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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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dieses Geräuschs, denn er glaubte, es entlarve die übersättigte Atmosphäre der Kirche.
    Da die Frühmesse erst in einer halben Stunde beginnen würde, war außer Victor nur Patrick Duchaine anwesend. Er
wartete seinen Anweisungen entsprechend auf der vordersten Bank des Kirchengestühls aus Hickoryholz.
    Der Mann erhob sich nervös, aber Victor sagte: »Setzen.« Er schlug dabei nicht ganz den Tonfall an, mit dem er eine Ehrenbezeugung abgelehnt hätte, sondern eher den, in dem er sich ungeduldig an einen lästigen Hund gewandt und gesagt hätte: »Sitz.«
    Mit seinen sechzig Jahren hatte Patrick weißes Haar, ein ernstes, großväterliches Gesicht und Augen, die von immer währendem Mitgefühl feucht waren. Allein schon sein Aussehen flößte seinen Gemeindemitgliedern Vertrauen und Zuneigung ein.
    Zu dieser äußeren Erscheinung kamen dann auch noch eine sanfte, melodische Stimme und ein herzliches, natürliches Lachen. Zudem besaß er die wahre Demut eines Mannes, der sich über seinen Platz in der Weltordnung nur allzu klar bewusst ist.
    Pater Duchaine war das Bild eines unbeirrbar braven Geistlichen, den die Gläubigen in ihre Herzen schließen würden. Und dem sie, ohne zu zögern, ihre Sünden beichten würden.
    In einer Stadt mit vielen Katholiken – ob sie nun praktizierten oder nicht – erschien es Victor nützlich, einen seiner Leute in dem Beichtstuhl sitzen zu haben, in dem einige der mächtigsten Bürger der Stadt niederknieten.
    Patrick Duchaine zählte zu den wenigen Angehörigen der Neuen Rasse, die aus der DNA eines existierenden Menschen geklont und nicht vollständig von Victor entworfen worden waren. Physiologisch waren Verbesserungen vorgenommen worden, aber für das Auge war er der Patrick Duchaine, der aus der Verbindung eines Mannes mit einer Frau hervorgegangen war.
    Der echte Pater Duchaine hatte im Rahmen einer Kampagne des Roten Kreuzes Blut gespendet und damit unwissentlich
das Material zur Verfügung gestellt, aus dem man ihn später reproduzieren konnte. Derzeit verweste er unter Tonnen von Abfällen tief unten in der Mülldeponie, während sich sein Doppelgänger in Unsere Liebe Frau der Kummervollen der Seelen annahm.
    Tatsächlich vorhandene Menschen durch Kopien zu ersetzen brachte Risiken mit sich, die Victor nur in den seltensten Fällen eingehen wollte. Das Double mochte zwar genauso aussehen, sich genauso anhören und sich auf exakt dieselbe Art bewegen wie die Vorlage, aber die Erinnerungen des Originals konnten nicht auf die Kopie übertragen werden.
    Die engsten Verwandten und Freunde des ersetzten Individuums würden mit Sicherheit zahlreiche Wissenslücken bemerken, was seine persönliche Vorgeschichte und die zwischenmenschlichen Beziehungen anging. Sie kämen zwar nicht auf den Gedanken, es könnte sich um einen Schwindler handeln, doch sie würden mit Gewissheit glauben, es liege eine geistige oder körperliche Störung vor; sie würden den Betroffenen drängen, medizinischen Beistand zu suchen.
    Dazu kam noch, dass sie denjenigen voller Sorge beobachten und ihm nie so ganz trauen würden. Seine Fähigkeit, sich unauffällig in seine Umgebung einzufügen und seine Arbeit im Dienste der Neuen Rasse auszuführen, würde daher eingeschränkt sein.
    Im Falle des Geistlichen verhielt es sich so, dass er natürlich nicht verheiratet war und keine Kinder hatte. Seine Eltern waren tot, sein einziger Bruder ebenso. Er hatte zwar viele Freunde und Gemeindemitglieder, denen er nahe stand, aber es existierten keine intimen Vertrauten, die seine Gedächtnislücken im Alltag bemerkt hätten.
    Im Labor hatte Victor diesen Pater Duchaine aus vergossenem Blut auferstehen lassen, bevor der echte Pater Duchaine gestorben war, ein Trick, der weitaus komplizierter
war als der, den der Mann aus Galiläa an Lazarus vorgeführt hatte.
    Als er sich nun neben seinen Geistlichen auf die Kirchenbank setzte, sagte Victor: »Wie schläfst du? Träumst du manchmal?«
    »Nicht oft, Sir. Ab und zu … ein Alptraum über das Hände der Barmherzigkeit . Aber an die Einzelheiten kann ich mich nie erinnern.«
    »Und dazu wird es auch nie kommen. Das ist mein Geschenk an euch – keine Erinnerung an eure Geburt. Patrick, ich brauche deine Hilfe.«
    »Ich tue alles, was Sie wünschen.«
    »Einer meiner Leute steckt in einer ernsthaften Sinnkrise. Ich weiß nicht, wer es ist. Er hat mich angerufen … aber er fürchtet sich davor, zu mir zu kommen.«
    »Vielleicht … fürchtet er sich nicht, Sir«,

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