzugehen, stattdessen nickte er verständnisvoll.
    «Nun merkst du erst, Schwester, was Sache ist, wie?», meinte er und legte Hans Goltz begütigend den Arm auf die Schulter, damit dieser von Hanna abließ. «Dabei ist alles ja nur halb so schlimm.»
    «Schau an, auf einmal?»
    Hans Goltz ließ Hanna los und bückte sich nach seiner Axt.
    «Ja. Ich hab sie doch dem Müller von der Herrenmühle versprochen», fuhr Arndt fort. «Der wird nach der Hochzeit einspringen. Das ist so gut wie sicher.»
    Er sprach so ruhig und fest, als könne es nicht dengeringsten Zweifel daran geben, als sei alles längst abgemacht. Hanna dagegen schnappte nach Luft. Für einen kurzen Moment glaubte sie, durch die Eisdecke eines Weihers zu brechen, dann fühlte sie, wie etwas in ihr zersprang. Gleichzeitig stieg eine ungeheure Wut in ihr hoch.
    «Du Ausbund!» Ihre Hand schnellte hoch, und schon hatte Arndt eine Schelle sitzen, dass man alle fünf Finger sah. «Was glaubst du, wer du bist? Du Lump! Einen Teufel werd ich tun! Zahl sie meinetwegen von der Mitgift aus, wenn du eine Dumme gefunden hast!»
    Arndt riss Mund und Augen auf – und schlug zurück. Und das nicht einmal, sondern gleich zweimal. Hanna taumelte zur Seite, doch so schnell gab sie nicht klein bei. Wie in frühen Kindertagen senkte sie den Kopf und wollte sich mit geballten Fäusten auf ihren Bruder stürzen, doch Hans Goltz packte sie einfach wieder am Gürtel und hielt sie fest.
    Arndt war es nur recht. Die Wehrlosigkeit seiner Schwester stachelte ihn derart an, dass er sich völlig vergaß. Alle Dämme brachen, als Hans Goltz Hanna losließ. Unbeteiligt sahen er und Veit zu, wie Arndt seiner Schwester so heftige Ohrfeigen verpasste, dass sie in die Knie ging. «Wer ist hier der Mann? Wer hat das Sagen?», brüllte er. «Etwa du, eine Frau? Eine dumme, schwache Frau?» Seine Stimme schnappte über. «Hast du den Verstand verloren? Bist du toll? Ich bestimme. Der Mann steht über der Frau. Ist das klar? Ist dir das endlich klar?»
    Schwer atmend ließ er von ihr ab. Hanna klingelten die Ohren, eines fühlte sich halb taub an. Ihr Kopf dröhnte, ihre Lippen bluteten. Wie ein zusammengerollter Igel lag sie im schwarzen Dreck und hörte, wie Hans und Veit Goltz anerkennend durch die Zähne pfiffen. «Hätten wir dir gar nicht zugetraut, Völz», hörte sie Veits helle Stimme.Sie klang voller Achtung. «Also, in ein paar Tagen kommen wir wieder vorbei. Bis dahin musst du dir eben etwas einfallen lassen. Sind ja nicht nur wir, die ums Holz gebracht wurden. Die von der Fischerzunft werden es auch kaum vergessen.» Hans Goltz nickte zustimmend. Die Brüder fassten Hanna unter die Arme und zogen sie hoch. «Brauchst ja nicht gleich im Dreck liegen bleiben. Komm, steh auf.»
    Hanna kämpfte mit den Tränen. Die Demütigung war vollkommen. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen, so unerträglich empfand sie es, in die Gesichter der Männer zu blicken. Sie spuckte ihnen vor die Füße und suchte nach Verwünschungen. Erst nach einer Weile wagte sie, den Kopf zu heben – und riss im selben Moment den Mund auf. Ihre Augen weiteten sich, bestürzt schlug sie die Hände gegen die Wangen.
    «Ihr lacht   … lacht über zwei Männer. Sie sind verwirrt, der eine spricht euch immer falsch an, der andere hat sich die Arme blutig gekratzt und wankt wie ein Tanzbär. In St.   Jacob drängen sie sich vor den Altar, um zum heiligen Antonius zu flehen, andere übergeben sich in die Gossen. Die Brandseuche   … sie ist zurückgekommen.»
    Sie bebte am ganzen Leib,

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