Das Gespinst des Bösen
einem Weidegatter saßen.
«Sind das … Sie?»
«Erschreckend, was?»
Die kleine Muriel, schlank und schön, hatte sich bei dem anderen Mädchen eingehakt, das so sehr lachte, dass sein Gesicht ganz unscharf abgebildet war.
«Sie kamen aus Coventry. Schwarzer Vater, weiße Mutter. Nachdem sie in einem Jahr nicht gekommen waren, hörten wir, dass die Eltern sich getrennt hatten. Ich habe später erfahren – von dem armen Kind selbst –, dass der neue Mann der Mutter sie sexuell belästigt hat. Da muss sie fünfzehn oder sechzehn gewesen sein. Sie ist ein paar Mal ausgerissen und schließlich per Anhalter an den einzigen Ort gefahren, an den sie gute Erinnerungen hatte.»
«Hierher?»
«Mit zwanzig Pfund in der Tasche. Der Mann, der mit dem Fish-and-Chips-Wagen über die Dörfer fuhr, hat sie erkannt und sie aufgelesen. Er hat ihr einen Job in seinem Laden in Monmouth gegeben und sie in dem Raum über dem Laden schlafen lassen. Bis seine Frau dahinterkam.»
«Oh.»
«Wahrscheinlich war es ganz unschuldig. Er war da, als sie Hilfe brauchte. Ergebnis des Ganzen war, dass sie vor unserer Tür auftauchte und bei uns einzog. Sonst wäre sie auf der Straße gelandet.»
Tut mir leid, dass ich dir damit auf die Nerven gehe aber du warst immer stark und ich weiß nicht, wem ich das sonst erzählen soll der mich dafür nicht nur noch mehr hasst.
«Und Sie haben nicht versucht, Kontakt zu ihren Eltern aufzunehmen?»
«Damit sie zurückgeht und wieder an ihr rumgetatscht wird? Auf keinen Fall, Schätzchen. Außerdem hat sie uns gebeten, es nicht zu tun, und sie war schon sechzehn oder siebzehn. Und dann bin ich damals nach London gegangen, eine entfernte Verwandte hatte mir einen Job besorgt. Sie hat hier meinen Platz eingenommen.»
Mrs. Morningwood nahm das Foto wieder an sich, legte es in das Album auf dem Schreibtisch und ging zum Ofen.
«Das Haus war damals nur halb so groß. Ich schätze, sie war fast ein Jahr hier. Meine Mutter hat ihr einen Job als Haushälterin besorgt. Bei einem Bauern namens Eric Davies. Sie hat aber nicht dort im Haus gewohnt. Seine Frau hatte ihn verlassen, weil sie die Abgeschiedenheit hier nicht ausgehalten hat. Lesen Sie den Rest.»
Ich schreibe das jetzt, weil ich immer noch manchmal denke, dass ich es loswerden kann wenn ich will. Oh so schlimm ist es ja nicht, sage ich mir, es ist nur dein Körper und denk mal dran wie viel Geld du bekommst.
«Ich nehme an, hier geht es nicht um Eric Davies.»
«Wohl kaum. Das kam später. Wir haben uns ungefähr ein Jahr lang geschrieben. Die meisten Briefe sind etwas verständlicher als dieser, muss ich sagen. Sie war eigentlich ein intelligentes Mädchen, erfinderisch. Anpassungsfähig.»
«Es geht hier ums Meisterhaus, richtig?»
Mrs. Morningwood wählte ein Holzscheit aus dem Korb, legte es aufs Feuer und erzählte von der Kommune im Meisterhaus. Ursprünglich waren es zwei oder drei Paare gewesen, aber in den fünf Schlafzimmern und den Außengebäuden war immer noch Platz für mehr Menschen. Dann gingen zwei Frauen und ein Mann weg. Inzwischen war Eric Davies auf die Gerüchte aufmerksam gemacht worden. Er wollte Vorsitzender oder Präsident in der Ortsgruppe des Bauernverbandes werden, und irgendjemand hat ihn diskret darauf hingewiesen, dass Mary Roberts vielleicht nicht gut für sein Image wäre – Bauer mittleren Alters mit einer kleinen Schwarzen, die mehrere Stunden am Tag auf seinem Gelände ist.
Merrily sagte, «Mary Roberts?»
«Ich weiß nicht, wo sie den Namen Linden her hatte. Vielleicht fand sie einfach, dass er schön klang.»
«Verdammt», sagte Merrily. «Sind Sie da absolut sicher?»
«Das war ich, sobald ich das Mädchen mit dem Bauleiter gesehen hatte. Sehen Sie sich das Foto noch mal an. Sehen Sie ihr in die Augen.»
Die Augen auf dem Bild waren unscharf, aber die Größe und der Abstand zwischen ihnen … na ja, möglich war es.
«Wenn ich eins hätte, auf dem sie ein paar Jahre älter ist, hätten Sie auch keinen Zweifel. Als ich Fuchsia und Barlow das erste Mal gesehen habe, waren sie nicht hier, um zu arbeiten, sie haben sich nur umgesehen, hatten also nicht ihre Arbeitsoveralls an. Fuchsia war sogar so ähnlich gekleidet wie Mary. Sehr bunt. Als hätte sie alte Fotos ihrer Mutter gesehen und sich dann Mühe gegeben, dieses Bild lebendig werden zu lassen. Barlow hat sich nach dem Meisterhaus erkundigt, und ich hab versucht, ihm weiterzuhelfen – ich hab einfach geredet, wie betäubt, und hab
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