Das Gespinst des Bösen
Schlüssel im Zündschloss, und der Motor stotterte und …
«Sch…»
… ging wieder aus.
«Versuch’s noch mal.»
Mrs. Morningwood sah immer noch über ihre Schulter, und ihre Stimme hatte gerade viel leiser und tonloser geklungen, als wäre sie angespannt, als bemühe sie sich, irgendetwas unter Kontrolle zu behalten.
«Was ist los?»
Kein Geräusch von dem Wagen hinter ihnen. Sah nach einem Land Rover aus. Es wurde nicht gehupt, aber das Fernlicht war an, im Rückspiegel konnte man kaum etwas erkennen.
«Versuch’s noch mal.»
Der Motor sprang an. Jane schaltete vorsichtig in den ersten Gang, ließ die Kupplung kommen und kroch davon.
«Fahr weiter, Jane.»
«Ich dachte, Sie hätten gesagt –»
«
Los!
Fahr weiter. Ich sage dir, wo es langgeht.»
«Aber der Weg –»
«Vergiss den verdammten Weg.»
«O.k. … dann eben nicht.»
Jane fuhr schneller und schaltete das Fernlicht ein.
«O.k., wo ist das Problem?»
«Fahr bis zum Ende der Straße», sagte Mrs. Morningwood. «Und dann rechts.»
«Stimmt irgendwas nicht?»
Als sie am Ende der Straße ankamen, waren im Rückspiegel keine Scheinwerfer mehr zu sehen.
«War das jemand, den Sie kannten?»
«Wir fahren zu meinem Haus», sagte Mrs. Morningwood.
Es war, als wäre der Garway Hill mit einem kultischen Labyrinth überzogen. Es war nachts bei Nebel unmöglich, sich in dem Wegegewirr zurechtzufinden. Wie viele Jahre musste man hier leben, ehe man wusste, wo zum Teufel man war?
«Links», sagte Mrs. Morningwood.
«Hier?»
«Hier wohne ich, Jane. Halt einfach irgendwo.»
Jane sah eine Reihe unbeleuchteter Häuser. Sie wirkten unnatürlich, mit all den schwarzen, toten Fenstern.
Als sie aus dem Volvo stiegen, hob Mrs. Morningwood eine Hand und lachte.
«Der Wind kommt von den White Rocks.»
«Woher wissen Sie das?»
«Hat einen Tunnel durch den Regen geblasen.»
Ergab das irgendeinen Sinn?
Mrs. Morningwood ging zur Haustür, öffnete sie aber nicht, rüttelte nur an der Klinke.
«Jetzt gehen wir einmal rum, zur Hintertür.»
Sie folgten Roscoe den Weg an der Seite des Hauses entlang. Man konnte die Umrisse der Hühnerställe erkennen und einen Zaun.
«Wo ziehen Sie Ihre Kräuter, Mrs. Morningwood?»
«Im Garten auf der Rückseite, wo die Hühner nicht reinkommen. Sprich leise.»
Sie kamen zu einer verglasten Veranda, und Mrs. Morningwood drückte sich an Jane vorbei, griff nach einer Taschenlampe und ging hinein. Der Strahl zeigte, dass die Verandatür bereits offen stand. Roscoe stürmte durch den Spalt, als Jane etwas Dummes sagte.
«Lassen Sie die Tür immer offen?»
«Er war hier.»
«Die Tür wurde aufgebrochen?»
«In einem der Hühnerställe hängt ein Ersatzschlüssel», sagte Mrs. Morningwood. «Das kann niemand wissen, es sei denn, ich bin schon länger beobachtet worden. Er hat mir gesagt, er kann jederzeit zurückkommen. Wann immer es ihm gefällt.»
Sie ging kurz entschlossen, aber schwer atmend ins Haus und schaltete das Licht an. Jane sah Mrs. Morningwood an, ihre ramponierte Barbourjacke und ihr ramponiertes Gesicht, und sie wusste, dass sich Mrs. Morningwood in ihrem eigenen Haus nicht mehr sicher fühlte.
«Sie sind hier angegriffen worden, oder? Es ist hier passiert. Deshalb hat Mom Sie mit zu uns –»
«Ja, Jane.»
«War es jemand, den Sie kennen?»
«In dem Moment noch nicht.»
Jane sah Roscoe an, der umherstrich, in Ecken schnüffelte, den Schwanz eingezogen.
«Und er war noch mal da», sagte Mrs. Morningwood. «Der Bastard war noch mal da. Und er will, dass ich es weiß.»
Sie waren in der Küche. Auf einer Anrichte standen ein paar Gläser. Mit Schraubdeckeln. Die Deckel waren abgeschraubt und neben die Gläser gelegt worden. Mrs. Morningwood stand da und betrachtete die Gläser, berührte sie aber nicht. Jane bekam Angst.
«Er ist doch nicht –?»
«Er ist jetzt nicht hier. Der Hund wüsste es. Außerdem …»
«Ich dachte, es würden sich Leute um das Haus kümmern.»
«Um die Hühner. Morgens und abends.»
«Was … was wollen Sie jetzt machen?»
«Ich sammle alle Kräuter im Haus zusammen, alle Präparate, stecke sie in eine Tüte und werfe sie weg, Flaschen, alles.»
«Sie glauben, er hat sich daran zu schaffen gemacht?»
Mrs. Morningwood drehte sich um, packte Jane an den Oberarmen und sah ihr in die Augen.
«Fahr nach Hause, Jane.»
«Jetzt?»
«Ich hätte das nicht tun sollen. Großer Fehler. Steig in dein Auto, fahr nach Hause. Entschuldige mich
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