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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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Hals und schaute ihn herausfordernd an.
    Die Menschen murrten, aber sie gingen auseinander.
    Der Handwerker zeigte Ulrich den Vogel, ging aber ebenfalls seines Wegs.
    Wütend ging Ulrich auf Carlstadt und den Patrizierzu: «Palavern könnt Ihr, wie? Und wegschauen, was? Da braucht Ihr Euch nicht wundern, wenn eines Tages Eure Häuser in Flammen aufgehen!»
    «Aber Ritter! Es ist doch gar nichts passiert.»
    Dr.   Carlstadt klang, als wollte er Ulrich für verrückt erklären.
    «Der Nebel scheint Eurem reformatorischen Verstand nicht gutzutun, Dr.   Carlstadt. Wollt Ihr Unruhe stiften? Das tut in Wittenberg, aber nicht hier.»
    «Ritter von Detwang, seit wann sorgt sich ein Mann des Deutschen Ritterordens um die Stadt?», rief ihm der Patrizier spöttisch zu. «Geschehen etwa auch bei den Deutschherren jetzt Wunder?»
    Er lachte und wandte sich ab. Gemeinsam mit Dr.   Carlstadt hielt er auf die Ratsweinstube zu. Gedemütigt sah Ulrich ihnen nach. Noch nie war ihm so unmissverständlich klargemacht worden, was es bedeutete, zu den als gierig und erzfaul verschrienen Deutschherren zu gehören.
    Die Sonne hatte weiter an Kraft gewonnen, der Nebel lichtete sich jetzt rasch. Ulrich hörte Mahut wiehern – und auf einmal sah er Hanna vor sich. Auch um sie werde ich kämpfen müssen, dachte er ernüchtert. Erst einmal aber muss ich sie in Sicherheit bringen. Schon allein, um ihr den Aderlass zu ersparen.

14
    Sie sehnte sich nach ihm, und diese Hoffnung ließ sie aufblühen, Spitalkaplan Ott aber führte Hannas gesundes Aussehen auf das gereinigte Blut und die gute Kost zurück. Mehrmals täglich besuchte er seine neue Lieblingspatientin im großen Saal des Spitals, betete mit ihr undließ sie drei Tage vor dem Aderlass in eine Krankenzelle für Patienten von Stand bringen.
    «Schau, Hanna, du hast hier einen eigenen Altar. Das Bild zeigt die Himmelfahrt der Heiligen Jungfrau. Sie wird dir beistehen. Komm, lass uns beten.»
    Mit vor Begeisterung glänzenden Augen schob er sie an den Hüften vor das sekretärähnliche Möbelstück, das eine Zellenecke neben dem Fenster ausfüllte. Gemeinsam knieten sie nieder, Spitalkaplan Ott ein Stück hinter ihr. Seine Brust berührte ihren Rücken, der saure Atem seiner Nase drang ihr durch das frisch gewaschene Haar.
    Hanna riss sich zusammen, damit der Spitalkaplan ihre Abneigung nicht spürte, und betete mit ihm tapfer ein Ave-Maria. Allein der Geruch, der von ihm ausging! Ungewaschen und fischig, während sie nach einem Dampfbad nach Seife duftete. Sie verstand nicht, warum er so wenig Wert auf Körperpflege legte. Immerhin stammte er aus einer wohlhabenden Familie, einer seiner Brüder stellte sogar einen der sechzehn Ratsherren.
    «Ich spüre, du bist eine reine Jungfrau», murmelte der Spitalkaplan nach dem Amen. «Du könntest in ein Kloster gehen   …»
    «Nein. Niemals.»
    «…   Du wärst die reinste und frömmste Frau», sprach er, ohne zu stocken, weiter. «Eine herrliche Zierde unserer Religion in diesen Wirren, in denen der Pöbel das Unterste zuoberst kehrt.»
    Er sank gegen sie. Hanna zuckte zusammen. Sie machte sich steif und wagte kaum noch zu atmen.
    Da klopfte es.
    «Herein», rief sie hastig.
    Der Spitalkaplan brummte missbilligend und erhob sich. «Überleg es dir, meine Tochter», zischelte er ihr zu, als Spitalmeister Ulf von Leuzendorf eintrat.
    «Kaplan Ott, Ritter Ulrich von Detwang möchte unter vier Augen mit ihr sprechen», bellte der Spitalmeister in die Zelle. «Kommt bitte. Im Übrigen darf ich Euch daran erinnern: In der Benediktregel heißt es nicht nur
ora
, sondern auch
labora

     
    Für Hanna waren es die schönsten Minuten ihres Lebens. Ulrich schaute sie unverwandt an, während er sie an den Händen hielt. Seine Augen leuchteten, und sie las die Freude darin, sie so gepflegt und begehrenswert vorzufinden. Wir haben noch kein Wort gesprochen, schoss es ihr durch den Kopf, da fühlte sie, wie Ulrich den Druck seiner Hände verstärkte. Ein neuer Gefühlssturm brach sich bei ihr Bahn, und ihr Herz klopfte, als wolle es zerspringen.
    Sie erwiderte den Druck seiner Hände, ihre Lippen bebten. Ihr schwindelte vor Sehnsucht, doch da ertönte das magere Geläut der Spitalglocke und beendete ihre stumme Zwiesprache. Ulrich räusperte sich, und Hanna glaubte, ins Leere zu stürzen, als er sie losließ. Leise schluchzte sie auf und flüsterte seinen Namen.
    «Hanna?», fragte er besorgt.
    Sie wollte ihm um den Hals fallen, doch da spürte sie

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