Das Gesicht des Teufels
Kamin und stierte ins Feuer, Hanna war bereitszu Bett gegangen. Seine Wangen waren vom Wein gerötet. Der Ärger, dass Komtur Christian die Sache der Deutschherren verraten hatte und zu den Bauern übergelaufen war, kam wieder hoch. «Ich frage dich, Robert: Was ist das für ein Mensch? Ein ehrenhafter Ritter bestimmt nicht. Erst vergewaltigt er eine Frau, dann lügt er den Deutschmeister an, dass sich die Balken biegen, schließlich zahlt er Schweigegeld, und zu guter Letzt geht er auf die Seite der Aufständischen über.»
«Er wollte seine Besitzungen in der Hege schützen, das ist alles. In diesen Tagen ist sich jeder selbst der Nächste.»
«Das habe ich gemerkt. Auch du hast die Nonnen sich selbst überlassen. Wir sind es nicht mehr wert, Robert, Ritter genannt zu werden. Schande über uns.»
Ulrich erhob sich schwerfällig und trat ans Fenster. Er schaute auf den Hof, wo sich der Hufschmied noch mit Frieder, dem Kutscher, unterhielt. Der Hufschmied hielt eine Frau an der Hüfte umfasst, Imke aus Neusitz, wie Ulrich von Hanna erfahren hatte. Imke war überglücklich, dass ihr Mann wieder zurückgekehrt war. Er hatte mit den tauber-fränkischen Bauernhaufen vor Würzburg gelagert, doch die im Umland begangenen grässlichen Plünderungen hatten ihn derart abgestoßen, dass er wieder heimgekehrt war.
Dieser Schmied hat Einsicht gezeigt, dachte Ulrich. Er wenigstens war klug. Wieder musste er an Hannas Vision nach ihrem Hufeisen-Martyrium denken: Sie verbrennen die Fahnen, und ihre Lanzen stechen alles nieder. Es wird ein Blutbad geben, während die Trommeln schlagen und die Kanonen grollen.
«Was hast du?»
«Nichts.»
«Mir kannst du nichts vormachen, Ulrich.» Robert tratan Ulrichs Seite und schaute ebenfalls aus dem Fenster. «Du denkst an die Gesichte deiner Hanna, hab ich recht?»
Ulrich nickte. «Es wird nicht das Blut der Landsknechte sein, das fließt.»
«Umso besser für uns. Es gibt Gerüchte, Bundeshauptmann Truchseß von Waldburg sei mit einem Heer über Rottenburg und Tübingen gekommen. Angeblich hätten sie aufständische Haufen aus Herrenberg herausgejagt.»
«Und das freut dich jetzt, wie?»
Robert schüttelte sacht den Kopf: «Nichts ist sicher, eins aber gewiss: Jeder glaubt, es richtig zu machen. Warum auch nicht? Du suchst Antworten, weil dich die Visionen deiner Verlobten umtreiben, andere wollen markige Worte hören. Ich war heute in St. Jakob. Da hat der Florian Geyer im Chor die Forderungen der Bauern verlesen. Doch nicht nur das: Er hat die Bürger Brüderschaft mit den Bauern schwören lassen. Die Landsknechte des Truchseß werden sich warm anziehen müssen.»
«Warum hast du das nicht gleich gesagt?»
«Weil ich erst deine Laune herausfinden wollte. Du bist gerade nämlich etwas gallig. Aber das schärft in gewisser Weise auch den Verstand. Und den braucht unsere Stadt nötiger denn je.»
«Und wer hört auf mich?»
Robert zuckte die Schultern. Er trank den Rest seines Weins, dann schnalzte er mit der Zunge.
Ja, es war ein besonderer Tropfen, den der gute Ulrich da ausgesucht hatte. Um wie viel erträglicher die Welt doch war, wenn der Wein schmeckte.
50
Mit wachsendem Ärger verfolgte Ulrich tags darauf, wie es Florian Geyer in einer so aufrührerischen wie drohenden Rede gelang, die Stadt Rothenburg für die Sache der aufständischen Tauberbauern zu gewinnen. Dabei machte er, der Führer des starken Schwarzen Haufens, keinen Hehl daraus, dass er ein Exkommunizierter war und in früheren Jahren als kriegserfahrener Hauptmann erfolgreich für die Fürsten gekämpft hatte. «Wir sind schlagkräftig. Und nicht nur das: Wir sind auch wohlorganisiert. Es bedarf nur eines Winks von mir, und die Haufen vor der Stadt beginnen, die Stadt zu beschießen. Wollt ihr das? Nein? Ich verstehe euch – denn was habt ihr alles zu verlieren! Die Rothenburger Bauern und Häcker, Laienbrüder und Laienschwestern, etliche Bürger und Handwerker haben euch bereits gezeigt, wie ernst es ihnen ist. Sie sind auf unserer Seite – macht also endlich gemeinsame Sache mit denen, die nur Gerechtigkeit wollen.»
«Gerechtigkeit?» Ulrich konnte sich nicht mehr beherrschen. «Ihr führt gute Seelen in den Abgrund mit Eurer Schönfärberei. Und das alles im Namen der Gerechtigkeit! Glaubt mir, die Fürstenheere des Schwäbischen Bundes werden Euch früher, als Ihr es für möglich haltet, zeigen, wer die Gerechtigkeit vertritt.»
«Ach, richtig, Ihr seid ja der gute Ritter mit der
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