Das Gesicht des Teufels
lichterloh brannte.
Als sie näher kamen, stürmten drei nackte Mägde aus dem Haupthaus, hinter ihnen drängten sich drei Männer mit Knüppeln durch die Tür. «Bleibt! Wir tun euch nichts! Ist doch alles nur Spaß!»
Die Männer lachten verschlagen, während die Mägde nicht wussten, welche Blöße sie zuerst bedecken sollten. Als sie Ulrich und Hanna gewahr wurden, rannten sie wild gestikulierend zu ihnen: «Sie wollen uns was tun, Herr! Helft uns! Die Knechte sind geflohen, die Herrschaften aber … Sie haben sie umgebracht.»
«Du bleibst im Sattel», raunte Ulrich Hanna zu, stieg ab und zog sein Rapier.
Die Männer lachten, kamen näher, schwangen ihre Knüppel. Dem einen fehlte ein Ohr, der andere hinkte.
«Wir sind drei! Gib uns die auf deinem Braunen, damit wir ihr einmal die Wolle durchkitzeln.»
«Ich kitzel euch gleich die Gurgel, Leute. Wehrlose Frauen schänden, Gehöfte anzünden … Teufel seid ihr, alle!»
Ohne zu zögern ging Ulrich auf den Nächststehenden los. Dieser parierte seinen ersten Hieb, dann lief er weg. Die anderen beiden umkreisten Ulrich lauernd. Sie schwangen ihre Knüppel, leckten sich über die Lippen und schienen völlig überzeugt, die Stärkeren zu sein.
Hanna schlug vor Anspannung mit den Zähnen aufeinander, sie verkrallte sich in die Zügel.
Da flog die Tür des Haupthauses auf. Eine grölende Meute von Betrunkenen schleifte die blutigen Leichen einer alten Frau und eines alten Mannes heraus. Hanna schrie auf. Noch nie hatte sie etwas so Grauenhaftes gesehen. Die gebrochenen Augen der Hingemetzelten zeugten noch von dem Grauen der Tat, auf ihren Gesichtern stand das blanke Entsetzen.
Das sind niemals gewöhnliche Bauern, durchfuhr es sie. So bestialisch war ja nicht einmal Paul Ickelsheimer. Dies hier sind Wegelagerer, Ausgestoßene, Totschläger. Sie nutzen die Aufstände der Bauern, um ihnen ihr gottloses Tun hinterher in die Schuhe zu schieben.
Immer neue Gestalten tauchten auf dem Hof auf und feuerten Ulrich und die Knüppelträger an, doch endlich aufeinander einzuschlagen. Sie trugen Lumpen, hatten verwegene Gesichter, die teilweise entstellt waren: Dem einen fehlte ein Ohr, den anderen war ein Auge ausgestochen, wieder andere trugen entstellende Narben auf der Stirn.
Da gellte ein Pfiff, und ein Mann rief: «Da kommen Berittene. Ein halbes Dutzend!»
«Und wennschon», erschallte eine Stimme in HannasRücken. «Wir sind drei Dutzend. Und ein Dutzend davon mit Blankwaffen. Jetzt lasst den Ritter in Ruh. Er ist kein Blutsauger, das weiß ich.» Hanna kam die Stimme bekannt vor. Ja, es gab keinen Zweifel: Der Mann, der hier das Sagen hatte, war niemand anders als Jockel, einer der Wilderer. Sie erkannte sein gramzerfurchtes Gesicht wieder und erinnerte sich daran, dass er damals gesagt hatte, er und seine Gesellen hätten Frau und Kinder und ein reines Gewissen. «Kannst absteigen, Hanna Völz», hörte sie ihn sagen. «Wir sind ehrbar.»
«Ehrbar?», brauste Ulrich auf. «Und was ist das?» Er zeigte mit dem Schwert auf die Leichen. «Greise, denen ihr die Hälse durchschneidet? Die Fackeln? Die Brände?»
«Wir tun nur, was getan werden muss.»
«Ihr mordet!»
«Nein.» Hanna sah, wie sich Jockels zerfurchtes Gesicht spannte und sich der blanke Hass darauf eingrub. Anklagend rief er Ulrich zu: «Die beiden waren schon tot, als wir kamen.»
«Ihr lügt.»
Der Boden erbebte unter den herangaloppierenden Reitern. An ihrer Spitze erkannte Hanna Jacob Aufreiter. Er hatte fünf Männer in Harnisch bei sich, zweien von ihnen hingen Armbrüste über der Schulter. Wieder gellte ein Pfiff. Aus allen Richtungen stießen plötzlich bewaffnete Männer hinzu, drei von ihnen hatten ihre Armbrüste gespannt und nahmen Aufreiter und die Rothenburger Stadtsoldaten ins Visier.
Jockel hob die Hand.
«Wir sind in der Überzahl, Jacob Aufreiter. Macht keine dummen Sachen.»
«Wo sind meine Schwiegereltern?», brüllte der Stadtrichter. Jockel trat zurück, seine Männer zur Seite. Aufreiter stemmte sich im Sattel hoch und stierte auf die Ermordeten.Einen Moment lang war nur das Prasseln des Feuers und das Brüllen des Viehs zu hören. Hanna fiel auf, wie bleich Aufreiter war und dass sein vorgeschobener Unterkiefer zitterte.
Als ob er ein schlechtes Gewissen hätte, durchfuhr es Hanna. Er scheint gewusst zu haben, dass den beiden Gefahr droht. Aber warum hat er dann nicht vorher etwas unternommen?
«Sie waren tot, wir haben sie so gefunden.» Jockels Stimme
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