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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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Weiß eines blühenden Birnbaums. Eine Weile schaute sie dem Gärtner und seinen Burschen zu, die Mist in den Boden einarbeiteten, dann griff sie nach einer Gießkanne und half, die Johannisbeersträucher zu wässern.
    Doch bald darauf wurde sie wieder grüblerisch. Alles liegt so nah beieinander, dachte sie. Je mehr Ulrich und ich uns lieben, umso größer ist der Hass von Jacob Aufreiter. Und je erfolgreicher die Aufständischen vor Würzburg kämpfen, umso fürchterlicher wird die Rache der Fürstenheere ausfallen.
    Was wird dann aus mir, wenn in Rothenburg die alten Kräfte wieder das Sagen haben?
    Für einen Moment glaubte Hanna, Schreien und Stöhnen zu hören. Sie schrak zusammen. Bitte, lieber Gott, kein neues Gesicht! Sie eilte zu einem der Komposthaufen und konzentrierte sich auf den blonden Gärtnerburschen, der gerade Rhabarberstängel zerschnitt.
    «Was macht ihr damit?»
    «Klein schneiden und dann Wasser drauf. Das gibt eine gute Jauchebrühe gegen Läuse. Riecht einmal, wie bitter und sauer die Stängel sind.» Der Bursche hielt Hanna einenEimer hin, der zur Hälfte mit den grünroten Stängeln gefüllt war. «Wenn man die Wurzeln zu Brei zerstampft und mit Wasser aufkocht, kann man mit dem Sud auch färben.»
    «Und essen?»
    «Die Stängel? Ich habe sie mal gekocht. Aber ohne viel Honig ist es unerträglich sauer. Hinterher hatte ich seltsam raue Zähne davon. Also lieber nicht.»
    Hanna nickte und lächelte. Wie gut, dass dieser Bursche sie abgelenkt hatte.
    «Darf ich Euch etwas fragen?»
    «Nur zu.»
    «Das tu ich auch nur, weil Ihr anders seid als die edlen Damen, nicht so streng.»
    «Jaja, also was?», fragte Hanna ungeduldig.
    «Also, was glaubt Ihr wirklich, warum Euch der Aufreiter verfolgt? Eine Hexe nämlich seid Ihr nicht. Die sehen anders aus, alt und schrumpelig, und außerdem riechen sie. Ihr aber duftet. Vor allem aber: Ihr wart doch immer wieder bei den Nonnen. Wie hätte es dort eine Hexe aushalten sollen?»
    «Ich danke dir für dein Vertrauen. Aber der Aufreiter hat viel mehr Gründe zusammengetragen, mich zur Hexe zu machen, als wir es uns vorstellen können.»
    «Weil er Angst vor Euch hat. Und wer hat Angst? Immer der, der Dreck am Stecken hat.»
    «Aber der Stadtrichter kennt mich doch gar nicht!»
    «Vielleicht anders, als Ihr glaubt? Nachher erinnert Ihr ihn an jemanden? Dann sieht er in Euch einen bösen Geist.»
    «Ja, das tut er wohl. Aber lass es gut sein. Das macht mir nur Angst. Einen schönen Tag dir.»
    «Euch auch. Viel Glück.»

51
    Die Bemerkung des Gärtnerburschen, Aufreiter sähe in ihr einen bösen Geist, den er vernichten müsse, ging Hanna in den folgenden Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Ruhelos ging sie auf dem Gut spazieren, und selbst das jetzt sonnige Wetter konnte ihre Stimmung nicht heben. Wie gern hätte sie sich Ulrich anvertraut, hätte diese Möglichkeit mit ihm durchgespielt. Aber Ulrich hatte jetzt wichtigere Dinge im Kopf. Fast schroff hatte er ihr nach der Ratssitzung bedeutet, sie sei hier in Sicherheit und alles andere jetzt nebensächlich.
    Mitte Mai weihte er sie in den Plan ein, gemeinsam mit seinen Ritterbrüdern einen Brief an Markgraf Kasimir zu schreiben: «Wir erklären darin, wir hätten nichts mit Florian Geyer gemein, und schon gar nicht mit dem Rat, der sich nicht entblödet, Rothenburger Geschütze an die Würzburg-Belagerer zu liefern.»
    «Tut, was ihr für richtig haltet. Aber liebst du mich noch? Dein Hexchen?»
    «Hanna! Du bist alles für mich.»
    Innig hatten sie sich im Obstgarten unter einem Apfelbaum geküsst. Nachts hatte Ulrich an ihr Zimmer geklopft und sie wortlos, aber leidenschaftlich geliebt.
    Als habe er seine Worte damit beweisen wollen, hatte sie hinterher gedacht. Es war das erste Mal, dass sie nur wenig davon gehabt hatte.
    War das jetzt ein Omen?
    Sie hatte große Sehnsucht nach dem Wachsenberg bekommen. Wie gerne hätte sie mit Ursula und Magdalena vor der Herdstelle gehockt und getratscht. Aber natürlich war ihre Weiberwirtschaft für sie jetzt viel zu gefährlich.
    Wenn selbst Katharina Aufreiter zutraut, dass er michwieder gefangen setzt, dachte Hanna, ist es wirklich besser, ich bleibe hier auf dem Gut. Doch Ulrich hatte kaum mehr Zeit für sie. Ständig war er bei irgendwelchen Deutschherren, abends dann kam er erschöpft und missgelaunt nach Hause. Immer drängender wurden die Fragen des Landkomturs: Wann endlich hebt ihr Rothenburger Deutschherren Reisige aus? Wann endlich tretet ihr offen dem

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