Das Gesicht des Teufels
klang kalt und fest. Sein Mund zitterte vor Abscheu, die Furchen in seinem Gesicht waren tiefschwarz. «Jetzt ist es Euer Hof, Stadtrichter, nicht wahr? Stimmt es, dass Eure Schwiegereltern und Ihr euch alles andere als grün wart?»
«Was tut das zur Sache? Sie sind tot, ermordet.» Aufreiter schaute in die Runde. Sein Blick blieb an Hanna hängen, und seine Augen verengten sich. Ein verächtliches Lächeln spielte um seinen Mund, dann aber riss er sich von ihr los und fragte laut: «Wer war es dann? Vielleicht einer, der behext wurde, so etwas zu tun?»
«Aufreiter, Ihr seid ein Hundsfott! Noch so eine Beleidigung, und ich schneide Euch eigenhändig Eure Zunge ab.»
«Ihr habt das Herz auf dem rechten Fleck, Ritter von Detwang!» Jockel schaute seine Männer an, die beifällig nickten. Hanna sah, wie die beiden Männer, die Ulrich gerade noch mit ihren Prügeln umkreist hatten, ihm zuzwinkerten, als sei er jetzt einer von ihnen. Da fuhr Jockel wütend fort: «Ihr, Jacob Aufreiter, hättet diesen schönen Hof den Eltern Eurer verstorbenen Frau – Gott hab sie selig – am liebsten abgepresst. Um ihnen dann die Steuern zu erhöhen, von Quartal zu Quartal, von Jahr zu Jahr. Eure Schwiegereltern aber verstanden zu wirtschaften, und das ganz nach Eurer Art. Bauern, Knechte und Mägdehaben sie wie Vieh gehalten, sie aber wurden immer reicher. Wenn man sich drinnen im Haus umguckt, sieht es aus wie in einem Schloss. Sucht die Mörder also nicht bei meinen Leuten. Sucht sie bei den Verzweifelten, den Gedemütigten!»
«Wie in einem Schloss sieht es aus, ja? So reich also kann man werden, indem man Hafer anbaut? Glaubt Ihr das?» Aufreiter verzog den Mund zu einem abschätzigen Grinsen. Er fixierte Jockel, dann Ulrich. Schließlich streckte er sich auf seinem Pferd und ließ seinen Blick über den Hof schweifen.
Er nickte mehrmals, dann schaute er sich nach den bewaffneten Wilderern um. Jockels Armbrustschützen hatten ihn nach wie vor im Visier. Hanna sah ihnen an, dass sie nur darauf warteten, ihre Pfeile abzuschießen.
Er könnte sich nicht wehren, frohlockte Hanna. Er kann von Glück sagen, dass Jockel seine Männer so gut im Griff hat.
«Niemand von euch will es also gewesen sein?», rief Aufreiter. «Nein? War es dann ein Steinbacher Bauer oder Knecht? Überall wird ja gegen die Herren aufbegehrt! Vielleicht wurden diejenigen aufgehetzt? Ihnen durch Zauberei Willen und Anstand genommen? Ein böser Geist, der böse Blick, Hexerei gar?»
Der Hohn in Aufreiters Stimme war nicht zu überhören. Und auch wenn es nur ein flüchtiger Blick war, der Hanna streifte: Ihr gefror das Blut in den Adern. Zu gern hätte sie etwas gesagt, aber genau dies durfte sie nicht tun. Aufreiter würde ihr jedes Wort als schlechtes Gewissen auslegen.
Das wäre Wasser auf seine Mühlen, dachte sie. Getroffene Hunde bellen, würde er sagen. Seht selbst, wie sie zittert. Sie ist die Böse, die Hexe.
Hanna schaffte es dennoch nicht, den Blick von Aufreiterzu nehmen. Es war wie ein Zwang: Sie musste ihn anschauen. Und dabei wuchs das Gefühl, diesen Mann schon länger zu kennen.
Aber wie kann das sein?, fragte sie sich. Weiß ich doch sicher, dass ich ihm im letzten Winter zum ersten Mal begegnet bin. Aber genauso gewiss ist: Jedes Mal, wenn ich ihm begegnete, wurde ich ganz kopflos. Als ob das Böse, das er ausstrahlt, mich vergiftete.
«Warum das Feuer und die Plünderungen?»
Aufreiters Frage riss Hanna aus ihren Gedanken.
«Ein Denkzettel für Euch, Aufreiter. Unsere Bäuche sind leer. Seht, wie mager wir sind. Bei Euch aber glänzt das Backenfleisch, und vor lauter Stattlichkeit führt Ihr hier freche Reden.»
«Freche Reden? Ich? Bursche, wenn diese gottlosen Zeiten überstanden sind … warte ab. Ich finde jeden von euch und werde ihn der Gerechtigkeit überantworten.» Aufreiter wendete sein Pferd. Die Augen zu Schlitzen verengt, schaute er Hanna, dann Ulrich an. Sein Mund bewegte sich, dann spie er vor Ulrich aus. «Damit Ihr wisst, was ich von Deutschherren wie Euresgleichen halte.»
Jetzt konnte Hanna sich nicht mehr beherrschen: «Deutschherren wie er sind gottesfürchtiger als Ihr, Stadtrichter. Ulrichs Ruf ist gut, der Eure aber schlecht!» Ihr Herz raste, dabei war ihr, als würde sie plötzlich von einer Woge aus Licht überspült. Die Geräusche um sie herum verebbten, stattdessen hörte sie das Seufzen und Wimmern einer Frau, die sich auf dem Boden wand, die Hände gegen den Leib gepresst. Ihr Gesicht konnte
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