Das Gespenst der Nacht
Geschenke für meine Freunde kümmern musste.
Bill bemerkte meinen nicht sehr fröhlichen Blick und wollte wissen, was los war.
»Nicht viel. Ich denke nur gerade an die Geschenke. Bald ist es ja wieder so weit.«
»Stimmt.« Er lachte und entspannte sich leicht, denn wir mussten an einer Kreuzung stoppen. »Das ist alles gar nicht so tragisch, John. Sheila und ich haben uns abgesprochen, uns nichts zu schenken. Damit schließen wir auch Johnny ein.«
»Das ist eine gute Idee.«
»Mach es auch.«
»Würde ich gern. Aber ich kenne doch Glenda Perkins. Sie gehört noch zum alten Schlag. Weihnachten ohne Geschenk, das ist nichts für sie. Und wenn es nur eine Kleinigkeit ist.«
»Die lässt sich doch finden.«
»Das sagst du so leicht. Es gibt ja Tausende von Kleinigkeiten. Such mal die richtige raus.«
»Ja, ja, das ist wohl wahr.« Bill grinste und fuhr wieder an. »Du hast Probleme.«
Da hatte er recht. Ich würde schon was finden. Ein Deo oder etwas in diese Richtung. Das war zwar nicht kreativ, aber die wenigsten sind das, wenn sie was auf den letzten Drücker holen.
Wir mussten nach Notting Hill. Wer hier wohnte, der hatte schon Kohle. Es war die Frage, ob Melissa Hunter ein Haus besaß oder nur eine Wohnung gemietet hatte. Wir rechneten eher damit, sie in einem Haus anzutreffen.
Notting Hill war eigentlich einer der ruhigen Stadtteile in London. Der große Verkehr rollte daran vorbei, und wir mussten auch nicht lange suchen, um unser Ziel zu finden. Es war ein Haus, wie wir es uns gedacht hatten.
Bevor wir den Wagen verließen, griff ich zum Telefon und rief noch mal bei den Conollys zu Hause an. Das war mit Sheila so abgemacht worden.
Sie hatte sich kaum gemeldet, als ich die Frage stellte: »Sind die beiden noch im Haus?«
»Ja.«
»Und wie geben sie sich?«
Sheila lachte. »Keine Ahnung, wie ich das erklären soll. Ich habe das Gefühl, als würden sie mir etwas vorspielen, aber da kann ich mich auch geirrt haben.«
»Meinst du, dass sie ineinander verschossen sind?«
»Das kann ich dir nicht sagen, John. Wenn, dann bemühen sie sich, es nicht zu zeigen.«
»Alles klar.«
»Und wo steckt ihr?«
»Vor dem Haus.«
»Und?«
»Es sieht alles normal aus. Mehr kann ich dir leider nicht sagen.«
»Das reicht mir schon. Mal hören, was diese Melissa Hunter euch erzählen wird.«
»Falls sie im Haus ist.« Das war mein letzter Satz, denn ich wollte endlich zu ihr. Wir hatten auf der Straßenseite gegenüber einen Parkplatz gefunden, auch wenn dort Parkverbot war. Aber wir waren im Einsatz, und da konnte es Probleme geben. Da war man in London schnell. Wir hatten das Blaulicht sichtbar auf den Sitz gelegt und gingen auf das Haus zu.
Es war nicht still in Notting Hill. Von irgendwoher hörten wir Musik. In diese Klänge mischten sich Stimmen, aber in der Nähe ließ sich kein Mensch blicken.
Ich erreichte die Haustür vor Bill. Das Haus war einstöckig mit spitzem Dach und zwei Erkern. Es hatte aber auch ein Souterrain und wahrscheinlich auch einen Keller, denn man hatte es an einen Hang gebaut.
Die Tür lag zu ebener Erde. Ein Schild wies auf die Bewohnerin hin und deren Job.
Bill fragte: »Klingeln oder versuchen wir es mit …«
»Nein, wir klingeln.«
Er nickte und sagte dann: »Weißt du, was ich für ein Gefühl habe?«
»Nein.«
»Dass niemand hier ist. Ausgeflogen das Täubchen!«
»Das ist möglich.«
»Was machen wir dann?«
»Verschwinden wieder.«
»Oder warten.«
Ich verzog die Mundwinkel. »Auf eine alte oder auf eine junge Frau?«
»Wie meinst du?«
»So wie ich es gesagt habe.«
Bill hatte begriffen. »Du bist von der Aussage dieser Liane nicht völlig überzeugt?«
»So ist es.«
»Und warum denkst du so?«
Ich lächelte. »Das ist so eine Sache. Hätte sie behauptet, gesehen zu haben, dass sich Melissa Hunter in eine Blutsaugerin verwandelt hat, dann hätte ich noch zugestimmt. Aber das mit dem Alter halte ich für überzogen. Aber man kann sich auch irren.«
Bill nickte nur. Dann drückte er auf den Klingelknopf.
Wurde geöffnet? Wurde nicht geöffnet?
Wir wussten es nicht und mussten abwarten, was uns beiden nicht gefiel. Warten ist nicht so unsere Sache. Bill blieb direkt vor der Tür stehen, während ich zwei Schritte zurück ging und an der Fassade hoch schaute.
Da war nicht viel zu sehen. Der Wind war nur schwach zu spüren. Die Luft roch nach Schnee.
»Nichts, John.«
»Habe ich mir beinahe gedacht.«
»Und jetzt?«
»Einbrechen können wir
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